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Neuenkirchen, Landkreis Diepholz, Ev. Kirche St. Katharinen

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vorhandenen Vorbildern an den Gewölben u. Gurt-
bogen auszubessern."
Dieselben Maßnahmen sind für die Wandmalereien
im Schiff und für den Chor angegeben. Für die Apsis
sah er vor: „Die Gewölbefläche mit verdünntem
Casein tränken u. in entsprechender Weise neu zu
bemalen nach vereinzelten Farbresten. ... Die
Wandflächen, auf neuen Kalkverputz, mit einem far-
bigen Musterteppichartig zu bemalen."184
Die Restaurierungsarbeiten verzögerten sich aufgrund
von zusätzlichen Drainage- und anderen Arbeiten
sowie Problemen bei der finanziellen Förderung um
vier Jahre.185
Im Sommer 1910 begann man mit den Renovierungs-
und Restaurierungsarbeiten und Ebeling führte die
letzten Freilegungsmaßnahmen durch.186 Am 27.
Dezember 1910 konnte der neue Provinzialkonser-
vator Siebern dem Landesdirektorium bereits berich-
ten: „Besonders die Wiederherstellung der alten
Malereien ist ganz vortrefflich gelungen."187 Andere
Informationen über die Restaurierung sind den
Quellen nicht zu entnehmen.
Ebelings Kostenvoranschlag enthält zwar keine detail-
lierten Aussagen zu den geplanten Maßnahmen, ver-
deutlicht aber die unterschiedliche Behandlung von
Apsis und Schiff. Während er vorsah, die Wand- und
Gewölbeflächen des Schiffs lasierend zu bemalen und
die Malereien „auszubessern", wollte er die Apsis
aufgrund kleiner Befunde neu bemalen. Da der Zu-
stand der freigelegten Malereien differierte, sah er für
den fragmentarischen Bestand der Apsis nur die
Möglichkeit der Überfassung, bei der er allerdings die
mittelalterlichen Malereireste einbezog. Die Ausbesse-
rung der Malereien im Schiff kann dagegen im Sinne
der Ergänzung verstanden werden. Hier war der
Bestand besser erhalten, die Darstellungen zum größ-
ten Teil erkennbar.
In der Praxis hat Ebeling seine Vorhaben für die Apsis
umgesetzt. Hier entstand eine neue Malerei auf
Grundlage mittelalterlicher Vorbilder. Die Wand- und
Gewölbeflächen mit Kaseinlösung zu „tränken", ver-
folgte entweder das Ziel einer Festigung der vorhan-
denen Malereien oder der Haftgrundvermittlung vor
der Überarbeitung. Das Entfernen ,,schadhafte[r] Stel-
len mit Kalkverputz" ist nicht näher ausgeführt. Man
kann der Formulierung jedoch entnehmen, dass nicht
an die Sicherung des Putzes, sondern an seine
Entfernung gedacht wurde. Die Formulierung im
Kostenvoranschlag könnte darauf hindeuten, dass
diese Vorarbeit bereits beendet sein sollte, bevor
Ebeling mit seinen Maßnahmen begann. Tiefere
Löcher wurden dann mit Kalkmörtel verputzt, wäh-
rend kleinere Fehlstellen unberücksichtigt blieben.
Die dekorative Bemalung der Gewölbe im Schiff
ergänzte er nicht nur, sondern überfasste sie lasierend
und rekonstruierte die Ornamentik. Unter dieser
Überfassung ist die ursprüngliche Fassung fragmenta-

risch sichtbar. Ebeling hat die vorhandenen Motive
exakt übernommen, die Linienführung weicht jedoch
in einigen Fällen ab. Vermutlich ergänzte er die orna-
mentale Gestaltung um eigene Motive.
Auch innerhalb der figürlichen Malereien ist er über
die reine Ergänzung hinaus gegangen. Ebeling hat
zunächst die Lokaltöne, die durch Fehlstellen in ihren
Zusammenhängen gestört waren, durch farbige
Lasuren vereinheitlicht. Nur weiße Bereiche hat er
belassen. Dort sind die Fehlstellen nicht geschlossen
und die grundierende Tünche ist sichtbar. Anschlie-
ßend hat er die Zeichnung nachgezogen. Abhängig
vom Erhaltungszustand der Malereien sind seine ma-
lerischen Überarbeitungen mehr oder weniger stark
ausgefallen. Die Verkündigungsszene und die Geburt
Christi an der Nordwand enthalten partiell ursprüngli-
chen Bestand. Die Kreuzigungsszene an der West-
wand ist fast vollständig rekonstruiert. Die Überma-
lungen Ebelings finden sich auf allen Untergründen.
Sie liegen auf der ursprünglichen Malerei genauso wie
auf Fehlstellen und aufliegenden Resten jüngerer
Tünchen.
Darüber hinaus hat Ebeling die Hintergründe der
figürlichen Malereien der Nordwand mit Gräsern und
Pflanzen bemalt und die Szenen damit in fiktive
Landschaften verlegt. Die Fensterleibungen rahmte er
mit floralen Motiven, den Triumphbogen versah er mit
einer dekorativen Malerei, die sich als zweifarbiges
Band um die Leibung herum bis auf die Westwand
des Schiffs zog.
Nach der Restaurierung präsentierten sich fast alle
Malereien gleichermaßen ergänzt. Ausgenommen
sind die beiden übereinanderliegenden Darstellungen
östlich des Fensters an der Südwand und der Schwe-
dentrunk an der Triumphbogenwand. Erstere sind
nicht übermalt, nur wenige Linien sind nachgezogen
worden. Es ist vorstellbar, dass hier keine Rekons-
truktion erfolgte, weil der Bestand zu gering und die
beiden Darstellungen nur schwer voneinander zu
trennen waren. In der Darstellung des Schweden-
trunks wurden Fehlstellen mit einer braun-grauen
Lasur, die der gealterten Kalktünche nachempfunden
ist, geschlossen und darauf die Zeichnung ergänzt.
Der mittelalterliche Malereibestand ist nicht überar-
beitet.
Ebelings Restaurierung der Malereien im Schiff lässt
darauf schließen, dass er das Ziel einer repräsentati-
ven Wiederherstellung der Ausmalung verfolgte.
Relevant waren Lesbarkeit und Vollständigkeit der
Darstellungen. Dabei ging es ihm nicht darum, einen
unbeschädigten Erhaltungszustand vorzutäuschen.
Für dieses Konzept spricht, dass Fehlstellen in weißen
Bereichen nicht geschlossen wurden und hier auch
keine Übermalungen erfolgten. Dies war nicht not-
wendig, da der Kontrast zwischen weißer Malschicht
und der in den Fehlstellen sichtbaren grundierenden
Tünche gering war, so dass sich von allein eine opti-
 
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