Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

DOI Heft:
Im Balderich. Ein Baden-Badener Genrebild
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0413
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
399

Der Balderich war damals wegen seiner großen Räum-
lichkeit und seinem besonders „gelinden Wasser", welches für
das beste in Baden gehalten wurde, ein Badegasthaus von gro-
ßem Rufe, wo neben zahlreichem Landvolke auch vornehmere
Gäste einzusprechen pflegten.

Der gemeine Mann ans der Umgegend badete und zechte
gewöhnlich dort an Sonn- und Feiertagen, zumal aber an Jo-
hanni, wo sich „dic Bauern einbildeten, wenn sie an selbigem
Abend ein Bad nähmen, hiedurch für's ganze Jahr von allen
Krankheiten befreit zu fein." Als der berühmte Neifebeschrei-
ber Zeiler^) in den 30er Jahren des vorvorigen Säculums
einst an obigem Tage mit feinen Gefährten nach Baden kam,
hatten sie anderhalb Stunden lang herum zu laufen, nm ,,end-
lich mit harter Mühe ein Lofament zu bekommen, so viel B ad-
leut, sondcrlich Bauern, waren in der Stadt vorhanden."

Solchcn zahlreichen Besuches scheint sich der Balderich
auch im Anfange des vorigen Jahrhunderts noch erfreut zu ha-
ben, wo der Altbürgermeister Vogel das Gasthaus besaß. We-
nigstens ließ der Stiftsdecan von Meres sich verleitcn, mit
der eintraglichen Herberge eine Speculation zu machen, indem
er sie erkaufte und um hohen Pachtzins wieder verlehnte.

Nun aberkonnte „bei folchemPreise kein ehrlicher Mann
darauf bestehen", das Haus gerieth daher in Hände, die etwas
sehr Zweidentiges daraus machten, nnd wurde „von solchen
Leuten besorgt, daß sein Ruf gänzlich herabkam."

Man bedauerte dieses Verkonunen eines so altbelobten Bade-
gasthauses um so lauter, als „allein der Salmen, derHirfch
und Drache damals noch eine Einkehr für honnete Leute wa-
ren", gerade zu einer Zeit, wo Baden „durch viele, großcn-
theils hochansehnliche Kurgästc, wegen der vortrefflichen Wirkun-
gen seines Heilwassers, neuerdings renomiert und stark frequen-
tiert zu werden begann."

Als im Jahre 1767 eine obrigkeitliche Musterung der Ba-
dener Gasthauser vorgenommen wurde, wpllten die Commissäre

8) Itiverarium 6ermanias, Straßb. 1674. t, 216.
 
Annotationen