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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Eine Schwarzwald=Wanderung, 1858
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0300
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Man wird in Deutschland schwerlich eine Waldgebirgsland-
schaft sinden, wo der Z e i t f o r t s ch r i t t neben der alteinhei-
mischen Sitte und Denkweise so glänzend sich darstellt, wie auf
nnserem Schwarzwalde. Es spiegelt sich da, wie in einer
großen Hauptstadt, das allgcmcin europäische Gepräge im
Erscheinen seiner Bewohner — man hört nnter denselben fast
alle europäischen Sprachen und findet bei ihnen nicht allein
die in Europa allgemein herrschende Kleidertracht, sondern
auch die hervortretendsten Mcrkmale der gemeinschaftlichen euro-
päifchen Gesellschaftsbildung. Sie thun sich hierauf etwas
zu Gute und wir wollen sie darum nicht tadeln.

Diese Richtung indesfen hat ihre S ch a t t e n s e i t e, wie
Alles nntcr der lieben Sonne. Jch male dieselbe nicht aus,
hege aber im Stillen die Ueberzeugung, daß das Altheimat-
liche im schwarzwäldifchen Character noch immer Dasjenige sei,
ohne defsen verständiges, solides, bescheidenes, religiös-fittliches
Wesen das rühmliche Glück des Schwarzwaldes wohl in BLlde
traurig zerfallen würde.

Von Kappel gelangte ich auf einem engen felsigen Wege,
in der übelbezcichneten Gegend der Schleifmüle an die Haslach
hinab, welche aus dem Lenzkircher Thale kommt und bald her-
nach in die Wutach fällt. Dann gieng's wieder aufwärts nach
der Landstraße, mitten in dichtem Thannenwald.

Dicser Forst, durch welchen das kleine Reich enbächlein
der Wutach zueilt, bedeckte ehedem die ganze Gegend vom Schö-
nenberg bis an die Felder von Gündelwangen. Da sie-
deltcn sich 1362 etliche armcn Einsiedler paulinischen Ordens
darin an und gründeten das Klösterlein „zura grünen Wald".
Die Stelle ihrer Niederlassung hieß die „wilde Hube", war alfo
ein altes verlaffcnes, mit Gehölz überwachsenes Hubengut.
Dasselbe gehörte dem Gotteshause S. Blasien, welches den
heimatlosen Brüdern damit ein Geschenk machte.

Vicr große mit Kreuzen behauene Buchenbäume bezeich-
neten die Gränzen dieses Eigentums, wo die guten Brüder nun
das Gehölze ausreuteten und sich anbauten. Dabei versprachen
dieselben, weder die Reutung femals weiter auszudehnen, noch
 
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