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X. ABENTEUER,
X. ABENTEUER,
DIE TÖCHTER DES GRAFEN VOM SCHWARZEN DORN.
Inzwischen ist unter den Töchtern des Grafen vom Schwarzen Dorne
ein Streit um das väterliche Erbe ausgebrochen. Die ältere sucht der
jüngern ihren Antheil vorzuenthalten. Die letztere dringt auf Entschei-
dung durch Zweikampf und erklärt, sich von Artus’ Hofe einen Kämpfer
zu holen. Allein die ältere kömmt ihr zuvor und gewinnt dort den besten
Ritter, Gawein, zu ihrem Streiter. Für die jüngere Schwester war nun
vor der Hand kein Helfer mehr da; sie beschließt daher, den unbekannten
Ritter mit dem Löwen aufzusuchen, von dem sie unterdessen viel Rühm-
liches gehört hat; nach alter Kampfessitte sind ihr dazu vierzig Tage Zeit
belassen. Nach langem vergeblichen Suchen muß sie jedoch, den Be-
schwerden der Reise nachgebend, bei einem Verwandten einkehren und
da verweilen. Derselbe sendet an ihrer Statf^seine Tochter aus, den Ritter
mit dem Löwen zu 'Stichern Diese führt ein glücklicher Zufall auf die
Burg, wo jener den Riesen erschlug; von dem Wirthe wird ihr der Weg
gezeigt, den er bei seinem Abschiede eingeschlagen; denselben verfolgt
sie am andern Morgen und gelangt auf dieser Spur an den Brunnen, wo
jener den Truchseß und seine Brüder erschlagen hatte. Von dort wird
sie durch Luneten weiter geleitet und erreicht endlich die Burg, auf der
er zuletzt geweilt und für sich und seinen Löwen Heilung gefunden hatte.
Da er erst kurz vor ihrem Eintreffen von hier weggeritten, so gelingt es
ihr, ihn noch einzuholen und auch die Zusage von ihm zu erhalten, daß
er den Zweikampf übernehmen wolle.
S. 209
Do begunde der töt in den tagen
einen gräven beclagen
und mit gewalte twingen
ze nötigen dingen,
den von dem Swarzen dorne,
des was er der verlorne:
wand’ er muos’ im ze suone geben
beide gesunt und sin leben,
der dännoch lebende hie
zwo schoene juncvrouwen lie.
5625
5630
Nü wolde diu alte
die jungen mit gewalte
5635
5626 beclagen einen, als Kläger .gegen einen auftreten, ihn verklagen;
hier etwa: sein Recht an einem geltend machen. — 5628 notec adj., noth-
voll, hilflos, bedrängt; ze notigen dingen, in bedrängte Lage, Bedrängniss. —
5631 ze suone, zur Sühne, zum Ausgleich, zur Befriedigung. — 5632 gesunt
stm., Gesundheit.
5635 diu alte, die ältere der beiden Schwestern. —
X. ABENTEUER,
X. ABENTEUER,
DIE TÖCHTER DES GRAFEN VOM SCHWARZEN DORN.
Inzwischen ist unter den Töchtern des Grafen vom Schwarzen Dorne
ein Streit um das väterliche Erbe ausgebrochen. Die ältere sucht der
jüngern ihren Antheil vorzuenthalten. Die letztere dringt auf Entschei-
dung durch Zweikampf und erklärt, sich von Artus’ Hofe einen Kämpfer
zu holen. Allein die ältere kömmt ihr zuvor und gewinnt dort den besten
Ritter, Gawein, zu ihrem Streiter. Für die jüngere Schwester war nun
vor der Hand kein Helfer mehr da; sie beschließt daher, den unbekannten
Ritter mit dem Löwen aufzusuchen, von dem sie unterdessen viel Rühm-
liches gehört hat; nach alter Kampfessitte sind ihr dazu vierzig Tage Zeit
belassen. Nach langem vergeblichen Suchen muß sie jedoch, den Be-
schwerden der Reise nachgebend, bei einem Verwandten einkehren und
da verweilen. Derselbe sendet an ihrer Statf^seine Tochter aus, den Ritter
mit dem Löwen zu 'Stichern Diese führt ein glücklicher Zufall auf die
Burg, wo jener den Riesen erschlug; von dem Wirthe wird ihr der Weg
gezeigt, den er bei seinem Abschiede eingeschlagen; denselben verfolgt
sie am andern Morgen und gelangt auf dieser Spur an den Brunnen, wo
jener den Truchseß und seine Brüder erschlagen hatte. Von dort wird
sie durch Luneten weiter geleitet und erreicht endlich die Burg, auf der
er zuletzt geweilt und für sich und seinen Löwen Heilung gefunden hatte.
Da er erst kurz vor ihrem Eintreffen von hier weggeritten, so gelingt es
ihr, ihn noch einzuholen und auch die Zusage von ihm zu erhalten, daß
er den Zweikampf übernehmen wolle.
S. 209
Do begunde der töt in den tagen
einen gräven beclagen
und mit gewalte twingen
ze nötigen dingen,
den von dem Swarzen dorne,
des was er der verlorne:
wand’ er muos’ im ze suone geben
beide gesunt und sin leben,
der dännoch lebende hie
zwo schoene juncvrouwen lie.
5625
5630
Nü wolde diu alte
die jungen mit gewalte
5635
5626 beclagen einen, als Kläger .gegen einen auftreten, ihn verklagen;
hier etwa: sein Recht an einem geltend machen. — 5628 notec adj., noth-
voll, hilflos, bedrängt; ze notigen dingen, in bedrängte Lage, Bedrängniss. —
5631 ze suone, zur Sühne, zum Ausgleich, zur Befriedigung. — 5632 gesunt
stm., Gesundheit.
5635 diu alte, die ältere der beiden Schwestern. —