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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Vieweg-Haus in Braunschweig — Hannover: Niedersächs. Landesverwaltungsamt, Heft 5.1985

DOI Artikel:
Roseneck, Reinhard: Die klassizistischen Planungen für den Braunschweiger Burgplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.50503#0063
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81 Blick aus der Straße Vor der
Burg zur Burg Dankwarde-
rode 1985. Der gewählte
Standpunkt entspricht der
Spitze des Konstruktions-
dreiecks der Pläne A-C.


baulichen Absichten des Herzogs deutlich. In einer Eingabe
an diesen stellt von Veltheim am 17. Februar 1805 seine Ab-
sicht dar, „auf dem Burgplatz hinselbst anzubauen“14. Es
wird deutlich, daß auch er, wie vorher bereits Vieweg, im
Grunde die planerischen Absichten des Herzogs verwirk-
lichen wollte, da auch ihm ein weniger großes Haus genügt
hätte.
Nach Vorstellung von drei möglichen Neubaukonzeptionen,
und zwar eines Baues auf seinem „leeren Platz“, auf seinem
„leeren Platz“ und dem nach hinten anschließenden Grund-
stück sowie auf seinem „leeren Platz“ und dem am Burgplatz
benachbarten von Harbkeschen Grundstück verwirft er die
beiden ersten Möglichkeiten aus den zwei folgenden Grün-
den: „Mein leerer Platz allein wäre zwar groß genug, um sol-
chen nach meinem Bedürfnisse zu bebauen, aber es würde
dabei, wegen dessen zu schmaler Fronte, der Zweck einer
allgemeinen Verschönerung der Stadt verfehlt“15 und
schließlich würde „der Burgplatz (. . .) nie ein gefälliges an-
sehnliches Äußere bekommen, solange das alte Harbke-
sche Haus darauf steht“16.
Ein weiterer Tatbestand zeigt die große Bedeutung, die Karl
Wilhelm Ferdinand der Umgestaltung des Burgplatzes bei-
maß, denn er unterstütze den Baron von Veltheim, genau wie
er es vorher bei Vieweg getan hatte, nicht nur bei den
schwierigen Kaufverhandlungen für das von Harbkesche
Grundstück, sondern engagierte sich entgegen seinen son-
stigen Gepflogenheiten abermals auch finanziell erheblich,
indem er die beträchtliche Preisdifferenz zwischen Angebot
und Forderung ausglich.
In einer weiteren Eingabe bittet von Veltheim den Herzog „die
Linie auf dem Burgplatz zu bestimmen (. . .), auf welcher ich
bauen soll“17, um genaue Pläne anfertigen lassen zu können.
58 Karl Wilhelm Ferdinand greift die bereits in Plan C präjudi-
zierte Bauflucht auf und führt sie in stumpfem Winkel vom
Vieweg-Haus ausgehend nach Osten.
Ähnlich wie der Planer des Vieweg-Hauses mußte Krähe sich
mit einem schwierigen, schiefwinklig zugeschnittenen
Grundstück auseinandersetzen. Er griff dabei die durch den
Kammer- und Schatzrat von Veltheim in eigenhändigen
80 Zeichnungen dargestellte Grundidee auf, an das Vorderhaus
125 zwei rückwärtige Seitentrakte stumpfwinklig anzuschließen,
. so daß ein fünfseitiger Innenhof entstand. Der Front des
22 Adelspalais gab er die gleiche Breite wie der am Burgplatz
liegenden Front des Gebäudes des bürgerlichen Vieweg. Zur
Ausführung dieses Gebäudes, mit dessen Bau den Akten
zufolge, aus denen erste Materiallieferungen ersichtlich sind,
scheinbar noch im Mai 1805 begonnen worden war, kam es
nicht mehr, da der Kammer- und Schatzrat von Veltheim be-
reits einen Monat später plötzlich verstarb.18 Das von Velthei-

mische Fachwerkgebäude aus dem 16. Jahrhundert blieb
erhalten.
Daß auch mit diesem, letztlich nicht ausgeführten Projekt die
planerischen Ambitionen des Herzogs nicht befriedigt gewe-
sen wären, geht aus seiner Verfügung vom 22. März 1805 an
das fürstliche Finanzkollegium hervor, in der er deutlich
macht, daß er den Bau des von Veltheimischen Palais wün-
sche, „und so nach und nach der Burgplatz gehörig bebaut
werde.19 Die Flucht für die östlich anschließende Bebauung
war mit der Verlängerung der Flucht des geplanten Palais
von Veltheim bereits vorgegeben. So hätte sich im Nord-
osten des Burgplatzes, anstelle der beiden verwinkelten
Fachwerkhäuser, die der Planung zum Opfer gefallen wären,
eine größere und vor allen Dingen regelmäßigere Öffnung
zum Ruhfäutchenplatz ergeben. Die städtebaulichen Pla-
nungen, die Karl Wilhelm Ferdinand am Braunschweiger
Burgpiatz verfolgte, konnten keine Vollendung finden. Der
Herzog wurde in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt
tödlich verwundet und starb im Spätherbst 1806.
Als Ergebnis ist festzustellen, daß die Entstehung des Vie-
weg-Hauses nur aufgrund städtebaulicher Umorientierungs-
bestrebungen des Herzogs möglich war. Über diese Tat- 58
Sache hinaus konnte nachgewiesen werden, daß die archi-
tektonische Grundform des Gebäudes neben den besonde-
ren Grundstücksverhältnissen den konkreten planerischen
Vorstellungen des Herzogs folgte, die dieser kontinuierlich
seit Beginn seiner Regierung am Burgplatz anstrebte. Er griff
dabei bereits im 2. Drittel des 18. Jahrhunderts bestehende 66
Planungsüberlegungen (Plan B) auf.
Diese von der Konzeption her formale, rein geometrische
Planung mit ihrem barocken Prinzip der Platzseitenbeherr-
schung entwickelte sich weiter zu einer räumlich konzipier-
ten Planung, die auf dem Prinzip einer klassizistischen Rei-
hung beruhte (Plan C). 67
Wenn als weitere Planungsstufe die tatsächlich ausgeführ- 58
ten Bauten und der konkret geplante von Veltheimsche Bau
betrachtet werden, kann festgestellt werden, daß sich der
gesamte Planungsprozeß immer mehr vom theoretischen
weg- zu den Zwängen der Praxis hinentwickelt hat.
Vor allem die Schwierigkeiten finanzieller Art veranlaßten Karl
Wilhelm Ferdinand von der Verwirklichung der „großen Lö-
sung“ (Plan C) abzusehen. Er beschränkte sich mit seinen
Planungsvorstellungen statt dessen auf seinen unmittelba-
ren Einflußbereich (Burgbereich), verwirklichte dort aber die
in Plan C enthaltene Grundidee. Es ist sogar nachweisbar,
daß er auch das bereits in Plan C enthaltene Konstruktions-
modell des gleichschenkligen Dreiecks weiter benutzte. So- 58
wohl das Dompredigerhaus als auch das Vieweg-Haus rei-
chen mit ihren nördlichen, bzw. südöstlichen Gebäudeecken

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