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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Bader, Joseph: Die Zerstörung von Heidelberg im orleans'schen Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0565
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„Dieses war das Zeichen zur allgemeinen Auflösung. Die
bürgerlichen Posten, welche man nie abgelöst, nie visitiert
hatte, verließen ihre Standpunkte, die Truppen zogen sich in
wildem Gedränge zurück und eilten dem Schlosse zu, um dort
eine Zuflucht zu finden. So war die arme Stadt, ohne Sturm,
selbst ohne ernstlichen Angriff, im Angesichte eines ansehnlichen
Entsatzheeres, ihren Henkern überliefert."
„Von den zurückgebliebenen Einwohnern nahm der Feind
einige Hundert gefangen; die übrigen erlitten schmachvolle Miß-
handlungen. Am grausamsten verfuhr er gegen Wehrlose und
Schwache; viele Bürger wurden niedergehauen oder gestoßen,
geprügelt und nackt ausgezogen, viele Weiber und Jung-
frauen (einige sogar öffentlich und bis zum Tode) geschändet
oder sonst mißhandelt."
„Fünf Regimenter zogen plündernd und sengend durch
die Stadt. Das Morden der Männer, das Schänden der Frauen,
das Quälen der Greise und Kinder wurde von denFlammen
beleuchtet, womit der „allerchristlichste König" die unglückliche
Stadt zum Zweitenmale heimgesucht."
„Was von den Bewohnern noch übrig war, wurde in die
Heiliggeist-Kirche getrieben, wie in einen Pferch. Dort
erlaubten sich französische Kannibalen sogar am Altäre unmensch-
liche Schändlichkeitn, steckten die Kirche hierauf in Flammen
und waideten ihre Ohren an dem Geheule der Eingesperrten, über
deren Köpfen die Glocken schmolzen und der Thurm einzustürzen
drohte. Erst beim äußersten Augenblicke der Lebensgefahr ließ
man die Verzweiflungsvollen heraus, um sie im Kapuziner-
kloster vollends auszuplündern und auf's Neue zu quälen."
„Während dessen stand die Stadt in vollen Flammen.
Die meisten Kirchen wurden niedergebrannt oder stark beschädigt;
die Univ ersit äts-Gebäude giengen ganz zu Grunde, und von
den Privathäusern blieben nur wenige verschont."
„Am folgenden Tage gieng auch das Schloß auf gleiche
Weise an die Franzosen über; denn es hatte Heidersdorf auf
seine Miene hin, dasselbe vertheidigen zu wollen, die höhnische
Erwiderung erhalten: Was ihm einsalle, das für die unhalt-
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