DOI issue:
Markgraf Philibert und die fahrenden Schüler
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0420
406 - -
Dort, wo der Elbe stattlicher Strom in munteren Wellcn
Frendiglich Wittenberg's gastliche Mauern bespült.
Da, mit neidischem Sinn entriß mich das launische Schicksal
Nnbarmherzig dem Dienst', den ich aus Liebe gewählt,
Und gebot mir so strenge zur Heimat die schleunige Nückkehr,
Daß auf der Wanderung weit Barschast und Mnt'h ich verlor.
Druni erhebt sich, gepriesener Fiirst, des Darbenden Stimme
Flehentlich auf zu Dir, hofsend etn gnädig Gehör!
Dieses ist der kurze Juhalt des langeu Poems voll schön-
klingender Worte, wie man eben damals die Prosa deutscher
Gedanken lateinisch zu versifieiercn Pslegte. Jene lateinische
Dichtkunst, welche so hoch gehalten wurde, war meistens nur
eine Spiclcrei mit wohlgedrechselten Phrasen uud wohlapplieier-
ten Reminiscenzen aus den Alten; aber sie verschaffte dem Poöten
allenthalbcn Lob und Geltnng, während sich die Gedichte der gu-
ten Muttersprache mit ihren hinkendeu Knittelreimen er-
bärmlich daneben ausnahmen.
Jn kürzercm Latein wendeten sich die Studenten Bosco-
nelli und Horrye, aus der wälschen Schweiz, um eine Gabe
an den Markgrafen. „Auf unserer Heimkehr aus Niederdeutsch-
land", erzählen sie, „sind wir im Walde bei Dornick von Räu-
bern nberfallen nnd nicht allein nnserer Barschaft, sonderu selbst
aller Kleider beraubt worden ^). Diese elende Lage nöthiget
uns nun, mit Unterdrücküng alles Schamgcfühles, andere guten
Leute anzubetteln, nm in noMro lloe liteimruiu omi'iouio kvciter
fort zu kommen."
Auch der Staßburger Musensohn Zsander, aus Käsmark
in der uugarischen Grafschaft Zips, beries sich auf des Mark-
grafen „allbekannte gnädige Gesinnung für nii8ei-08 )uv6U68
llOII68tgI IIIN littzl'NI'UII! tzt Nl'tÜlIII 8tiukiu 866tLII!t68 ", und bat
denselben um etwas Beisteuer zu einer Kur in Baden, da ihm
gute Leute gerathen, seine Krätze und andere Uebel H daselbst zu
6) Die Landstreicher machten fich kein großes Gewisscn daraus, an
günstigen Oertlichkeiten ehrtiche Wanderer anzugreifen und zn plündcrn.
Wehrte sich einer, so wurde er getödet und sein Leichnam verscharrt.
7) Der arnie Junge, unter vier Augen gcfagt, hatte die damals be-
Dort, wo der Elbe stattlicher Strom in munteren Wellcn
Frendiglich Wittenberg's gastliche Mauern bespült.
Da, mit neidischem Sinn entriß mich das launische Schicksal
Nnbarmherzig dem Dienst', den ich aus Liebe gewählt,
Und gebot mir so strenge zur Heimat die schleunige Nückkehr,
Daß auf der Wanderung weit Barschast und Mnt'h ich verlor.
Druni erhebt sich, gepriesener Fiirst, des Darbenden Stimme
Flehentlich auf zu Dir, hofsend etn gnädig Gehör!
Dieses ist der kurze Juhalt des langeu Poems voll schön-
klingender Worte, wie man eben damals die Prosa deutscher
Gedanken lateinisch zu versifieiercn Pslegte. Jene lateinische
Dichtkunst, welche so hoch gehalten wurde, war meistens nur
eine Spiclcrei mit wohlgedrechselten Phrasen uud wohlapplieier-
ten Reminiscenzen aus den Alten; aber sie verschaffte dem Poöten
allenthalbcn Lob und Geltnng, während sich die Gedichte der gu-
ten Muttersprache mit ihren hinkendeu Knittelreimen er-
bärmlich daneben ausnahmen.
Jn kürzercm Latein wendeten sich die Studenten Bosco-
nelli und Horrye, aus der wälschen Schweiz, um eine Gabe
an den Markgrafen. „Auf unserer Heimkehr aus Niederdeutsch-
land", erzählen sie, „sind wir im Walde bei Dornick von Räu-
bern nberfallen nnd nicht allein nnserer Barschaft, sonderu selbst
aller Kleider beraubt worden ^). Diese elende Lage nöthiget
uns nun, mit Unterdrücküng alles Schamgcfühles, andere guten
Leute anzubetteln, nm in noMro lloe liteimruiu omi'iouio kvciter
fort zu kommen."
Auch der Staßburger Musensohn Zsander, aus Käsmark
in der uugarischen Grafschaft Zips, beries sich auf des Mark-
grafen „allbekannte gnädige Gesinnung für nii8ei-08 )uv6U68
llOII68tgI IIIN littzl'NI'UII! tzt Nl'tÜlIII 8tiukiu 866tLII!t68 ", und bat
denselben um etwas Beisteuer zu einer Kur in Baden, da ihm
gute Leute gerathen, seine Krätze und andere Uebel H daselbst zu
6) Die Landstreicher machten fich kein großes Gewisscn daraus, an
günstigen Oertlichkeiten ehrtiche Wanderer anzugreifen und zn plündcrn.
Wehrte sich einer, so wurde er getödet und sein Leichnam verscharrt.
7) Der arnie Junge, unter vier Augen gcfagt, hatte die damals be-