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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 37.1912

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Rodenwaldt, Gerhart: Votivpinax aus Mykenai
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https://doi.org/10.11588/diglit.37285#0149
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VOTIVPIN ΑΧ AUS MYKENAI

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Schluss, dass wir die Göttin des Pinax als Atliena bezeich-
nen dürfen. Inwieweit diese Gottheit bereits Object der
Vorstellungen war, die uns Atliena in historischer Zeit ver-
körpert, inwieweit sie, was wohl wahrscheinlicher ist, nur
als Vorstufe derselben zu bezeichnen ist, muss dahinge-
stellt bleiben. Es scheint immer klarer zu werden, dass die
Träger der festländisch-mykenischen Kultur schon Griechen
waren ^ dann dürfen wir, da innerhalb dieser Kultur kein
Bruch der Entwickelung festzustellen ist, der Gottheit dieser
frühmykenischen Monumente auch den Namen Atliena ge-
ben, wenn wir uns der symbolischen Bedeutung dieser Be-
nennung bewusst bleiben 1 2.
Die Kultdarstellungen auf kretisch-mykenischen Monu-
menten zeigen verschiedene Typen. Bei einem Teil von
ihnen ist das Ziel der Adoranten, die entweder eine Votiv-
gabe, Blumen oder Geräte bringen, oder den Gestus der
Adoration machen, ein Altarbau, neben dem meist noch ein
Symbol der Gottheit, sei es Pfeiler, Schild oder Doppelhorn,
erscheint. Bei einer zweiten Gruppe ist die Gottheit selbst
dargestellt, mehrmals sitzend und die gebotenen Gaben in

1 Das schliesst die Folge ein, dass die Träger der kretischen Kultur
nicht Griechen gewesen sein können. Vgl. die richtigen Ausführungen
Oelmanns, Jahrb. d. Inst. XXVII 1912, 44 ff. (s. auch Frickenhaus, Ti-
ryns I 43).
2 Dass auch in Tiryns der Kultus der Hauptgottheit, der Hera, bis in
mykenische Zeit zurückreicht, hat Frickenhaus, Tiryns I 31 ff., nachzu-
weisen gesucht. Seine Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch die
Tatsache, dass im älteren und jüngeren Tirynther Palast der Kult einer
weiblichen Gottheit geherrscht hat (vgl. Tiryns II 94). Allerdings kann ich
mir die Entwickelung nicht so einfach denken, wie Frickenhaus. Insbeson-
dere kann ich mich der Ansicht, dass der Palast bis kurze Zeit vor dem
Tempelbau bestanden habe, nicht anschliessen. Neben anderen, z. T. be-
reits von Frickenhaus geäusserten Bedenken scheint mir die tadellose Er-
haltung der Fussbodenmalereien dagegen zu sprechen, die bei der Zerstö-
rung des Palastes nicht etwa von einer jüngeren Schicht überdeckt waren,
sondern vollkommen frei lagen; sie sind mitverbrannt, und Stücke des
Wandputzes lagen unmittelbar auf dem Boden.—Übrigens würde auch eine
Continuität des Kultraumes ebensowenig eine Continuität des Kultes invol-
vieren, wie der gegenteilige Tatbestand in Mykenai gegen eine solche
Folge geltend gemacht werden kann.
 
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