DREI ATTISCHE STATUEN DES V. JAHRHUNDERTS 175
Florentiner auch die Petersburger Copie heranzuziehen (Kie-
seritzky, Sculpturen der Kaiserlichen Eremitage 123 Nr. 267)
danach Abb. 4; Reinach, Repertoire de la Statuaire III 52,1).
Der sehr jugendlich gebildete Gott sitzt mit gekreuzten
Füssen auf einem Felssitz. Der Kopf war nach seiner rechten
Seite gedreht und etwas herunter geneigt, ist also in beiden
Copien ungefähr richtig ergänzt. Die linke Hand mit dem
teilweise noch erhaltenen bronzenen Kerykeion liegt auf dem
äusseren Rande des Oberschenkels. Die rechte Hand stützte
sich auf eine über den Felsen kriechende Schildkröte. In
Florenz ist das Tier modern. Die Art und Weise, wie Hermes
es dort von der Seite und unten fasst, ist nicht nur unge-
schickt, sondern hat auch einen viel zu langen rechten Arm
erzeugt. Amelung glaubte daher, dass die Hand sich ursprüng-
lich auf den Felsen stützte. Nun ist aber die Schildkröte in
Petersburg alt. Man muss also annehmen, dass der italieni-
sche Restaurator sie nach einem antiken Rest copiert hat,
der vielleicht noch unter dem gelben Farbenüberzug· erhal-
ten ist. Nach dein doppelten Zeugnis darf man das Tier-
chen dem Original nicht absprechen, und ich sehe auch kei-
nen Grund dazu. Wir besitzen zahlreiche Werke der Klein-
kunst, in denen Hermes eine Schildkröte auf der Hand trägt *,
oder wo sie zu seinen Füssen sitzt* 2. Schon der homerische
Hymnus erzählt in reizender Weise, wie der junge Gott sich
über den Fund einer Schildkröte freut, sie tötet und aus ihr
die erste Leier fertigt3. Der Boden seiner Heimat Arkadien
' Bronzestatuette in Sammlung Millosicz (Gurlitt, Archaeologisch - epi-
graphische Mitteilungen aus Österreich II 1878, b6 f. Taf. V) und eine ver-
schollene Bronze (Reinach, Rep. de la Stat. II 171,6 nach Wilde, Signa
antiqua, Amsterdam 1709); Gemme unbekannten Aufbewahrungsorts (Mül-
ler - Wieseler, Denkmäler d. a. Kunst II 496 Taf. XXIX Nr. 327a).
2 Bronzestatuetten (Reinach, Rep. de la Stat. II 170,6; 171,1; 174,4;
von Sacken, Bronzen des Münz- und Antikencabinetts Taf. XX); Gemmen
(vgl. Scherer bei Roscher I 2, 2427); Wandgemälde aus Pompeii (Helbig,
Wandgemälde Campaniens Nr. 358).
3 Homerischer Hymnus an Hermes III 24 ff. Vgl. Pausanias VIII 17,5,
wo der Schauplatz der Sage auf den Schildkrötenberg Χελυδόρεα verlegt
wird. Die Gemmen bei Furtwängler Taf. XV 59 u. 60 scheinen mir Hermes
bei der Schlachtung des Tiers darzustellen.
Florentiner auch die Petersburger Copie heranzuziehen (Kie-
seritzky, Sculpturen der Kaiserlichen Eremitage 123 Nr. 267)
danach Abb. 4; Reinach, Repertoire de la Statuaire III 52,1).
Der sehr jugendlich gebildete Gott sitzt mit gekreuzten
Füssen auf einem Felssitz. Der Kopf war nach seiner rechten
Seite gedreht und etwas herunter geneigt, ist also in beiden
Copien ungefähr richtig ergänzt. Die linke Hand mit dem
teilweise noch erhaltenen bronzenen Kerykeion liegt auf dem
äusseren Rande des Oberschenkels. Die rechte Hand stützte
sich auf eine über den Felsen kriechende Schildkröte. In
Florenz ist das Tier modern. Die Art und Weise, wie Hermes
es dort von der Seite und unten fasst, ist nicht nur unge-
schickt, sondern hat auch einen viel zu langen rechten Arm
erzeugt. Amelung glaubte daher, dass die Hand sich ursprüng-
lich auf den Felsen stützte. Nun ist aber die Schildkröte in
Petersburg alt. Man muss also annehmen, dass der italieni-
sche Restaurator sie nach einem antiken Rest copiert hat,
der vielleicht noch unter dem gelben Farbenüberzug· erhal-
ten ist. Nach dein doppelten Zeugnis darf man das Tier-
chen dem Original nicht absprechen, und ich sehe auch kei-
nen Grund dazu. Wir besitzen zahlreiche Werke der Klein-
kunst, in denen Hermes eine Schildkröte auf der Hand trägt *,
oder wo sie zu seinen Füssen sitzt* 2. Schon der homerische
Hymnus erzählt in reizender Weise, wie der junge Gott sich
über den Fund einer Schildkröte freut, sie tötet und aus ihr
die erste Leier fertigt3. Der Boden seiner Heimat Arkadien
' Bronzestatuette in Sammlung Millosicz (Gurlitt, Archaeologisch - epi-
graphische Mitteilungen aus Österreich II 1878, b6 f. Taf. V) und eine ver-
schollene Bronze (Reinach, Rep. de la Stat. II 171,6 nach Wilde, Signa
antiqua, Amsterdam 1709); Gemme unbekannten Aufbewahrungsorts (Mül-
ler - Wieseler, Denkmäler d. a. Kunst II 496 Taf. XXIX Nr. 327a).
2 Bronzestatuetten (Reinach, Rep. de la Stat. II 170,6; 171,1; 174,4;
von Sacken, Bronzen des Münz- und Antikencabinetts Taf. XX); Gemmen
(vgl. Scherer bei Roscher I 2, 2427); Wandgemälde aus Pompeii (Helbig,
Wandgemälde Campaniens Nr. 358).
3 Homerischer Hymnus an Hermes III 24 ff. Vgl. Pausanias VIII 17,5,
wo der Schauplatz der Sage auf den Schildkrötenberg Χελυδόρεα verlegt
wird. Die Gemmen bei Furtwängler Taf. XV 59 u. 60 scheinen mir Hermes
bei der Schlachtung des Tiers darzustellen.