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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 43.2010

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Nr. 2
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Šeferisová-Loudová, Michaela: Maulbertschova freska ve Filosofickém sále Strahovské knihovny: forma a technika
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https://doi.org/10.11588/diglit.31178#0283

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sowie der Figur der Ewigen Weisheit dringen und
auch den Heiligenschein des Apostels Paulus bilden.
Gerade beim Malen der Strahlen bediente sich Michl
eines m der Freskomalerei bekannten technischen
Mittels — er schlug in die Mitte des Objektes, aus
dem die Strahlen hervorleuchten sollten, einen
Nagel und malte nach einer am Nagel befestigten
und gespannten Schnur die einzelnen Linien. (Die
Nagellöcher sind am Gewand der Ewigen Weisheit,
nahe der oberen Kante der Bundeslade und am
Gesicht des Apostels Paulus sichtbar.) Das gleiche
technische Mittel wurde bei einer Reihe von Ar-
chitekturelementen eingesetzt, bei denen an vielen
Stellen die Vorzeichnung zu sehen ist. In diesem Fall
wurde die Schnur wegen der Gewölbekrümmung
nicht direkt an den Putz gelegt, sondern die Linie,
die sie in der Luft über dem Gewölbe bildete, mit
Hilfe einer Kerze als Schatten an die Wand projiziert.
Die Hilfslinien wurden direkt in den nassen Putz ge-
zeichnet. (Der Nagel zur Konstruktion der architek-
tonischen Elemente an der westlichen Wand wurde
unmittelbar unter dem Fuß eines der Engel unter
der Ewigen Weisheit gefunden.) Sehr konsequent
wurde durch Vorzeichnung die Malerei der geraden
architektonischen Elemente in den Szenen aus dem
Alten und Neuen Testament an den kürzeren Seiten
des Saals vorbereitet. In geringerem Maße finden
wir eingravierte Linien auch auf der Westseite des
Saals, wo diese bei der definitiven Umsetzung nicht
immer berücksichtigt wurden (der linke Teil von
Sokrates' Gefängnis mit Grabstein). Eingravierte
gerade Linien grenzen außerdem den ornamentalen
Rahmen ab, der das ganze Deckengemälde umläuft
und offensichtlich auch von Martin Michl stammt.
Aus diesen Feststellungen lässt sich schließen, dass
die gewöhnliche, bereits aus der vorherigen Werk-
stattpraxis Maulbertsch' bekannte Aufteilung der

Arbeiten in Strahov eingehalten wurde. Der hgurale
Teil wurde von ihm gestaltet, die Illusionsarchitektur
(inkl. des Illusionsrahmens des Bildes) und kleinere
Details von seinem Schüler Michl. Michl können
wir ganz sicher auch den Hintergrund zuschreiben,
und zwar sowohl den Himmel im mittleren Teil
als auch die Landschaftsmotive am Gewölberand.
Ein Vergleich der von Michl signierten Zeichnung
des Abts Mayer aus dem fahre 1794 (Graphische
Sammlung der Stiftsbibliothek Strahov) mit dessen
Portrait in der Gruppe der westlichen Kirchenväter
und tschechischen Landespatrone in der Szene aus
dem Neuen Testament zeigt überzeugend, dass Michl
der Urheber auch dieses Details des Gemäldes in
Strahov sein muss. Der ausgeprägte Zeichnungscha-
rakter ergab sich in diesem Fall durch die Malaufgabe,
nämlich das Porträt des Abtes Mayer. Allgemein
wurde Michis zeichnerische Orientierung durch seine
Schulung an der Wiener Akademie geprägt, wo er
sich im Jahr 1789 inskribierte und wo im Sinne des
aktuellen klassizistischen Stils gerade die Zeichnung
betont wurde.
In einigen formalen Aspekten ist der hgurale Teil
der malerischen Ausschmückung der Kapelle im
Lyzeum in Erlau/Eger aus den Jahren 1792 — 1793
mit dem Gemälde in Strahov auffallend identisch.
Diese Arbeit, an der Michl als Maulbertsch' Hel-
fer nachweislich beteiligt war, ging dem Auftrag
in Strahov voraus. Obwohl ihm bis jetzt in erste
Unie die dekorative Illusionsmalerei in der Kapelle
zugeschrieben wurde, lässt sich nicht ausschließen,
dass er auch bei der Gestaltung des Figuralteils des
Gewölbegemäldes stärker mitwirkte, indem er die
Attribute der Heiligen, die Strahlen des als Taube
dargestellten Heiligen Geistes oder den Baum hinter
der Figuren von Adam und Eva schuf.
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