Historische Brückenkonstruktionen
Strecke 11
Die Brückenbauten
Börßum-Salzgitter-Seesen-Kreiensen-Holzminden(-Altenbeken)
75
ben im kalten Zustand keine Bruchstellen zeigen.
Nach Fertigung der Überbauten erfolgt neben der
Entrostung noch die Abdichtung von Lücken und
Fugen mit Asphalt und Ölkitt, bevor abschließend ein
bronzener Ölfarbanstrich die Oberflächen vor Witte-
rungseinflüssen schützt.
Ferner sind lediglich für eine kleinere Brücke und zwei
Durchlässe eiserne Überbauten nachweisbar.297 Um
den Krummbach bei Gielde zu überqueren, dient pro
Gleis ein genieteter schiefwinkliger Vollwandträger
mit oben liegender Fahrbahn, den wieder Firma
Englerth, Cünzer & Fuhse aus Eschweiler liefert. Die
beiden 6,20 m langen Hauptträger bestehen aus
aneinander gefügten Blechen, an denen ein Ober-
und Untergurt über Winkeleisen befestigt ist.
Gleichhohe öuerträger ohne Gurtung stellen im
Abstand von 1,42 m eine Verbindung her, kragen seit-
lich aus und tragen Langbohlen, wobei die Schienen
direkt auf den Hauptträgern montiert sind. Für die
zwei schmalen Durchlässe dienen unterschiedliche
Konstruktionen aus alten Schienen. Ein Überbau weist
Fischbauchträger nach der „Laveschen Construction",
der andere zusammengenietete Schienen auf. Für ein
Gleis sind jeweils drei dieser Träger notwendig, um in
70 cm Abständen hölzerne öuerschwellen mit den
Schienen und eine Bohlenabdeckung aufzunehmen.
Zwischen Börßum und Kreiensen entstehen insgesamt
118 Brückenbauwerke, die Baukosten in Höhe von
330 300 Thalern verursachen:298
11 größere Brücken
222 500 Thaler
33 Brücken mit Weiten von 1,14 m bis 5,70 m
86 100 Thaler
74 Kanäle mit einer Weite von bis zu 1,14m
21 700 Thaler
Ferner sind 97 Überfahrten erforderlich, von denen
drei als Wegbrücken mit einer Öffnung zur Unterfüh-
rung der zweigleisigen Strecke erbaut werden. Die
Baukosten für die drei Objekte betragen zusammen
22 860 Thaler.299
Mit 78 800 Thalern ist die Okerbrücke das teuerste
Objekt der Strecke. Rechnet man die Kosten der
Flutbrücken und der Krummbachbrücke hinzu, betra-
gen allein die Gesamtkosten der eisernen Überbauten
100 000 Thaler. Für annähernd den gleichen Betrag
lassen sich jedoch auch sieben große Gewölbebrü-
cken errichten, wobei die Innerstebrücke mit 53 000
Thalern den Hauptkostenfaktor darstellt. Der Ver-
gleich macht deutlich, dass zu jener Zeit der Bau von
Gewölbebrücken im Verhältnis zu Brücken mit eiser-
nen Überbauten noch kostengünstiger ausfällt.
Im 1865 eröffneten Abschnitt Kreiensen-Holzminden
sind keine eisernen Brückenüberbauten nachweisbar.
Aufgrund der baugeschichtlichen Bedeutung soll
jedoch die damals für die Preußischen Staatsbahnen
erstellte Eisenbahnbrücke über die Weser (11/3/B91)
bei Kloster Corvey östlich von Höxter nicht unerwähnt
bleiben. Wegen der örtlichen Situation und der
Forderung nach einer weiten Pfeilerstellung seitens
der Schifffahrt kommt nur eine eiserne Tragkons-
truktion in Frage. Um die Bahnlinie über den Strom
und das Vorland zu führen, projektiert der Ingenieur
und spätere Bau- und Regierungsrat Johann Wilhelm
Schwedler (1823-1894) mächtige, weit gespannte
zweigleisige Überbauten, die hier erstmalig unter
Leitung von Ingenieur Simon zur Ausführung gelan-
gen.300 Die genieteten fast 8,00 m hohen Fachwerk-
träger, deren Obergurte zu den Auflagern hin
gekrümmt und in den mittleren sechs Feldern parallel
zum Untergurt verlaufen, überbrücken vier gleichgro-
ße Öffnungen mit je 56,34 m Lichtweite. Die schief-
winklige Überführung besitzt eine Länge von
235,35 m, für die drei 3,13 m starke Pfeiler mit abge-
rundeten Stirnflächen und Auflagermauern mit paral-
lelen Flügelmauern notwendig sind. Als Baumaterial
dient robuster Buntsandstein, der in einem Steinbruch
nahe der Baustelle in ausreichender Menge ansteht.
Die Sichtflächen der bis zu 10,17 m hohen Unter-
bauten erhalten eine großformatige Ouaderverblen-
dung, deren Hintermauerung mit Bruchsteinen
erfolgt, wobei profilierte Gesimse und ein Bogenfries
mit auskragender Deckplatte die Brüstungen dezent
verzieren (Abb. 135-137).
Der felsige Baugrund erfordert keine besonderen
Gründungsmaßnahmen, sodass die Bauarbeiten mit
der Fundamentlegung im Mai 1863 beginnen kön-
nen. Im November unterbricht jedoch der Winter
zunächst die Bautätigkeit für vier Monate, wodurch
die Wiederaufnahme der Arbeiten erst im März 1864
erfolgt. Gleichzeitig bekommt die Firma Jacobi Haniel
und Hayssen in Sterkrade bei Oberhausen, bekannt
als Gutehoffnungshütte, am 18. November 1863 den
Auftrag zur Herstellung der eisernen Überbauten, von
denen der erste bereits Anfang Mai des folgenden
Jahres am östlichen Ufer aufgerichtet wird. Innerhalb
von vier Monaten folgt dann die Lieferung und
Montage der restlichen drei Träger. Das Eisen muss
dabei höchsten Qualitätsansprüchen genügen, deren
Kontrolle vorwiegend durch Biegeproben stattfindet.
Weil die Bahntrasse den Fluss in einem Winkel von
70° kreuzt, muss das Bauwerk schiefwinklig angelegt
werden. Daher sind die vertikalen Tragebenen der
9,00 m breiten Überbauten, die eine Stützweite von
58,30 m aufweisen, um etwa 3,00 m gegenseitig ver-
setzt. Die exakte Bemessungsgrundlage der einzelnen
Elemente für das zweifach vergitterte Fachwerksys-
Strecke 11
Die Brückenbauten
Börßum-Salzgitter-Seesen-Kreiensen-Holzminden(-Altenbeken)
75
ben im kalten Zustand keine Bruchstellen zeigen.
Nach Fertigung der Überbauten erfolgt neben der
Entrostung noch die Abdichtung von Lücken und
Fugen mit Asphalt und Ölkitt, bevor abschließend ein
bronzener Ölfarbanstrich die Oberflächen vor Witte-
rungseinflüssen schützt.
Ferner sind lediglich für eine kleinere Brücke und zwei
Durchlässe eiserne Überbauten nachweisbar.297 Um
den Krummbach bei Gielde zu überqueren, dient pro
Gleis ein genieteter schiefwinkliger Vollwandträger
mit oben liegender Fahrbahn, den wieder Firma
Englerth, Cünzer & Fuhse aus Eschweiler liefert. Die
beiden 6,20 m langen Hauptträger bestehen aus
aneinander gefügten Blechen, an denen ein Ober-
und Untergurt über Winkeleisen befestigt ist.
Gleichhohe öuerträger ohne Gurtung stellen im
Abstand von 1,42 m eine Verbindung her, kragen seit-
lich aus und tragen Langbohlen, wobei die Schienen
direkt auf den Hauptträgern montiert sind. Für die
zwei schmalen Durchlässe dienen unterschiedliche
Konstruktionen aus alten Schienen. Ein Überbau weist
Fischbauchträger nach der „Laveschen Construction",
der andere zusammengenietete Schienen auf. Für ein
Gleis sind jeweils drei dieser Träger notwendig, um in
70 cm Abständen hölzerne öuerschwellen mit den
Schienen und eine Bohlenabdeckung aufzunehmen.
Zwischen Börßum und Kreiensen entstehen insgesamt
118 Brückenbauwerke, die Baukosten in Höhe von
330 300 Thalern verursachen:298
11 größere Brücken
222 500 Thaler
33 Brücken mit Weiten von 1,14 m bis 5,70 m
86 100 Thaler
74 Kanäle mit einer Weite von bis zu 1,14m
21 700 Thaler
Ferner sind 97 Überfahrten erforderlich, von denen
drei als Wegbrücken mit einer Öffnung zur Unterfüh-
rung der zweigleisigen Strecke erbaut werden. Die
Baukosten für die drei Objekte betragen zusammen
22 860 Thaler.299
Mit 78 800 Thalern ist die Okerbrücke das teuerste
Objekt der Strecke. Rechnet man die Kosten der
Flutbrücken und der Krummbachbrücke hinzu, betra-
gen allein die Gesamtkosten der eisernen Überbauten
100 000 Thaler. Für annähernd den gleichen Betrag
lassen sich jedoch auch sieben große Gewölbebrü-
cken errichten, wobei die Innerstebrücke mit 53 000
Thalern den Hauptkostenfaktor darstellt. Der Ver-
gleich macht deutlich, dass zu jener Zeit der Bau von
Gewölbebrücken im Verhältnis zu Brücken mit eiser-
nen Überbauten noch kostengünstiger ausfällt.
Im 1865 eröffneten Abschnitt Kreiensen-Holzminden
sind keine eisernen Brückenüberbauten nachweisbar.
Aufgrund der baugeschichtlichen Bedeutung soll
jedoch die damals für die Preußischen Staatsbahnen
erstellte Eisenbahnbrücke über die Weser (11/3/B91)
bei Kloster Corvey östlich von Höxter nicht unerwähnt
bleiben. Wegen der örtlichen Situation und der
Forderung nach einer weiten Pfeilerstellung seitens
der Schifffahrt kommt nur eine eiserne Tragkons-
truktion in Frage. Um die Bahnlinie über den Strom
und das Vorland zu führen, projektiert der Ingenieur
und spätere Bau- und Regierungsrat Johann Wilhelm
Schwedler (1823-1894) mächtige, weit gespannte
zweigleisige Überbauten, die hier erstmalig unter
Leitung von Ingenieur Simon zur Ausführung gelan-
gen.300 Die genieteten fast 8,00 m hohen Fachwerk-
träger, deren Obergurte zu den Auflagern hin
gekrümmt und in den mittleren sechs Feldern parallel
zum Untergurt verlaufen, überbrücken vier gleichgro-
ße Öffnungen mit je 56,34 m Lichtweite. Die schief-
winklige Überführung besitzt eine Länge von
235,35 m, für die drei 3,13 m starke Pfeiler mit abge-
rundeten Stirnflächen und Auflagermauern mit paral-
lelen Flügelmauern notwendig sind. Als Baumaterial
dient robuster Buntsandstein, der in einem Steinbruch
nahe der Baustelle in ausreichender Menge ansteht.
Die Sichtflächen der bis zu 10,17 m hohen Unter-
bauten erhalten eine großformatige Ouaderverblen-
dung, deren Hintermauerung mit Bruchsteinen
erfolgt, wobei profilierte Gesimse und ein Bogenfries
mit auskragender Deckplatte die Brüstungen dezent
verzieren (Abb. 135-137).
Der felsige Baugrund erfordert keine besonderen
Gründungsmaßnahmen, sodass die Bauarbeiten mit
der Fundamentlegung im Mai 1863 beginnen kön-
nen. Im November unterbricht jedoch der Winter
zunächst die Bautätigkeit für vier Monate, wodurch
die Wiederaufnahme der Arbeiten erst im März 1864
erfolgt. Gleichzeitig bekommt die Firma Jacobi Haniel
und Hayssen in Sterkrade bei Oberhausen, bekannt
als Gutehoffnungshütte, am 18. November 1863 den
Auftrag zur Herstellung der eisernen Überbauten, von
denen der erste bereits Anfang Mai des folgenden
Jahres am östlichen Ufer aufgerichtet wird. Innerhalb
von vier Monaten folgt dann die Lieferung und
Montage der restlichen drei Träger. Das Eisen muss
dabei höchsten Qualitätsansprüchen genügen, deren
Kontrolle vorwiegend durch Biegeproben stattfindet.
Weil die Bahntrasse den Fluss in einem Winkel von
70° kreuzt, muss das Bauwerk schiefwinklig angelegt
werden. Daher sind die vertikalen Tragebenen der
9,00 m breiten Überbauten, die eine Stützweite von
58,30 m aufweisen, um etwa 3,00 m gegenseitig ver-
setzt. Die exakte Bemessungsgrundlage der einzelnen
Elemente für das zweifach vergitterte Fachwerksys-