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Haltung der Denkmalpfleger
Dem Einfluss der einzelnen Denkmalpflegerpersön-
lichkeiten, ihrer Überzeugungsfähigkeit gegenüber
den Kirchengemeinden und der Kontinuität ihrer
denkmalpflegerischen Betreuungsarbeit kam eine
große Bedeutung zu. Ihre Präsenz während einer Res-
taurierungsmaßnahme beschränkte sich in der Provinz
Hannover häufig auf ein oder zwei Besuche. Infor-
miert durch die Kirchengemeinde suchte der Denk-
malpfleger die zu restaurierende Kirche auf und gab
Anweisungen für die durchzuführenden Arbeiten. Bei
langwierigen Arbeiten oder Problemen, die sich wäh-
rend der Restaurierung ergaben, erschien er eventuell
ein zweites Mal während der laufenden Arbeiten.
Nach Abschluss der Arbeiten nahm er zwar meistens
die Arbeiten ab, ob es hierbei immer zu einer weite-
ren Ortsbegehung kam, ist allerdings fraglich. Dem-
nach war der Provinzialkonservator darauf angewie-
sen, dass sich Kirchengemeinde und Kirchenmaler an
seine Anweisungen hielten, denn eine begleitende
Kontrolle konnte kaum stattfinden.
Die Quellen zur Restaurierung der Malereien in der
Kirche zu Auetal-Hattendorf, damals zu Hessen gehö-
rend, zeigte ein bedeutend engagierteres Vorgehen
des zuständigen Bezirkskonservators. Dieser war
streng darauf bedacht, dass seinen Anweisungen
Folge geleistet wurde, ließ die Arbeiten bei wiederhol-
ter Zuwiderhandlung sistieren und erschien mehrfach,
um die Arbeiten zu kontrollieren.
Die Provinzialkonservatoren in Hannover und die Ver-
treter der Altertumsvereine und Denkmalschutzaus-
schüsse in den Herzogtümern Braunschweig und Ol-
denburg setzten sich zwar für den Denkmalschutz ein
und orientierten sich an den gängigen Praktiken Preu-
ßens. Durch die vielfältigen Aufgabenbereiche und
die teilweise großen Gebiete, die sie als Einzelperso-
nen zu betreuen hatten, kam es jedoch kaum zu einer
intensiven Auseinandersetzung mit den Methoden
der Restaurierung, abgesehen von Reimers Grundsatz-
überlegungen zur Gemälderestaurierung (vgl. S. 34 ff.).
Dass die niedersächsischen Konservatoren die aktuel-
len Entwicklungen und Methoden aber sehr wohl
kannten und auch in der eigenen Provinz propagier-
ten, zeigen die Anweisungen in den Quellen. Die
Frage, ob ihr grundsätzliches Eintreten für vorsichtige
Freilegungen und möglichst zurückhaltende Ergän-
zungen der freigelegten Wandmalereien erfolgreich
war, muss auf Grundlage der Quellen und der restau-
ratorischen Untersuchungen der Malereien jedoch
häufig abschlägig beantwortet werden.
Leichte Resignation klang auch beim Eutiner Provin-
zialkonservator Haupt an, als er sagte, dass Instand-
setzungen gar nicht zu verhindern seien. Der höchste
Gewinn für die Denkmalpflege sei es, wenn die
Maßnahmen so gelenkt werden könnten, dass keine
ohne wissenschaftliches Ergebnis bliebe.514
In Bayern zeigte das Generalkonservatorium schon
kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert großes
Engagement mit zahlreichen Gutachten zu geplanten
Restaurierungen. Anfänglich stand dem jedoch ein
großer Widerstand auf Seiten der Bevölkerung und
Kirchengemeinden entgegen, die Beschwerden
wegen Verzögerung und Bevormundung äußerten.515
Unter Hager kam es bei vielen Restaurierungen gegen
seine Vorschläge zu umfangreichen Übermalungen.
Größeren Einfluss hatte 1907 das Generalkonser-
vatorium bei der Frage zum Umgang mit mittelalterli-
chen Wandmalereien in den Seitenchören der
Klosterkirche Prüfening. Ihr Vorschlag, die Malereien
so lange wie möglich unberührt zu lassen, fand Zu-
stimmung. Erst 1915/16 kam es zu einer Bearbeitung,
die ausschließlich konservatorischen Prinzipien folg-
te.516
Der rheinische Provinzialkonservator Paul Giemen be-
klagte die Schwierigkeiten der denkmalpflegerischen
Betreuung von Restaurierungsarbeiten aufgrund gro-
ßen Umfangs und personellen Mängeln.517 Nur rund
die Hälfte der Restaurierungen könnte durch die
Denkmalpflege beaufsichtigt werden und es stünden
kaum Spezialisten zur Verfügung, denen die Restau-
rierungen vertrauensvoll übertragen werden könn-
ten.518 Giemen vertrat zwar grundsätzlich konservato-
rische Ansichten, er sah Restaurierung aber als künst-
lerische Aufgabe an und war durchaus an einigen
Rekonstruktionen beteiligt.519 Wo er Restaurierungen
von Wandmalerei betreute, beschränkte er die
Maßnahmen, wo möglich, auf wenige Ergänzungen
und vorsichtiges Nachkonturieren. In Fällen, wo er die
Betreuung nur unzureichend gewährleisten konnte,
war er oftmals mit den Ergebnissen nicht einverstan-
den, wobei er die Mängel aber zumeist in der mangel-
haften künstlerischen Ausführung und nicht in einem
Zuviel an Übermalung sah.520
Provinzialkonservator Hiecke in Sachsen-Anhalt setzte
sich seit 1911 für eine weitgehend konservatorische
Behandlung von Denkmalen ein und griff häufig
selbst gestalterisch in die Ausführung ein.521 Dass er
seinen konservatorischen Ansatz aber nicht immer
durchsetzen konnte, zeigen die ausgeführten Restau-
rierungsmaßnahmen (vgl. s. 86 ff.).
Kooperation mit Naturwissenschaftlern
Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Natur-
wissenschaftlern hielt im Bereich der Wandmalerei-
restaurierung offenbar erst relativ spät Einzug in die
Praxis der niedersächsischen Denkmalpflege. Die erste
an den untersuchten Fallbeispielen belegbare natur-
wissenschaftliche Untersuchung einer Wandmalerei
erfolgte 1930 an Proben der Ausmalung der Alten
Haltung der Denkmalpfleger
Dem Einfluss der einzelnen Denkmalpflegerpersön-
lichkeiten, ihrer Überzeugungsfähigkeit gegenüber
den Kirchengemeinden und der Kontinuität ihrer
denkmalpflegerischen Betreuungsarbeit kam eine
große Bedeutung zu. Ihre Präsenz während einer Res-
taurierungsmaßnahme beschränkte sich in der Provinz
Hannover häufig auf ein oder zwei Besuche. Infor-
miert durch die Kirchengemeinde suchte der Denk-
malpfleger die zu restaurierende Kirche auf und gab
Anweisungen für die durchzuführenden Arbeiten. Bei
langwierigen Arbeiten oder Problemen, die sich wäh-
rend der Restaurierung ergaben, erschien er eventuell
ein zweites Mal während der laufenden Arbeiten.
Nach Abschluss der Arbeiten nahm er zwar meistens
die Arbeiten ab, ob es hierbei immer zu einer weite-
ren Ortsbegehung kam, ist allerdings fraglich. Dem-
nach war der Provinzialkonservator darauf angewie-
sen, dass sich Kirchengemeinde und Kirchenmaler an
seine Anweisungen hielten, denn eine begleitende
Kontrolle konnte kaum stattfinden.
Die Quellen zur Restaurierung der Malereien in der
Kirche zu Auetal-Hattendorf, damals zu Hessen gehö-
rend, zeigte ein bedeutend engagierteres Vorgehen
des zuständigen Bezirkskonservators. Dieser war
streng darauf bedacht, dass seinen Anweisungen
Folge geleistet wurde, ließ die Arbeiten bei wiederhol-
ter Zuwiderhandlung sistieren und erschien mehrfach,
um die Arbeiten zu kontrollieren.
Die Provinzialkonservatoren in Hannover und die Ver-
treter der Altertumsvereine und Denkmalschutzaus-
schüsse in den Herzogtümern Braunschweig und Ol-
denburg setzten sich zwar für den Denkmalschutz ein
und orientierten sich an den gängigen Praktiken Preu-
ßens. Durch die vielfältigen Aufgabenbereiche und
die teilweise großen Gebiete, die sie als Einzelperso-
nen zu betreuen hatten, kam es jedoch kaum zu einer
intensiven Auseinandersetzung mit den Methoden
der Restaurierung, abgesehen von Reimers Grundsatz-
überlegungen zur Gemälderestaurierung (vgl. S. 34 ff.).
Dass die niedersächsischen Konservatoren die aktuel-
len Entwicklungen und Methoden aber sehr wohl
kannten und auch in der eigenen Provinz propagier-
ten, zeigen die Anweisungen in den Quellen. Die
Frage, ob ihr grundsätzliches Eintreten für vorsichtige
Freilegungen und möglichst zurückhaltende Ergän-
zungen der freigelegten Wandmalereien erfolgreich
war, muss auf Grundlage der Quellen und der restau-
ratorischen Untersuchungen der Malereien jedoch
häufig abschlägig beantwortet werden.
Leichte Resignation klang auch beim Eutiner Provin-
zialkonservator Haupt an, als er sagte, dass Instand-
setzungen gar nicht zu verhindern seien. Der höchste
Gewinn für die Denkmalpflege sei es, wenn die
Maßnahmen so gelenkt werden könnten, dass keine
ohne wissenschaftliches Ergebnis bliebe.514
In Bayern zeigte das Generalkonservatorium schon
kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert großes
Engagement mit zahlreichen Gutachten zu geplanten
Restaurierungen. Anfänglich stand dem jedoch ein
großer Widerstand auf Seiten der Bevölkerung und
Kirchengemeinden entgegen, die Beschwerden
wegen Verzögerung und Bevormundung äußerten.515
Unter Hager kam es bei vielen Restaurierungen gegen
seine Vorschläge zu umfangreichen Übermalungen.
Größeren Einfluss hatte 1907 das Generalkonser-
vatorium bei der Frage zum Umgang mit mittelalterli-
chen Wandmalereien in den Seitenchören der
Klosterkirche Prüfening. Ihr Vorschlag, die Malereien
so lange wie möglich unberührt zu lassen, fand Zu-
stimmung. Erst 1915/16 kam es zu einer Bearbeitung,
die ausschließlich konservatorischen Prinzipien folg-
te.516
Der rheinische Provinzialkonservator Paul Giemen be-
klagte die Schwierigkeiten der denkmalpflegerischen
Betreuung von Restaurierungsarbeiten aufgrund gro-
ßen Umfangs und personellen Mängeln.517 Nur rund
die Hälfte der Restaurierungen könnte durch die
Denkmalpflege beaufsichtigt werden und es stünden
kaum Spezialisten zur Verfügung, denen die Restau-
rierungen vertrauensvoll übertragen werden könn-
ten.518 Giemen vertrat zwar grundsätzlich konservato-
rische Ansichten, er sah Restaurierung aber als künst-
lerische Aufgabe an und war durchaus an einigen
Rekonstruktionen beteiligt.519 Wo er Restaurierungen
von Wandmalerei betreute, beschränkte er die
Maßnahmen, wo möglich, auf wenige Ergänzungen
und vorsichtiges Nachkonturieren. In Fällen, wo er die
Betreuung nur unzureichend gewährleisten konnte,
war er oftmals mit den Ergebnissen nicht einverstan-
den, wobei er die Mängel aber zumeist in der mangel-
haften künstlerischen Ausführung und nicht in einem
Zuviel an Übermalung sah.520
Provinzialkonservator Hiecke in Sachsen-Anhalt setzte
sich seit 1911 für eine weitgehend konservatorische
Behandlung von Denkmalen ein und griff häufig
selbst gestalterisch in die Ausführung ein.521 Dass er
seinen konservatorischen Ansatz aber nicht immer
durchsetzen konnte, zeigen die ausgeführten Restau-
rierungsmaßnahmen (vgl. s. 86 ff.).
Kooperation mit Naturwissenschaftlern
Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Natur-
wissenschaftlern hielt im Bereich der Wandmalerei-
restaurierung offenbar erst relativ spät Einzug in die
Praxis der niedersächsischen Denkmalpflege. Die erste
an den untersuchten Fallbeispielen belegbare natur-
wissenschaftliche Untersuchung einer Wandmalerei
erfolgte 1930 an Proben der Ausmalung der Alten