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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Reich, L.: Eine Farbenskizze aus den Zeiten des dreißigjährigen Krieges
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0520
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- 502

Von einem grasigen alten Kirchh ofe umgeben ligt dieselbe
auf einer mäßigen Erhöhung an der Landstraße nach Stockach.
Unsere Vorältern gestalteten den Todten ihre Wohnung in Mitte
der Lebendigen, während wir, die Enkel, unsere Dahingeschie-
denen förmlich des Ortes verweisen, d. h. sie an weit abseits
ligende, öde Plätze verlegen.
Da die Schlüssel zu Gottesacker und Kirche unter Ge-
wahrsam des Meßners in der Stadt sich befinden, so war ich
genöthigt, meine Schritte vorerst dorthin zu lenken. Die greise,
freundliche Meßnerswittwe, die ich in ihrem kleinen Kram-
laden neben der Pfarrkirche beschäftigt traf, meinte, indem sie
mir das wahrhaft riesenhafte mittelalterliche Schlüsselpaar lächelnd
übergab, „der Herr werde allein hinausgehen können, er werde
nichts verderben und nichts mitnehmen."
Die Martinskirche ist eines jener einfachen und schmuck-
losen Gebäude, denen man das hohe Mer auf den ersten Blick
ansieht. Sie hat ein sogenanntes Vorzeichen (poitious), worin
nebst einigen halbvermoderten Votivtafeln der Rest eines steinernen
Mares sichtbar ist, vor welchem ein Paar unkenntliche Grab-
steine ligen. Die Thüre nach dem Innern ist in byzantinischem
Style gearbeitet und darf mit dem runden Chore als ältester
Theil des Bauwerkes angesehen werden. Vielleicht stammen sie
noch aus karolingischer Zeit; wird ja Altdorf schon im Jahre
830 urkundlich erwähnt.'
Das Innere der, wie es scheint, sich selbst überlassenen
Kirche (wo es allerdings nicht mehr viel zu „verderben oder mit-
zunehmen gibt") predigt auch anschaulich genug die Vergänglich-
keit aller irdischen Herrlichkeit. Ein Backsteinboden, ähnlich
dem in der alten Bräunlinger Friedhofkirche, stammt wohl noch
aus dem frühesten Mittelalter, während die einst hübsch verzierte
Seitenkapelle in gothischem Style zu Anfang des 16ten
Jahrhunderts von einer in Engen angesehenen Familie, welche
hier wohl ihre Grabstätte hatte, errichtet wurde.
„Der ehrenfest Georg Vogler", heißt es oben im wap-
pengeschmückten Schlußstein des Gewölbes, habe die Kapelle „Gott
zu Lob und Ehr wölben und zieren lassen, Anno 1500". Am
 
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