Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

DOI Heft:
Inhalt
DOI Artikel:
Reich, L.: Eine Farbenskizze aus den Zeiten des dreißigjährigen Krieges
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0536
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
518

So kam Eines auf das Andere nnd „hat wenig Schlafnacht
gegeben." Im Klöster lein hatten sie 40 Wochen lang jede
Nacht eine Wache von zwei Bürgern. Jeder derselben erhielt
jedesmal eine halbe Maß Wein und ein Stück Brot. Hiernach
allein schon kann man die damaligen Unkosten des armen
Gotteshauses berechnen.
Es war im Maien 1640, als 50 Mann österreichische
Exekution Struppen vor die Stadt kamen, um abermals
Besitz von der Herrschaft zu nehmen. Die Bürger wehrten
sich vier Tage lang tapfer gegen sic; einmal aus Treue gegen
ihren angcerbten Herrn, und alsdann, weil sie fürchten mußten,
wenn die Kaiserlichen in der Stadt wären, von den Hohent-
wielern überfallen zu werden, wie es auch später wirklich ge-
kommen ist. Die Soldaten mußten mit Spott wieder abziehen.
Doch kamen sie schon nach 14 Tagen wieder, verstärkt mit 800
Mann, unter dem Obersten Hausmann. Die Bürger, unter
der Commandantschaft des Stadtschreibers Ertinger, emfiengen
den Feind abermals mit den Waffen in der Hand.
Dieser unerschrockene Mann ritt Tag und Nacht auf einem
weißen Schimmel in der Stadt umher, um überall gegenwärtig
zu sein, wo es gefährlich aussah. Alle 2 oder 3 Stunden kam
er zum Kloster und berichtete den Frauen, wie es stehe. Zum
Glück hatten diese ein probates Mittel bei der Hand, den Leib
zu stärken und den Geist zu kühnen Thaten zu befeuern, nämlich
„einen guetcn, alten rothen Wein, womit sich der Herr alle
Zeit wieder erholet, wie er selber dankbar gesagt hat."
Die Belagerer verdarben die Brunnenleitungen, gru-
ben das Wasser im Bache ab und leiteten es in die oberen Wiesen,
so daß die Eng euer zwei Tage lang Mangel hatten. In dieser
Noth machte das „Stadtvolk einen Ausfall aus dem Kapuziner-
thörle; es war mchrentheils Weibervolk (wahrscheinlich mit
Schöpfgcräthe). Während sie dem Bache zugeloffen, haben die
Männer bei'm Geschüze Wacht gehalten, auch unter den Bäu-
men im Klostcrgarten. Indem machen die Soldaten rings um
die Stadt Lärmen, rennen den Wiesen zu und geben Feuer, und
die Bürger thun dieses auch."
 
Annotationen