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O. WEINREICH
Als dieser letzte Fund noch vereinzelt und auch die
Inschrift noch nicht gelesen war, hatte sieh Honiolle gewun-
dert, dass in dem Bezirk des Apollon, den er als Heilgott
betrachete, keines der üblichen Votive von Kranken, kein
chirurgisches Instrument zu Tage kam, ausser diesem Bron-
zeohr. Die neuen Funde haben dann gezeigt, dass Apoll
nicht als Heilgott, sondern wie die anderen Gottheiten als
επήκοος verehrt wurde, und haben bestätigt, was Hauvette-
Besnault damals schon vermuteten: ‘ce serait donc seulement
un Symbole de l’attention qu’on demandait ä la divinite pour
les prieres et les voeux qu’on lui adressait’.
Aus Thyiateira stammt eine kleine Marmorplatte mit
zwei Ohren in Relief, darunter die Inschrift Κλαΰδια Ινδή
περί τοϋ εαυτής άνδρός Αφροδίτη ευχήν (Kontoleon, BCH. X
1886, 521 Nr. 22). Wenn eine Frau für ihren Mann bei Aphro-
dite Fürbitte einlegt, handelt es sich doch wohl nicht um
Nachbildung von geheilten Ohren, sondern wie in Delos um
eine Bitte an Aphrodite Epekoos (so auch schon Tümpel,
Pauly-Wissowa I 2754), wenn man will, in ihrer Eigenschaft
als Pistiche- Peitho. Bei den Ausgrabungen in Milet kam
eine Marmorplatte mit einem Ohr in Relief und der Inschrift
Μητρώ Αφροδίτη] ευχήν zum Vorschein. Das schien Aphrodite
als Pleilgöttin zu bezeugen \ Doch kennen wir aus Milet
Aphrodite Urania (Wiegand a. a. O.) und aus der Umgebung
von Milet Aphrodite unter der Epiklesis Chrysanthe 2 (Χρυ-
σάνδινα heissen ihre Spiele in Sardeis), also die mehr orien-
talische als griechische Göttin; ihr wird jenes Votiv, wie
die anderen aus Delos und Thyiateira gelten. Es gibt doch
Gründe genug, die gerade Frauen um Aplirodites Gnade
bitten lassen; kranke Ohren waren es gewiss in den sel-
tensten Fällen.
Wichtig für die Erklärung anderer Denkmäler ist die
1 Wiegand, 6. vorl. Bericht über Ausgrabungen in Milet und Didyma,
Abhandl. d. Berl. Akad. Anhang 1908, 27.
5 Wiegand, 7. vorl. Bericht, Abhandl. d. Berl. Akad. Anhang 1911, 64 f.,
von der Insel Guardalacapa im Golf von Didyma: Παρνώ Άθ[ην]αίου γυνή
εύχήν υπέρ Έσϋιαίης Χρυσάνθηι.
O. WEINREICH
Als dieser letzte Fund noch vereinzelt und auch die
Inschrift noch nicht gelesen war, hatte sieh Honiolle gewun-
dert, dass in dem Bezirk des Apollon, den er als Heilgott
betrachete, keines der üblichen Votive von Kranken, kein
chirurgisches Instrument zu Tage kam, ausser diesem Bron-
zeohr. Die neuen Funde haben dann gezeigt, dass Apoll
nicht als Heilgott, sondern wie die anderen Gottheiten als
επήκοος verehrt wurde, und haben bestätigt, was Hauvette-
Besnault damals schon vermuteten: ‘ce serait donc seulement
un Symbole de l’attention qu’on demandait ä la divinite pour
les prieres et les voeux qu’on lui adressait’.
Aus Thyiateira stammt eine kleine Marmorplatte mit
zwei Ohren in Relief, darunter die Inschrift Κλαΰδια Ινδή
περί τοϋ εαυτής άνδρός Αφροδίτη ευχήν (Kontoleon, BCH. X
1886, 521 Nr. 22). Wenn eine Frau für ihren Mann bei Aphro-
dite Fürbitte einlegt, handelt es sich doch wohl nicht um
Nachbildung von geheilten Ohren, sondern wie in Delos um
eine Bitte an Aphrodite Epekoos (so auch schon Tümpel,
Pauly-Wissowa I 2754), wenn man will, in ihrer Eigenschaft
als Pistiche- Peitho. Bei den Ausgrabungen in Milet kam
eine Marmorplatte mit einem Ohr in Relief und der Inschrift
Μητρώ Αφροδίτη] ευχήν zum Vorschein. Das schien Aphrodite
als Pleilgöttin zu bezeugen \ Doch kennen wir aus Milet
Aphrodite Urania (Wiegand a. a. O.) und aus der Umgebung
von Milet Aphrodite unter der Epiklesis Chrysanthe 2 (Χρυ-
σάνδινα heissen ihre Spiele in Sardeis), also die mehr orien-
talische als griechische Göttin; ihr wird jenes Votiv, wie
die anderen aus Delos und Thyiateira gelten. Es gibt doch
Gründe genug, die gerade Frauen um Aplirodites Gnade
bitten lassen; kranke Ohren waren es gewiss in den sel-
tensten Fällen.
Wichtig für die Erklärung anderer Denkmäler ist die
1 Wiegand, 6. vorl. Bericht über Ausgrabungen in Milet und Didyma,
Abhandl. d. Berl. Akad. Anhang 1908, 27.
5 Wiegand, 7. vorl. Bericht, Abhandl. d. Berl. Akad. Anhang 1911, 64 f.,
von der Insel Guardalacapa im Golf von Didyma: Παρνώ Άθ[ην]αίου γυνή
εύχήν υπέρ Έσϋιαίης Χρυσάνθηι.