Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Varel, Landkreis Ammerland, Ev. Schlosskirche St. Petrus

405

Restaurierung
Die Restaurierung der freigelegten Malereien wurde
ebenfalls durch Morisse ausgeführt. Zu dieser Maß-
nahme existieren keine zeitgenössischen Quellen. Mo-
risse selbst erwähnt 1906 nur, dass die Wiederher-
stellung bereits erfolgt sei.483 Selbst im Schriftverkehr
zwischen Kirchengemeinde und Oberkirchenrat in
Oldenburg findet die Entdeckung und Restaurierung
der Malereien keine Erwähnung. Hier ist nur die Rede
von der Neuausmalung, deren Kosten die veran-
schlagte Summe überstiegen hätte und im November
1905 beendet worden sei.484
Die Darstellung der gekrönten Maria mit Kind ist heu-
te nicht mehr sichtbar. Ob sie im Zuge der Restaurie-
rung 1905 oder bei einer späteren Maßnahme über-
strichen wurde, ist nicht belegt.
Ein restauratorischer Untersuchungsbericht von 1994
erwähnt eine Reinigungsmaßnahme aus dem Jahr
1934, bei der die Übermalungen Morisses angeblich
mit Drahtbürsten reduziert worden seien und eine
Restaurierung von 1961-63, bei der die neugotische
Ausmalung Morisses wieder überstrichen worden
sei.485 Dieser Neuausmalung entstammt das heute
sichtbare Fragment einer dekorativen Bogenrahmung
unterhalb der Kreuzigungsdarstellung im Vierungsge-
wölbe. Morisses Dekoration kann aber nicht in den
1960er Jahren überstrichen worden sein, denn schon
ein Foto von 1956 zeigt einen monochromen Anstrich

der Gewölbe.486 Die mittelalterlichen Malereien zeig-
ten umfangreiche Übermalungen und Nachkonturie-
rungen, die der restauratorischen Untersuchung nach
nicht von Morisse, sondern aus späteren Maßnahmen
stammen müssen, wenn 1934 tatsächlich die Über-
malungen Morisses entfernt wurden. Eine Reinigung
von Übermalungen mittels Drahtbürsten erscheint
aufgrund der geringen Schichtstärke jedoch äußerst
fragwürdig. Einleuchtender wäre ein Einsatz von
Drahtbürsten bei der Freilegung. Dass aber dennoch
eine Reduzierung der Übermalungen Morisses erfolg-
te, ist denkbar und erinnert an die Maßnahme von
1936 in Edewecht. In diesem Fall müssen aber erneut
Übermalungen durchgeführt worden sein, denn eine
Fotografie von 1956 zeigt einen relativ geschlossenen
Malereibestand.
Durch die unzureichende Quellenlage sind die ver-
schiedenen Restaurierungsphasen nicht voneinander
zu differenzieren und die Maßnahmen Morisses blei-
ben ungewiss. Die Kopie, die Morisse nach der Freile-
gung von der Weltgerichtsdarstellung anfertigte,
zeigt einen umfangreichen Malereibestand. Das Detail
der Figur Graf Gerds zeigt einen durchlaufenden Riss,
aber darüber hinaus keine Fehlstellen. Es ist davon
auszugehen, dass Morisse, so wie an den anderen von
ihm restaurierten Malereien, die Darstellungen lasie-
rend überarbeitete und teilweise nachkonturierte.

Weltgerichtsszene im Chorgewölbe. Aquarell Morisses nach der Freilegung. Borrmann et al., Tübingen-Berlin 1926, Tafel 40.
 
Annotationen