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FR. W. V. BISSING
liegen. Er spricht vom älteren, Pausanias vom jüngeren
Tempel, der erst im vierten Jahrhundert errichtet wurde.
‘Oberhalb’ des alten Tempels und ‘an der Strasse’ lag zu
Iierodots Zeit das Heiligtum des Phylakos: das passt weder
zu Frickenhaus neuster Annahme (AM. XXXV1910, Taf. XIII),
die ihm selbst ja fraglich ist, noch, wie mich dünkt, zu der
Ansetzung, die Du befürwortest: rechts oberhalb des alten
Tempels unmittelbar über den zwei gesicherten alten Altären
(den grossen dritten halte ich für die Basis grosser Weihge-
schenke, zu denen vielleicht einige der unaufgestellten Skulp-
turreste im Museum gehören mögen, die aus der Marmaria
stammen). Jene zwei Gebäude auf einer natürlichen Ter-
rasse sind zwar sicher alt, (während mir die Mauerreste in
der nördlichen Ecke nicht sicher archaisch scheinen); aber
ich glaube kaum, dass man von ihnen sagen kann, dass sie
‘unmittelbar’ am Wege lagen. Denn die Strasse, die Herodot
am Tempel der Atliena vorbei schreitet, ging unten herum,
an der gewaltigen .Stützmauer entlang, die durch den Bau
der drei Tempel der 2. Hälfte des VI. Jahrhunderts nötig
wurde. Die Strasse führte auch nie bis zu der hochgelegenen
Ecke, in der jetzt Frickenhaus den Phylakos ansiedeln will.
Das Terain verbietet das.
Wohl aber lag noch ein weiterer Bau auf dieser grossen
Terrasse, und der zu ihm gehörige Bezirk unmittelbar am
Wege; die Tholos. Wie sie jetzt steht gehört sie zwar dem
Ende des V. Jahrhunderts an, allein wir verdanken Dir ja
die Einsicht, dass unter ihr ein älterer Bau lag, dessen Ge-
stalt wir freilich nicht kennen. In ihm erkenne ich die älteste
Kultstätte des Heros Phylakos, den Platz ringsum halte ich
für sein τέμενος. Nun erklärt sich mancherlei: um dieses τέμε-
νος willen ist das Schatzhaus (?) am Westende des Bezirkes
so weit weggerückt von den anderen Tempeln, aus demsel-
ben Grund hat man auch nach dem glänzenden Neubau des
Heroons dem neuen Tempel der Athena lieber ein Stück
des ‘Schatzhauses’ geopfert als das τέμενος noch mehr be-
schnitten: einen anderen Platz an dieser Stelle, der den Fels-
stürzen nicht ausgesetzt war, gab es nicht, so musste der
Heros seiner Genossin etwas von seinem Bezirk abtreten.
FR. W. V. BISSING
liegen. Er spricht vom älteren, Pausanias vom jüngeren
Tempel, der erst im vierten Jahrhundert errichtet wurde.
‘Oberhalb’ des alten Tempels und ‘an der Strasse’ lag zu
Iierodots Zeit das Heiligtum des Phylakos: das passt weder
zu Frickenhaus neuster Annahme (AM. XXXV1910, Taf. XIII),
die ihm selbst ja fraglich ist, noch, wie mich dünkt, zu der
Ansetzung, die Du befürwortest: rechts oberhalb des alten
Tempels unmittelbar über den zwei gesicherten alten Altären
(den grossen dritten halte ich für die Basis grosser Weihge-
schenke, zu denen vielleicht einige der unaufgestellten Skulp-
turreste im Museum gehören mögen, die aus der Marmaria
stammen). Jene zwei Gebäude auf einer natürlichen Ter-
rasse sind zwar sicher alt, (während mir die Mauerreste in
der nördlichen Ecke nicht sicher archaisch scheinen); aber
ich glaube kaum, dass man von ihnen sagen kann, dass sie
‘unmittelbar’ am Wege lagen. Denn die Strasse, die Herodot
am Tempel der Atliena vorbei schreitet, ging unten herum,
an der gewaltigen .Stützmauer entlang, die durch den Bau
der drei Tempel der 2. Hälfte des VI. Jahrhunderts nötig
wurde. Die Strasse führte auch nie bis zu der hochgelegenen
Ecke, in der jetzt Frickenhaus den Phylakos ansiedeln will.
Das Terain verbietet das.
Wohl aber lag noch ein weiterer Bau auf dieser grossen
Terrasse, und der zu ihm gehörige Bezirk unmittelbar am
Wege; die Tholos. Wie sie jetzt steht gehört sie zwar dem
Ende des V. Jahrhunderts an, allein wir verdanken Dir ja
die Einsicht, dass unter ihr ein älterer Bau lag, dessen Ge-
stalt wir freilich nicht kennen. In ihm erkenne ich die älteste
Kultstätte des Heros Phylakos, den Platz ringsum halte ich
für sein τέμενος. Nun erklärt sich mancherlei: um dieses τέμε-
νος willen ist das Schatzhaus (?) am Westende des Bezirkes
so weit weggerückt von den anderen Tempeln, aus demsel-
ben Grund hat man auch nach dem glänzenden Neubau des
Heroons dem neuen Tempel der Athena lieber ein Stück
des ‘Schatzhauses’ geopfert als das τέμενος noch mehr be-
schnitten: einen anderen Platz an dieser Stelle, der den Fels-
stürzen nicht ausgesetzt war, gab es nicht, so musste der
Heros seiner Genossin etwas von seinem Bezirk abtreten.