Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 37.1912

DOI Artikel:
Ippel, Albert; Schazmann, Paul; Darier, Gaston; Loeschcke, Siegfried; Conze, Alexander; Dörpfeld, Wilhelm: Die Arbeiten zu Pergamon 1910-1911
DOI Artikel:
Loeschcke, Siegfried: 5: Sigillata-Töpfereien in Tschandarli. (Berichte über die Ergebnisse einer Versuchsgrabung i. J. 1911)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.37285#0400
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
384

S. LOESCHCKE. V. TSCHANDARLI

Figur ist geschickt componiert und gearbeitet; das breite
stumpfnasige Gesicht mit starkem Vollbart ist ausdrucks-
voll wiedergegeben; der Körper, der an den Hüften von
einem breiten, seitlich geknoteten Tuch umschlungen wird,
ist mit zottigen Haaren bedeckt, die vor allem an Armen
und Beinen gut kenntlich sind. Ist auch die Composition
naturgemäss nicht -freie Erfindung des in Tschandarli an-
sässigen Töpfers, sondern geht auf ältere Vorbilder zurück,
so zeigt sie doch, wie gute Reliefbildchen wir unter den
verzierten Sigillaten von Tschandarli erwarten dürfen. Denn
dass man ausser der glattwandigen Ware auch
reliefverzierte Gefässe in Tschandarli herge-
stellt hat, steht über jedem Zweifel, nicht nur durch
den Fund dieses Henkelschmuckes, der ja als vereinzeltes
Relief an einem im übrigen glattwandigen Gefäss geses-
sen haben könnte.
Gleichfalls in Schnitt VI fand sich nämlich eine grosse
dickwandige Sigillatascherbe j. A., die wohl von einem
cylindrischen, mit grossen Relieffiguren verzierten
Gefäss herrrilirt, vermutlich einem Napf1 oder einer Kanne,
Taf. XXIX 3. Erhalten sind Reste von zwei nebeneinander
gestellten Figuren, einer männlichen und einer weiblichen.
Links steht ein nackter Mann, dessen Kopf, Schultern und
Unterschenkel fortgebrochen sind, rechts eine vollgewan-
dete Frau, deren Kopf und Oberkörper von der Brust an
verloren gegangen sind. Der Mann steht fast in Vorder-
ansicht da, ein wenig nach seiner rechten Seite gewendet.
Mit der Rechten stützt er sich auf ein stabartiges Attri-
but (Szepter, Thyrsus, Lanze?); in der Linken hält er einen
rollenähnlichen Gegenstand unsicherer Deutung (Dionysos?).
Die Frau bewegt sich auf den Fussspitzen in ähnlicher
Arm- und Körperhaltung nach 1. hin; ihre gehobene Rechte
fasste vielleicht an ein Kopftuch (Mänade?). Die stilistische
Behandlung dieser Figuren ist bedeutend schlechter als die-

1 Ein Boden- und ein Randstück ä. A. (IV) machen übrigens auch das
Vorkommen glattwandiger cylindrischer Becher, ähnlich Haltern Typus 16,
wahrscheinlich.
 
Annotationen