ΘΕΟΙ ΕΠΗΚΟΟΙ
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Ist nun diese aegyptische Denkweise und Sitte, die auch
sonst im Orient naclizuweisen istohne Einfluss geblieben
auf die antike Welt, die in ihrem έπήκοος ein so entsprechen-
des Epitheton hat, das vorwiegend in der Zeit des weitest-
gehenden Synkretismus im Munde der Gläubigen lebt? Die
Frage ist nicht neu und die Antwort, die zu geben ist, auch
nicht; Drexler hatte den Zusammenhang schon erkannt, und
Perdrizet kam, ohne an die ösoi επήκοοι zu erinnern, zum
gleichen Ergebnis, das nun. an Hand der Denkmäler, soweit
sie mir bekannt sind, nachgeprüft werden soll.
Mit dem Kult der aegyptischen Gottheiten verbreitete
sich auch die Sitte, sie durch Darbringung von Ohrvotiven
gnädig zu stimmen, oder — denn auch das kann bisweilen
der Grund für eine solche Weihung sein — ihr auf diese Art
für geneigte Erhörung zu danken. Am Isistempel in Pompeii
ist eine Nische mit einer Statue des Dionysos Osiris; hinter
dieser an der Wand waren in Stuck zwei Ohren modelliert.
Breton hat das zuerst gesehen und die richtige Erklärung-
gegeben, der meines Wissens auch niemand widersprochen
hat1 2. Weniger Gewicht möchte ich auf ein Marmorcapitell
in Lyon mit Ohr in Relief und der Weihung EDIAS.1S1D1
legen, weil hier an der Echtheit Zweifel erhoben wurden
(CIL. XIII 1 737). Dagegen sind zwei Votive an Isis um so
wichtiger. Das eine, eine kleine Marmorstele der Samm-
lung Dimitriu im National-Museum zu Athen, die hier, mit
V. Stals’ gütiger Erlaubnis, nach Institutsphotographie Nat.-
Mus. Nr. 997 (vgl. Margarete Bieber, Photographien des Athen.
Instituts Nr. 3288) erstmalig abgebildet wird (Abb. 2), zeigt
zwei einander zugekehrte Ohren, dazwischen die Isiskrone
1 Stelen mit Ohren sind in Karthago der Tanit geweiht, vgl. Clermont-
Ganneau bei Hauvette-Besnault, BCH. V1 1882, 488 ; Euting, Punisclie Steine
(mir nicht zugänglich); man erinnert sich, dass Aphrodite - Tanit in Kar-
thago έπήκοος hiess (oben S. 5). Der Gott mit 77 Ohren im Papyrus Harris
(Perdrizet, a. a. O. 51) gemahnt an den persischen Mithras, der 2000 Augen
und 1000 Ohren hat; vgl. Cumont, Textes et monuments I 225 A. 7.
2 Breton, Pompeia 1855, 44; Mau, Pompeji 1900, 161; Perdrizet, a. a. O.
51; Altmann, Römische Grabaltäre 185.
ATHENISCHE MITTEILUNGEN XXXVII
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Ist nun diese aegyptische Denkweise und Sitte, die auch
sonst im Orient naclizuweisen istohne Einfluss geblieben
auf die antike Welt, die in ihrem έπήκοος ein so entsprechen-
des Epitheton hat, das vorwiegend in der Zeit des weitest-
gehenden Synkretismus im Munde der Gläubigen lebt? Die
Frage ist nicht neu und die Antwort, die zu geben ist, auch
nicht; Drexler hatte den Zusammenhang schon erkannt, und
Perdrizet kam, ohne an die ösoi επήκοοι zu erinnern, zum
gleichen Ergebnis, das nun. an Hand der Denkmäler, soweit
sie mir bekannt sind, nachgeprüft werden soll.
Mit dem Kult der aegyptischen Gottheiten verbreitete
sich auch die Sitte, sie durch Darbringung von Ohrvotiven
gnädig zu stimmen, oder — denn auch das kann bisweilen
der Grund für eine solche Weihung sein — ihr auf diese Art
für geneigte Erhörung zu danken. Am Isistempel in Pompeii
ist eine Nische mit einer Statue des Dionysos Osiris; hinter
dieser an der Wand waren in Stuck zwei Ohren modelliert.
Breton hat das zuerst gesehen und die richtige Erklärung-
gegeben, der meines Wissens auch niemand widersprochen
hat1 2. Weniger Gewicht möchte ich auf ein Marmorcapitell
in Lyon mit Ohr in Relief und der Weihung EDIAS.1S1D1
legen, weil hier an der Echtheit Zweifel erhoben wurden
(CIL. XIII 1 737). Dagegen sind zwei Votive an Isis um so
wichtiger. Das eine, eine kleine Marmorstele der Samm-
lung Dimitriu im National-Museum zu Athen, die hier, mit
V. Stals’ gütiger Erlaubnis, nach Institutsphotographie Nat.-
Mus. Nr. 997 (vgl. Margarete Bieber, Photographien des Athen.
Instituts Nr. 3288) erstmalig abgebildet wird (Abb. 2), zeigt
zwei einander zugekehrte Ohren, dazwischen die Isiskrone
1 Stelen mit Ohren sind in Karthago der Tanit geweiht, vgl. Clermont-
Ganneau bei Hauvette-Besnault, BCH. V1 1882, 488 ; Euting, Punisclie Steine
(mir nicht zugänglich); man erinnert sich, dass Aphrodite - Tanit in Kar-
thago έπήκοος hiess (oben S. 5). Der Gott mit 77 Ohren im Papyrus Harris
(Perdrizet, a. a. O. 51) gemahnt an den persischen Mithras, der 2000 Augen
und 1000 Ohren hat; vgl. Cumont, Textes et monuments I 225 A. 7.
2 Breton, Pompeia 1855, 44; Mau, Pompeji 1900, 161; Perdrizet, a. a. O.
51; Altmann, Römische Grabaltäre 185.
ATHENISCHE MITTEILUNGEN XXXVII
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