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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Reich, L.: Die badische Landschaft Baar und ihre Bewohner
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0472
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nern derselben jetzt weniger mehr gehört wird, als früher, wo
im Felde, auf der Gaffe und Abends ans der Bank vor dem
Hause solche Gesänge erschallten. Am meisten vernimmt man
sie noch zur Aernte zeit von einheimischen sowohl, als von
fremden Schnittern und Schnitterinen.
Statt der zweistimmigen Volkslieder kann man da und dort
zuweilen auch ein mehrstimmiges modernes Gesangvereins-
lied oder ein Commerslied absingen hören, was sich übrigens
im Munde der ländlichen Muse nicht besonders erfreulich aus-
nimmt. Das ächte Volkslied hat meist eine eigenthümlichc
poetische Färbung und eine einfache, sangbare und ergreifende
Melodie, was man von den neueren Liedern seltener sagen kann.
Der Volksgesang ist durch guten Unterricht in den Schulen der
Veredelung gewiß sehr fähig, und besonders durch die Pflege des
Kirchengesanges, welcher auf denselben auch sonst nicht ohne
wohlthätigen Einfluß bleiben wird.
Was wir weiter Gutes aus der alten Zeit hervorheben
möchten (ihr Schlimmes wollen wir mit frommem Stillschweigen
übergehen), war ein löblicher Sinn für Alles, was das Ge-
meindewesen betraf. Es seien hier nur ihre mancherlei Ein-
richtungen für's gesellige Leben erwähnt. Auch das kleinste
Städtlein hatte z. B. sein städtisches, zur Sommerwirthschaft
hergerichtetes Schützenhaus, wo Alt und Jung sich versam-
melte. Das Dorf hatte wenigstens seinen freien, von einer
Linde beschatteten Platz mit Bänken, wo die feiernden Bürger
am Sonntage sich ein natürliches Rendezvous gaben. Die Ju-
gend endlich besaß ihre eigenen Spielplätze, einen grünen Anger
oder Wiesenplatz, auf welchem sie ungestört ihr Wesen, ihre
kunstlose Gymnastik treiben durfte.
Wir wollen nicht von der Zeit reden, wo derBrül, d. h.
die nächsten Wiesenplätze um den Ort, bis zum ersten Mai der
erwachsenen Jugend zu ihren Spielen oder „Brülrennen" ein-
geräumt gewesen; wo selbst die Verheuratheten mit Ballschla-
gen und dergleichen im Freien sich vergnügten; ich gedenke bloß
der Schuljugend, für welche in dieser Beziehung gar nicht
mehr gesorgt ist. Und doch, was war so ein Tummelplatz für
 
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