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DIE GRIECHISCHE BÜHNE

3§5

Gestalt der beiden damals üblichen Theaterarten und ihre
Benutzung nur in unwesentlichen Punkten Meinungsverschieden-
heiten bestehen können.
Für jede dieser drei Epochen haben wir zunächst die Gestalt
des Theaters auf Grund der für sie geltenden Quellen zu be-
stimmen. Erst eine Vergleichung der so festgestellten Typen
wird uns dann zeigen, ob das Theater sich in der jüngeren
Periode verändert hat und vrorin die Änderung besteht; sie
wird uns weiter lehren, ob die in der römischen Epoche sicher
vorhandene Bühne schon in der hellenistischen Zeit als ein von
der Orchestra getrennter hoher Spielplatz bestanden hat.
Grundsätzlich zu verurteilen ist hiernach der von O. Puch-
stein eingeschlagene Weg zur Wiederherstellung des griechi-
schen Theaters und zur Erforschung seiner Bühne. Die ge-
samte literarische Überlieferung, mit Ausnahme der beiden
Schriftsteller Vitruv und Pollux, wird von ihm absichtlich ganz
unberücksichtigt gelassen. Auf Grund der Angaben dieser spä-
ten und dazu von verschiedenen Theatern sprechenden Schrift-
steller wird ein einziger griechischer Theatertypus gezeichnet,
der ohne wesentliche Veränderungen von der altgriechischen
bis zur römischen Zeit bestanden haben soll. Was zahlreiche
Gelehrte mit grosser Sorgfalt aus den erhaltenen Dramen des
V. und IV. Jahrhunderts über die Gestalt des altgriechischen
Theaters ermittelt haben, wird für wertlos erklärt, weil ihre
Resultate zum griechischen Theater Vitruvs nicht passen. Was
die vielen erhaltenen Ruinen über die Verschiedenheit der
Theater in hellenistischen und in römischer Zeit lehren, wird
unbeachtet gelassen. Alle Ruinen, welcher Zeit sie auch an ge-
hören mögen, werden vielmehr nach den vitruvischen Vor-
schriften in einer technich und künstlerisch unmöglichen Weise
ergänzt. So wird ein allgemein griechisches Skenengebäude
von drei Stockwerken rekonstruiert, das schon im IV. Jahrhun-
dert eine 3—4 m hohe Bühne für die Schauspieler gehabt
haben soll. Eine so willkürliche Behandlung der verschiedenen
Quellen und eine so vollständige Vernachlässigung der ein-
zelnen Entwickelungsstufen ist methodisch falsch und kann
unmöglich zu einem richtigen Resultate führen.
Ein weiterer prinzipieller Fehler Puchsteins ist meines Erach-
 
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