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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen


Pfeilerfigur, Detail Engel. Vor der Restaurierung durch Curdt
1938, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege.


Pfeilerfigur, Detail Engel. Nach Entfernung der Übermalun-
gen durch Curdt 1938, Niedersächsisches Landesamt für
Denkmalpflege.

Curdt begann seine Arbeit an den Pfeilern im Lang-
haus287, danach folgte die Vierung und anschließend
der Chor. Da die meisten Mitarbeiter im Zweiten
Weltkrieg eingezogen wurden, arbeitete er teilweise
allein mit einem Helfer. 1944 gab er die Arbeiten im
Dom wegen „fortgesetzten Alarm[s] und Kriegsbe-
drohungen" auf. Die Restaurierung des südlichen
Querschiffs war in der Planung inbegriffen, zur prak-
tischen Ausführung kam es aber nicht mehr.288
Die Malereien im Chor und in der Vierung waren zu
diesem Zeitpunkt bereits zweimal überarbeitet wor-
den. Die erste Restaurierung war 1845-1856 unter
Brandes erfolgt und beinhaltete umfangreiche Ergän-
zungen. Die zweite Restaurierung, ebenfalls mit
umfangreichen Ergänzungen, führte 1895/96 Hof-
und Dekorationsmaler Adolf Quensen aus Braun-
schweig aus. Die Malereien an den Langhauspfeilern
waren nur einmal, 1879, durch August von Essenwein
restauriert worden. Diese Maßnahme hatte Überma-
lungen und teilweise Neuschöpfungen zum Ergebnis.
Curdt entfernte zu Beginn der Restaurierung Überma-
lungen des 19. Jahrhunderts auf allen genannten
Flächen. Die Notwenigkeit dieser Maßnahme begrün-
dete der bauleitende Architekt wie folgt: „Die damals
[im 19. Jahrhundert, Anm. d. Verf.] vorgenompnenen
Arbeiten wurden leider unter Verkennung des uner-
setzlichen Wertes der ursprünglichen ,Handschrift'
des Künstlers in einer uns heute völlig unverständli-
chen Weise durchgeführt. Eine gut gemeinte Res-
taurierung' hatte den Arbeiten den Stempel einer an-
deren Zeit aufgedrückt. ... Das Kircheninnere war... in
seiner Farbgebung zweifellos entgegen dem alten Zu-

stande stark verändert worden, so dass die rein archi-
tektonische Gliederung des wundervollen fünfschiffi-
gen Bauwerkes fast vollkommen verloren ging. ...
Durch die Heranziehung des Malers Professor Curdt,
der bei den früheren Wiederherstellungsarbeiten
schon tätig gewesen war, glückte es, einen Mitar-
beiter zu gewinnen, der mit grösstem Verständnis die
Erhaltung und Rückgewinnung der alten Malereien
vornehmen konnte ... Seine Arbeiten an den alten
Malereien sind inzwischen soweit fortgeführt, dass
man dank seiner unendlichen Arbeit ein klares Bild
von der Schönheit der alten Malereien schon jetzt er-
kennen kann. Eine gründliche Reinigung des gesam-
ten Kircheninnern von allen nachträglich hergestellten
Übermalungen wurde nach sorgfältigstem Studium
vorgenommen und damit erreicht, dass das alte
Steinmaterial der Pfeiler und Gewölberippen in seiner
ursprünglichen Frische wieder zur Geltung kommt."289
Die bereits 1937 begonnene Restaurierung der
Pfeilerfiguren dokumentierte Curdt 1941 wie folgt:
„Nach einer törichten Einglättung des lebendigen
Werksteins wurden dann [1879, Anm. d. Verf.] im
Willen einer falschen Restaurierung' die Konturzeich-
nungen mit schwarzer Ölfarbe hart ,herausgeholt'
und mit viel zu deckenden und damit viel zu undurch-
sichtigen Temperafarben gefüllt, darnach abschattiert
und in sehr trockener und fast mathematischer
Manier ,mit weiß aufgelichtet'. Dabei war eine sehr
stumpfe und dumpfe Tapetenwirkung statt einer
materialgerechten, einstmals sehr lebendigen und
durchsichtigen Werksteinbemalung erzielt, die ... wie-
der beseitigt werden mußte. Mit dieser Aufgabe
 
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