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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Reich, L.: Die badische Landschaft Baar und ihre Bewohner
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0456
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mal gemäht werden konnten, da auf ihnen nach altem Her-
kommen das Recht des „Fraßes" ruhte, d. h. sie dienten bis
zum ersten Mai und wieder nach der Heuärnte zur allgemeinen
Waide. Späterhin trat dieselbe erst im Oktober ein, daher die
Regel: „Der Galli verlanbt d'Waiden alli". Jetzt hat auch diese
Bestimmung ihre Kraft verloren.
Erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts kam das
Oehmden zur Sprache und wurde unter heftigen Gemeinde-
streiten allmälig durchgesetzt. Man erzählt sich von einem Bür-
germeister in Schweningen die bezeichnende Anekdote, daß er das
Machtgebot erlassen: „Kein Bürger soll bei Vermeidung hoher
Strafe mehr ein Wort vom Oehmden sprechen", worauf der
Nachtwächter die Frage in Reime gebracht und sich damit ent-
schuldigt, er habe davon gesungen, nicht gesprochen.
Sowohl Aecker als Wiesen waren meist Lehenfelder.
Bei einem Bauerngute von etwa 130 Jaucherten bestand kaum
der zehnte Theil in reinem Eigenthum. Dazu kamen noch be-
deutende Almendgüter, die jedoch fast durchgängig zu allge-
meinen Waiden benutzt wurden. Da diese Almendwaiden sehr
ausgedehnt waren, so daß sie zur Charakteristik sowohl der Land-
schaft als Landwirthfchaft unserer Baar gehören, so wollen wir sie
ihrer alten Eintheilung nach hier etwas näher besprechen.
Ma st Waiden hießen solche, auf welchen das Vieh vom
Iten Mai bis Mitte Oktobers Tags und Nachts unter der Hut
eines Hirten im Freien blieb. Die Roß Waid en theilten sich
in Tag- und in Nachtwaiden. Erstere waren von einem tiefen
Graben umschlossen, der den Zweck hatte, das nächtliche Davon-
laufen der Thiere zu verhindern. Hatte der Bauer sein Tagwerk
vollendet, so hieß es: „Roßbue, iß Milch, strick an und fahr
uf d' Nachtwaid". Dort angekommen, übergab dann der Roß-
bube die Gaule dem Nachthirten und holte sie erst Morgens bei
Tagesanbruch wieder ab.
Zu Tagwaiden für Pferde und Zugochsen dienten näher
gelegene Plätze, wo zu jeder Stunde des Tages „zu- und ab-
gefahren" werden konnte. Die Kühwaiden dagegen fanden
sich meist an die äußerste Gränze der Gemarkung verlegt. Es
 
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