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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 50.1925

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Bissing, Friedrich Wilhelm von: Eine hellenistische Bronzefigur des Gottes Bes
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https://doi.org/10.11588/diglit.29494#0138
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FR. W. VON BISSING

dieser Tafel ist der Stein, vermutlich modern, abgearbeitet.
Wahrscheinlich befand sich hier ein Steg.

An den Seiten ist die Platte nicht auf Anschluß gearbeitet,
sie scheint frei gestanden zu haben, oben und unten ist sie
gebrochen oder arg verstoßen. Die Platte kann wohl kaum
anders als architektonisch verwandt worden sein. Der erste
Gedanke geht vielleicht auf eine ähnliche Verwendung wie die
der Silene im Dionysostheater zu Athen. Allein nicht nur,
daß wir bisher keine Spur eines Theaterbaus in Ägypten haben,
die Figur ist so deutlich, auch z. B. in der starken Muskulatur
des Leibes, auf Fern- und Unteransicht berechnet, daß unwill-
kürlich der Blick sich zu dem Fries tanzender und musizie-
render Bese am Heroon von Gjölbaschi wendet 1 und die
Frage erlaubt ist, ob nicht auch unsere Platte einst ähnlich
jenen über einerTür, dann natiirlich eines Heiligtums angebracht
war. Die Haltung des dritten Bes von links am Heroon ist
der des unseren in vielfacher Hinsicht verwandt. Im iibrigen
freilich hält der Fries von Gjölbaschi am Ende des V. Jhs. noch
ganz an dem älteren ägyptischen Typus fest, während die
Haager Figur in der Bildung der Haare, der Locken an Stelle
der Ohren, der Körperbildung der ptolemäischen Tradition
folgt und wohl auch in vorrömischer Zeit entstanden sein
dürfte. Einzelformen erinnern an Athletentypen. Oberhalb
der eingestützten Hand treten in mächtigen Wülsten die Rippen
vor, von dieser Gegend legt sich unter der Brust ein starker
Fettwulst über den Körper. Bemerkenswert ist auch die Bildung
der Zunge: sie hängt auf der herabhängenden Unterlippe heraus
und (zeigt in der Mitte eine Furche. Eine Andeutung der
riesigen Kraft soll wohl auch in dem verblüffend starken Phallus
liegen, der sich dem Aufblickenden entgegenstreckte. Der
Einfluß griechischer Auffassungen ist überall greifbar.

1 Benndorf, Das Heroon von Gjölbaschi Taf. VI. Figurenreihen
über Türen anzubringen ist in ägyptischer Kunst nichts Ungewöhnliches.
Es genügt, daraufhin irgendeine ägyptische Tempelpublikation durchzu-
sehen. Inhaltlich stehen die jauchzenden Affen über der Tür E bei
Chassinat, Le Mammisi d’Edfou Taf. VI und die musizierenden Bese,
a. a. O. Taf. XLVII 4 (aus der Zeit Ptolemaios’ X) nahe. Aber die Lösung
des Künstlers von Gjölbaschi weicht in der Ausführung durchweg von
der des Ägypters ab.
 
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