Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

DOI Heft:
Die Juden in Konstanz. Nach den Urkunden des dortigen Stadtarchives
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0034
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20

Diese Worte geben uns einen Fingerzeig zum Verständnisse
einer abscheulichen Erscheinung des Mittelalters — der Juden-
versolgungen. Die Herren närnlich, welche das Schwert
sührten, die Landherren und die ritterftändischen Bürger, fanden
in der Vertilgung ihrer Gläubiger das leichteste Mittel zur
Entledigung ihrer Schuldenlast, und gebrauchten zu ihren Mord-
thaten ein Feldgeschrei, welches mit dem Geiste des Christen-
tums in empörendem Widerspruche stand. Seit den Zeiten der
Kreuzzüge im 12ten und 13ten Jahrhuiiderte hatte sich in ge-
steigerten Verhältnissen, mit der Verbreitung der Gegenstände
des Genusses und Auswandes, auch der Hang dazu bei
den Länd- und Städtebewohnern vermehrt, ohne daß der Ertrag
ihrer Güter, Gewerbe und Wirthschasten damit gleichen Schritt
hielt. Dieses Mißverhältniß dauerte fort im 14ten Jahrhundert
und wird von unterrichteten Zeitgenossen als Ursache jener
Versolgungen augesehen H.

Unter solchen Umständen und bei den abenteuerlichen Vor-
stellungen von den Gebräuchen der jüdischen Religion be-
durfte es öfters nur eines geringsügigen Anlasses, um die Volks-
wuth gegen die Jsraeliten in Harnisch zu bringeu. So geschah
es auch zu Konstanz im Jahre 1333. Juden sollen, wie
man sagte, von einem Christen eine Hostie gekaust und in die-
selbe gestochen haben. Bei sedem Stiche sei Blut aus derselbeu
Mossen, was zehn Menschen gesehen hätten. Das darüber rasend
gewordene Volk ergriff die nächsten besten Juden und schlachtete
sie mit dem Beile, wie mau Stiere schlachtet. Eils oder zwölf
Juden sollen überdies noch verbrannt und sechs bis neun in
den Rhein geworfen worden sein.

Dies war aber nur das kleine Vorspiel zu einem großen
Blutbade; denn dem Jahre 1348 war es vorbehalten, gegen die
Juden eine der grausamsten Verfolgungen in vielen Ländern
zngleich auszuführen. Eine aus Jtalien, Frankreich und Spa-

4) Man zählt als Hauplursachen der grausamen Judenversolgungen die
wucherischen Geldgeschäfte der Juden auf, die Sucht, christliche Knechte
uno'Niägde in ihre Dienste zu verlocken, die Sage vom Brunnenver-
 
Annotationen