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schließlich auf dem Lande, sondern auch in den Sitzen der Intelligenz,
den Städten, non Vorurtheilen beherrscht, welche offenbar in der heid-
nischen Vorzeit ihren Ursprung haben. Das Christenthum und die
moderne Cultur haben hier noch ein ziemlich ergiebiges Feld ihrer
Thätigkeit; das wird Derjenige bestätigen müssen, der in der Lage
ist, das Leben und Treiben des Volkes bis ins Einzelne zu beob-
achten. Wie viel größer muß noch die Summe heidnischer Vorstel-
lungen und heidnischen Aberglaubens in früheren Zeiten gewesen
sein, die der Heidenzeit noch um einige Jahrhunderte näher lagen,
als das unsrige?
Ein sehr gewichtiger Erklärungsgrund für diese Erscheinung ist
ohne Zweifel in dem Umstande zu suchen, daß die meisten deutschen
Staatsgesetze, besonders die fränkischen, welche noch in heidnischer
Zeit abgesaßt und niedergeschrieben sind, viele Jahrhunderte, nachdem
das Christenthum längst Staats- und Volksreligion geworden
war, in Uebung blieben. Die heidnischen Gesetze hatten aber die
gesammte, auf Aberglauben basirte Weltanschauung zu ihrer Grund-
lage. Wenn nun auch im Lause der Zeit manches allzu grelle Heid-
nische ausgeschlossen und zu Gunsten des Christenthums manche Aen-
derung und mancher Zusatz gemacht wurde, so blieb doch im Ganzen
noch genug übrig, was im Volke ungestört fortlebte; da die Kirche
keine hinreichende Macht besaß, die Masse des Volkes zu erneuern,
zumal die Kirche selbst eine große Neigung zum Aberglauben über-
haupt in sich trug. Zur Bestätigung dieser Aussagen erinnern wir
nur an die noch bis in's tiefe Mittelalter herein beibehaltenen, aus
dem Heidenthum stammenden Gottesurtheile oder Ordalien, besonders
an den gerichtlichen Zweikampf, an die Teufelsbnnner, Schatzgräber
und Wahrsager u. drgl.
So treffen wir denn auch noch im 15. Jahrhundert das christ-
liche Volk durchsäuert von einem oft unbeschreiblichen Aberglauben.
Sterndeuterei, Goldmacherei durch Zauberkunst, der Glauben an das
Besessensein vom Teufel gingen bei Hoch und Nieder in: Schwange.
Am allerentschiedensten aber machte sich der uralte Glaube an Hexen
geltend; man traute diesen, nachdem sie einen unzüchtigen Bund mit
dem Teufel geschlossen hatten, die Fähigkeit zu, allerlei Wunder zu
thun, besonders zürn Schaden der Menschen, und es darf als eine
schließlich auf dem Lande, sondern auch in den Sitzen der Intelligenz,
den Städten, non Vorurtheilen beherrscht, welche offenbar in der heid-
nischen Vorzeit ihren Ursprung haben. Das Christenthum und die
moderne Cultur haben hier noch ein ziemlich ergiebiges Feld ihrer
Thätigkeit; das wird Derjenige bestätigen müssen, der in der Lage
ist, das Leben und Treiben des Volkes bis ins Einzelne zu beob-
achten. Wie viel größer muß noch die Summe heidnischer Vorstel-
lungen und heidnischen Aberglaubens in früheren Zeiten gewesen
sein, die der Heidenzeit noch um einige Jahrhunderte näher lagen,
als das unsrige?
Ein sehr gewichtiger Erklärungsgrund für diese Erscheinung ist
ohne Zweifel in dem Umstande zu suchen, daß die meisten deutschen
Staatsgesetze, besonders die fränkischen, welche noch in heidnischer
Zeit abgesaßt und niedergeschrieben sind, viele Jahrhunderte, nachdem
das Christenthum längst Staats- und Volksreligion geworden
war, in Uebung blieben. Die heidnischen Gesetze hatten aber die
gesammte, auf Aberglauben basirte Weltanschauung zu ihrer Grund-
lage. Wenn nun auch im Lause der Zeit manches allzu grelle Heid-
nische ausgeschlossen und zu Gunsten des Christenthums manche Aen-
derung und mancher Zusatz gemacht wurde, so blieb doch im Ganzen
noch genug übrig, was im Volke ungestört fortlebte; da die Kirche
keine hinreichende Macht besaß, die Masse des Volkes zu erneuern,
zumal die Kirche selbst eine große Neigung zum Aberglauben über-
haupt in sich trug. Zur Bestätigung dieser Aussagen erinnern wir
nur an die noch bis in's tiefe Mittelalter herein beibehaltenen, aus
dem Heidenthum stammenden Gottesurtheile oder Ordalien, besonders
an den gerichtlichen Zweikampf, an die Teufelsbnnner, Schatzgräber
und Wahrsager u. drgl.
So treffen wir denn auch noch im 15. Jahrhundert das christ-
liche Volk durchsäuert von einem oft unbeschreiblichen Aberglauben.
Sterndeuterei, Goldmacherei durch Zauberkunst, der Glauben an das
Besessensein vom Teufel gingen bei Hoch und Nieder in: Schwange.
Am allerentschiedensten aber machte sich der uralte Glaube an Hexen
geltend; man traute diesen, nachdem sie einen unzüchtigen Bund mit
dem Teufel geschlossen hatten, die Fähigkeit zu, allerlei Wunder zu
thun, besonders zürn Schaden der Menschen, und es darf als eine