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WILHELM DÖRPFELD
Watzinger übersieht ferner, daß Byblos nicht zu den drei
von Arabern gegründeten Städten Tyros, Sidon und Arados
gehört, deren Bewohner nach Herodot (I 1 und VII 89) ausdem
Roten oder Arabischen Meer ins Mittelmeer gekommen waren,
sondern daß es eine einheimische syrische Stadt war. Nur in
den drei phönikischen Industrie- und Handelsstädten saßen ur-
spriinglich die kunstreichen Phönikier oder Keftiu. Die Schiffe
von Byblos werden daher in einer Inschrift des II. Jahrtausends
(Breasted, Records II, Nr. 492) mit Recht von den Keftiu-Schiffen
unterschieden. Die einheimische Topfware von Byblos wird im
Gegensatz zu der Keramik von Sidon und Tyros einen syrischen
Charakter getragen haben.
Watzinger irrt weiter mit seiner Behauptung (S. 6), daß ich
in den Minyern von Böotien die ‘eigentlichen Träger und Ver-
breiter der mykenischen Kunst’ in der Aegaeis sähe. Ich habe
nur behauptet, daß die Minyer, deren Herkunft aus dem Orient
schon Otfried Müller in seinem Buche ‘Orchomenos und die
Minyer’ bewiesen hat, auch zu den Trägern der mykenischen
Kunst gehörten. Zu diesen habe ich in erster Linie die Bewohner
von Tyros und Sidon gerechnet, die aus Arabien selbst oder,
wie nach Strabon (XVI 3, 4, C 766) anzunehmen ist, von
arabischen Inseln stammten. Zu ihnen rechne ich weiter auch
die zahlreichen Orientalen, die nach Angabe mehrerer antiker
Schriftsteller in vielen Teilen Griechenlands und besonders in
den metallreichen Gegenden wohnten. Sie alle gehörten, wie
ich immer mehr glaube, zu den ‘Hyksos’, die Ägypten um 1700
erobert und ein Seereich mit der Hauptstadt Auaris am öst-
lichsten Nilarm, einem antiken Suez-Kanal, gegründet hatten.
Teils werden sie während des Bestehens dieses Reiches, teils
bei dessen Auflösung nach Griechenland gekommen sein. Daß
die Hyksos Araber oder Phönikier waren, hat Manetho über-
liefert, und daß vielfache Beziehungen zwischen Siidarabien,
Phönikien und Griechenland bestanden, ist gesichert. Von den
drei großen Reichen Siidarabiens standen die Sabäer in nahen
Beziehungen zu Hiram von Tyros, der dem König Salomo in
Jerusalem den Tempel und den Palast baute; zu den Minäern
gehörten vermutlich die Minyer Böotiens und Triphyliens; die
Bewohner von Adramaut hatten ohne Zweifel die Stadt Adra-
WILHELM DÖRPFELD
Watzinger übersieht ferner, daß Byblos nicht zu den drei
von Arabern gegründeten Städten Tyros, Sidon und Arados
gehört, deren Bewohner nach Herodot (I 1 und VII 89) ausdem
Roten oder Arabischen Meer ins Mittelmeer gekommen waren,
sondern daß es eine einheimische syrische Stadt war. Nur in
den drei phönikischen Industrie- und Handelsstädten saßen ur-
spriinglich die kunstreichen Phönikier oder Keftiu. Die Schiffe
von Byblos werden daher in einer Inschrift des II. Jahrtausends
(Breasted, Records II, Nr. 492) mit Recht von den Keftiu-Schiffen
unterschieden. Die einheimische Topfware von Byblos wird im
Gegensatz zu der Keramik von Sidon und Tyros einen syrischen
Charakter getragen haben.
Watzinger irrt weiter mit seiner Behauptung (S. 6), daß ich
in den Minyern von Böotien die ‘eigentlichen Träger und Ver-
breiter der mykenischen Kunst’ in der Aegaeis sähe. Ich habe
nur behauptet, daß die Minyer, deren Herkunft aus dem Orient
schon Otfried Müller in seinem Buche ‘Orchomenos und die
Minyer’ bewiesen hat, auch zu den Trägern der mykenischen
Kunst gehörten. Zu diesen habe ich in erster Linie die Bewohner
von Tyros und Sidon gerechnet, die aus Arabien selbst oder,
wie nach Strabon (XVI 3, 4, C 766) anzunehmen ist, von
arabischen Inseln stammten. Zu ihnen rechne ich weiter auch
die zahlreichen Orientalen, die nach Angabe mehrerer antiker
Schriftsteller in vielen Teilen Griechenlands und besonders in
den metallreichen Gegenden wohnten. Sie alle gehörten, wie
ich immer mehr glaube, zu den ‘Hyksos’, die Ägypten um 1700
erobert und ein Seereich mit der Hauptstadt Auaris am öst-
lichsten Nilarm, einem antiken Suez-Kanal, gegründet hatten.
Teils werden sie während des Bestehens dieses Reiches, teils
bei dessen Auflösung nach Griechenland gekommen sein. Daß
die Hyksos Araber oder Phönikier waren, hat Manetho über-
liefert, und daß vielfache Beziehungen zwischen Siidarabien,
Phönikien und Griechenland bestanden, ist gesichert. Von den
drei großen Reichen Siidarabiens standen die Sabäer in nahen
Beziehungen zu Hiram von Tyros, der dem König Salomo in
Jerusalem den Tempel und den Palast baute; zu den Minäern
gehörten vermutlich die Minyer Böotiens und Triphyliens; die
Bewohner von Adramaut hatten ohne Zweifel die Stadt Adra-