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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 50.1925

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Dörpfeld, Wilhelm: Die altgriechische Kunst und Homer
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https://doi.org/10.11588/diglit.29494#0086
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WILHELM DÖRPFELD

gegeben habe. Er hält zwar mit mir an dem Grundsatze fest
(S. 13), ‘daß alles, was im Homer geschildert wird, einmal
geschaute Wirklichkeit gewesen sein muß’, ist auch überzeugt,
‘daß im Epos die Erinnerung an historische Ereignisse wie die
Eroberung Trojas und an historische Persönlichkeiten der myke-
nischen Epoche nachwirkt’, und sieht auch ‘keinen Grund zu
zweifeln, daß die Anfänge der griechischen Heldendichtung zum
mindesten in die Blütezeit der mykenischen Kultur zurückzu-
versetzen sind’; aber meine Ansicht, daß unsere beiden home-
rischen Epen in ihrer urspriinglichen Gestalt noch am Ende
der Heroenzeit selbst entstanden sind und die Kunstrichtungen
dieser Epoche, nämlich des XII. Jhs., richtig schildern, lehnt er
entschieden ab und sucht sie als irrtümlich nachzuweisen. In
meiner Entgegnung werde ich dieselben beiden Fragen zu be-
antworten suchen, die auch Watzinger behandelt hat, nämlich
erstens die nach den verschiedenen Epochen und Richtungen
der ältesten Kunst Griechenlands und zweitens die Frage, welche
dieser Richtungen den Schilderungen der homerischen Epen zu
Grunde liegen.

I.

Im Beginn seiner Arbeit betont Watzinger die große Ver-
schiedenheit unserer Anschauungen über die älteste griechische
Kunst und erklärt (S. 1), daß ich ‘nichts weniger als unsere
gesamte bisherige Chrönologie der Denkmäler des II. und des
beginnenden I. Jahrtausends aus voller Überzeugung und mit
entschiedener Konsequenz bestreite’. Daß diese Angabe etwas
übertrieben ist, und daß ich in Wirklichkeit nur mehrere Punkte
der herrschenden Chronologie bestreite, bitte ich zunächst fiir
die einzelnen Kunstarten der angefiihrten Periode zeigen zu
diirfen. Ich hoffe dadurch die Grundlagen unseres Streites fiir
den Leser klarer zu legen.

1. Bei der vormykenischen geometrischen Kunst sind wir
dariiber einig, daß im II. Jahrtausend mehrere Richtungen ver-
schiedener Art bestanden haben. Während aber mein Kritiker
glaubt, daß die drei Kunstarten, die von den Amerikanern als friih-,
mittel- und späthelladisch bezeichnet werden, sich gegenseitig
abgelöst haben, bin ich der Ansicht, daß sie vielfach nebenein-
 
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