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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Bader, Joseph: Eine Fahrt an den Bodensee, 1856
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0177
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Gleichwohl gerieth die Fürstabtissin durch die reformatorischen
Schritte des Kaisers Josef II in die mißliche Lage, von ihrem
bisherigen Bestreben das gerade Gegentheil ergreifen und ihr
freireichsadeligcs Stift für ein völlig weltliches erklären zu
müßen. Sie ersuchte daher den Fürstbischof zu Mersburg um
Aufhebung des (wie vielfach gebrochenen!) Gelübdes der Keusch-
heit und Beharrung im stiftischen Verbände, welches jede
Stiftsdame bisher abzulegen gehabt.
Nach mancherlei heikeln Anständen gelang ihr endlich dieser
kluge Plan, und unterem 12ten Hornung 1783 erklärte Maxi-
milian von Rot, daß jenes Versprechen kein wahres Gelübde
sei '"), das säckingische Frauenstift also einen bloß weltlichen
Charakter besitze. In Folge dieser Erklärung aber brachte es
Maria Anna durch eine Reise nach Wien 1785 dahin, daß
die schon beschlossene Umgestaltung ihres Stiftes widerrufen und
dasselbe in seiner ererbten Verfassung und freien Verwaltung
bestätiget wurde.
So gieng diese Frau, indem sie auch das abgebrannte
Münster wieder hergestellt, als dritte Stifterin zu Grabe,
und so fristete sich St. Fridolins uraltes Gotteshaus noch ein
leidliches Dasein, bis jener Sturm hereinbrach, welcher den alt-
fränkischen Bau des deutschen Reiches niederwarf und die geist-
lichen und weltlichen Stifte unter dessen Trümmern begrub. Als
auch das säckingische aufgehoben wurde, war Jochanna Caro-
lina von Oetingen daselbst Fürstabtissin, während die Frauen
von Hornstein, von Reichenstein, von Ulin, Riedheim und Sir-
genstein, von Andlau und Bodman ihr Kapitel bildeten.
Werfen wir einen überschauenden Blick auf das Säckinger
Fr au en st ist, so erscheint uns dasselbe — ungeachtet seiner
merkwürdigen Gründung und mehr als 1200jährigen Dauer,
im Ganzen doch von sehr gewöhnlichem Werthe. Es hatte den
Ruhm des ältesten Gotteshauses am ganzen Oberrheine; aber
seine Entwickelung entsprach dem Namen seines Gründers und
der glänzenden Blüthe seiner Anfänge nur wenig, indem es seit

10) Welch' boshafte Ironie des urkundlichen Ausdruckes!
Badcnia, 1858. 11
 
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