DIE AFFEN-INSELN
Wiederholt müssen griechische Schiffe, die von widrigen Winden
in sonst unbefahrene Gegenden verschlagen wurden, Bekanntschaft
mit einsamen, nur von Affen bewohnten Inseln gemacht haben. Aus
alten Seefahrerberichten entstanden seltsame Märchen, in denen sich
Erlebtes und Erfundenes mischten. Dazu gehört die von Pausa-
nias I 23 berichtete Geschichte. Ein Schiff war zu den berüchtigten
sogenannten Satyrinseln verschlagen worden, deren Bewohner der
menschlichen Sprache nicht fähig waren, Schwänze trugen und sich
durch grosse Geilheit auszeichneten. Da sie die Frauen auf dem
Schiff attackierten, gaben die Schiffer ein Barbarenweib, das an Bord
war, preis und setzten es auf der Insel aus. ές ταύτην ουν ύβρίζειν τούς
Σατΰρους ού μόνον ή καθέστηκεν, άλλα και τό παν ομοίως σώμα. Diese
Geschichten, zu denen die Kommentare von Hitzig - Blümner und
Frazer noch weiteres Material beisteuern, lassen sich natürlich weder
datieren noch lokalisieren. In der Odyssee sind sie noch nicht ver-
wertet, aber dass man die Affen mit den Satyrn gleichsetzte, passt
am besten in die Zeit, wo man die Silene wie Affen dargestellt hat,
in die archaische. Niemand, der dreitausend Jahre alte Geschichten
sich von Bauern oder Schiffern hat erzählen lassen, wird sich wundern,
dass ein solches Märchen etwa von archaischer Zeit bis zu der des
Pausanias seine Lebenskraft bewies.
Auf dieses Satyrmärchen möchte ich das seltsame Bild einer
schwarzfigurigen Lekythos deuten, das in dieser Zeitschrift zum
erstenmal veröffentlicht worden ist (1891 Taf. 9; Athen 1180, Coll.-
Couve 961; hier Abb. 1). Man hat es bisher allgemein als Wiedergabe
eines Satyrspiels angesehen, wie ich glaube, mit gutem Grund. Das
Fehlen von Theaterrequisiten beweist nichts gegen eine solche
Abhängigkeit, vom Drama inspirierte Bilder dieser Zeit verraten ihre
Quelle nicht durch solche Äusserlichkeiten. Das Bild ist um 480 gemalt,
zur Blütezeit des äschyleischen Dramas, das zugleich auch die beste
Zeit des Satyrspiels gewesen ist. Die Tragödiendichter des fünften
Jahrhunderts hatten ihre Not, für das obligate Schlussstück immer
neue Themen zu finden und waren gezwungen, alle möglichen und
unmöglichen Kombinationen zu erfinden (Furtw.-Reichh. III 272, 301,
Wiederholt müssen griechische Schiffe, die von widrigen Winden
in sonst unbefahrene Gegenden verschlagen wurden, Bekanntschaft
mit einsamen, nur von Affen bewohnten Inseln gemacht haben. Aus
alten Seefahrerberichten entstanden seltsame Märchen, in denen sich
Erlebtes und Erfundenes mischten. Dazu gehört die von Pausa-
nias I 23 berichtete Geschichte. Ein Schiff war zu den berüchtigten
sogenannten Satyrinseln verschlagen worden, deren Bewohner der
menschlichen Sprache nicht fähig waren, Schwänze trugen und sich
durch grosse Geilheit auszeichneten. Da sie die Frauen auf dem
Schiff attackierten, gaben die Schiffer ein Barbarenweib, das an Bord
war, preis und setzten es auf der Insel aus. ές ταύτην ουν ύβρίζειν τούς
Σατΰρους ού μόνον ή καθέστηκεν, άλλα και τό παν ομοίως σώμα. Diese
Geschichten, zu denen die Kommentare von Hitzig - Blümner und
Frazer noch weiteres Material beisteuern, lassen sich natürlich weder
datieren noch lokalisieren. In der Odyssee sind sie noch nicht ver-
wertet, aber dass man die Affen mit den Satyrn gleichsetzte, passt
am besten in die Zeit, wo man die Silene wie Affen dargestellt hat,
in die archaische. Niemand, der dreitausend Jahre alte Geschichten
sich von Bauern oder Schiffern hat erzählen lassen, wird sich wundern,
dass ein solches Märchen etwa von archaischer Zeit bis zu der des
Pausanias seine Lebenskraft bewies.
Auf dieses Satyrmärchen möchte ich das seltsame Bild einer
schwarzfigurigen Lekythos deuten, das in dieser Zeitschrift zum
erstenmal veröffentlicht worden ist (1891 Taf. 9; Athen 1180, Coll.-
Couve 961; hier Abb. 1). Man hat es bisher allgemein als Wiedergabe
eines Satyrspiels angesehen, wie ich glaube, mit gutem Grund. Das
Fehlen von Theaterrequisiten beweist nichts gegen eine solche
Abhängigkeit, vom Drama inspirierte Bilder dieser Zeit verraten ihre
Quelle nicht durch solche Äusserlichkeiten. Das Bild ist um 480 gemalt,
zur Blütezeit des äschyleischen Dramas, das zugleich auch die beste
Zeit des Satyrspiels gewesen ist. Die Tragödiendichter des fünften
Jahrhunderts hatten ihre Not, für das obligate Schlussstück immer
neue Themen zu finden und waren gezwungen, alle möglichen und
unmöglichen Kombinationen zu erfinden (Furtw.-Reichh. III 272, 301,