Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

DOI Heft:
Inhalt
DOI Artikel:
Reich, L.: Die badische Landschaft Baar und ihre Bewohner
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0462
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 444

wollen hier nur wenige Züge aufführen, welche uns die Groß-
vaterszeiten von günstigerer Seite beurtheilen lasten.
Man rühmt in unserer Zeit z. B. vorzugsweise die Mild-
thätigkeit; ein Brand von Hamburg, eine Katastrophe von
Mainz — welch' erhebende Beispiele von werkthätiger Bruder-
liebe in der Gegenwart! Aber unsere Alten besaßen und übten
diese schöne Tugend nicht minder, nur wurde weniger Aufhebens
davon gemacht. Sie halfen, wo zu helfen war, ohne dabei an
öffentliches Lob zu denken.
Als zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, wo es noch keine
Feuerassekuranzen gab, im Dorfe Dürrheim über dreißig Häuser
abbrannten, unternahmen es die umligenden Ortschaften, obwohl
sie an den Folgen der jüngsten Kriegszeit noch sehr zu leiden
hatten, je ein Haus oder deren mehrere freiwillig und unent-
geltlich unter Dach zu stellen. Die Bauern leisteten Ehren-
fuhren, während Handwerksleute und Taglöhner nach
Kräften das Ihrige thaten. Freilich gelangte die Kunde hiervon
kaum über die Gränzen des Gaues, wogegen heutzutage die Zei-
tungen solche Beisteuern durch alle Lande posaunen.
Betrachten wir ferner manche äußerliche Einrichtungen, etwa
die bürgerliche Baukunst, so werden wir eben so wenig
Ursache haben, in vornehmer Geringschätzung auf die alte Zeit
herabzublicken. Das alteBauernhaus z. B. hatte etwas eben
so Praktisches als Charakteristisches; in seinem Aeußeren und
Inneren repräsentierte es so recht den soliden, unverwüstlichen,
aller Veränderung und Neuerung abholden Bauernstand vom
alten Schrot und Korn.
Innerhalb dieser von Stein erbauten Wände mit den
zinnenbekrönten Giebeln, ähnlich dem Ritterhause, halten schon
Großältern und Urgroßältern gehaust; das können wir aus dem
alterthümlichen Spruche, aus der uralten Heiligenfigur an der
Wand, oder aus der Jahreszahl") am steinernen Rund-

11) Die Flüchtigkeit unserer Zeit nimmt sich schon die kleine Mühe nicht
mehr, neue Gebäude mit Namen und Jahreszahl zu versehen, was ihren Geist
gewiß sehr bezeichnet.
 
Annotationen