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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 37.1912

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Arbanitopulos, Apostolos S.: Ein thessalischer Gold- und Silberfund
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https://doi.org/10.11588/diglit.37285#0103
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EIN THESSALISCHER GOLD- UND SILBERFUND

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deren höchster Ekstase. Vom ersten Paare ist die Eine bis
zum Schenkelansatz herab erhalten; mit fast in Vorderan-
sicht gedrehtem Oberkörper schreitet sie nach rechts, beklei-
det mit ärmellosem Chiton und darüber einem eng anliegen-
den, ebenfalls ärmellosen Mäntelchen, nach der alten strengen
dorischen Sitte. Das Mäntelchen reicht bis zu den Hüften,
wo es durch die heftige Bewegung des Rumpfs in schönen
Falten zusammengeschoben wird. Dagegen ähnelt die Bewe-
gung der Beine einem Tanzschritt. In der vorgestreckten
Rechten hält die Mänade fest gepackt einen Thyrsos, den
sie offenbar auf die Erde stützte. Der Schaft des Thyrsos ist
mit feinen Spiralornamenten verziert und trägt einen schö-
llen vergoldeten Pinienzapfen. Darunter ist eine breite Binde
mit flügelartig flatternden Enden geknüpft. Wie bei den
anderen Thyrsen, wird auch hier der Schaft vergoldet gewe-
sen sein. In der vom Körper abgestreckten gesenkten Lin-
ken trug die Mänade wohl einen leichten Gegenstand, viel-
leicht ein Glied eines zerrissenen Rehs (vgl. Baumeister,
Denkm. II Taf. 18 Abb. 931, vgl. 929): es ist mit der Hand
selbst verloren. Die von einer Binde zusammengehaltenen
Haare umschlingen sehr reizvoll wie ein Kranz die Stirne
und verdecken die Ohren; auf dem Nacken sind sie zu einem
kleinen Schopf vereinigt. Ein an der rechten Schläfe sich lösen-
des Löckchen könnte wie die Darstellung der Brauen erschei-
nen, aber diese fehlen an unseren Mänaden stets. Der Mund
ist fest geschlossen, der Blick bakchiseh starr, während die
Gesichtszüge sonst schön ruhig, ohne übertriebene Äusse-
rung des seelischen Pathos und der daraus folgenden Zügel-
losigkeit, gebildet sind. Im Ganzen scheint dieser Kopf einem
statuarischen Vorbild bester Zeit nachgebildet zu sein.
Der Kopf steht nach rechts im Profil: die Mänade hat
sich plötzlich zu einer Zweiten zuriickgewandt, die ein
Reh getötet hat (χιμαιροφόνος); diese schritt nach rechts.
Erhalten ist nur ihr linker, sehr schön gebildeter Arm bis
zum Ellbogen: mit Daumen und Zeigefinger hält sie an den
Hörnern den vergoldeten Kopf des Rehs, das sie zerrissen;
die erste Mänade blickte wohl zurück zu dem am Boden lie-
genden Leib des Tieres.
 
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