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Die Entwicklung der arabischen Papyruskunde und die Bedeutung der Papyri Schott-Reinhardt.
Im Juni 1825 legte er seine Resultate der Academie Royale vor, und sein Bericht erschien als
«Memoire sur quelques Papyrus ecrits en arabe et recemment decouverts en Egypte» im
Journal des Savans 1825 (aoüt), p. 462—73. Dies war die erste arabische Papyruspublikation,
in der das paläographische Interesse noch weit das inhaltliche überwiegt. Erst sechs Jahre
danach erschien die Arbeit auch in der Academie.1)
Zwei Jahre später, am 30. März 1827, las dann de Sacy ein zweites «Memoire sur
deux papyrus, ecrits en langue arabe, appartenant ä la collection du roi», das zunächst unter
dem Titel: «Nouveaux apertpis sur l’histoire de lAcriture chez les Arabes du Hedjaz» im
Journal Asiatique X (1827), p. 209 ff., und erst 1833 im Bd. X (p. 65—88) der Academie
erschien. Diese zwei Papyri stammten aus der von Drovetti 1825 an den König verkauften
Sammlung ägyptischer Altertümer. Es waren ein Paß2), nach Art und Zeit den obigen ver-
wandt, und ein Brief an Usäma b. Zaid, letzterer angeblich von a. H. 40. De Sacy möchte
in diesem Usäma den bekannten Genossen Ibn Härita sehen; es handelt sich aber wahrschein-
lich um den ägyptischen Statthalter el-Tanülji. Dann müßte natürlich das Datum anders
gelesen werden, aber dessen Unsicherheit konstatiert ja de Sacy selbst ausdrücklich.
Auf diese wenigen Dokumente3) war man noch 1850 angewiesen, als Μ. J. B. Silvestres
«Universal Palaeography» erschien. Auf Tafel XXIX dieses Werkes erscheinen zwei der
oben genannten Pässe von a. H. 133.
Auch W. Wrights großangelegte «The Palaeographical Society, Oriental Series»
(London 1875—83) PI. V hat wenigstens an Papyri nichts Neues zu bieten. So stehen die
ganzen Anfänge der arabischen Papyruskunde unter dem Namen de Sacy, wenn wir in dieser
Zeit überhaupt schon von arabischer Papyruskunde reden wollen. Ihre eigentliche Geburts-
stunde erlebte diese Disziplin aber erst mit dem Beginn des letzten Viertels des verflossenen
Jahrhunderts, als großartige und massenhafte neue Funde nach Europa kamen und der Mann
sich der Sache annahm, dem wir auf diesem Gebiet unzweifelhaft das meiste verdanken —
Josep Karabacek. Nun erst erwachte das Interesse für den geschichtlichen und kulturgeschicht-
lichen Wert dieser Funde, der jetzt auch zum erstenmal überwältigend in Erscheinung trat.
Mit dem Winter 1877/78 begannen diese Funde, die zuerst im Fajjüm stattfanden,
dann aber auch bald in anderen Teilen Oberägyptens nachweisbar wurden. Durch den
ägyptischen Antiquitätenhandel kamen sie in die verschiedensten Hände.4) Es waren Papyri
aus allen Kulturepochen des historischen Ägyptens, bedeckt mit den verschiedenartigen Schrift-
charakteren, die im Laufe der Jahrhunderte dort zur schriftlichen Festlegung gedient hatten, hie-
roglyphische, hieratische, demotische, griechische, koptische, mittelpersische (pehlewi), syrische,
hebräische und arabische Papyri.5) Von diesem Zeitpunkte an datiert auch die griechische
Papyruskunde ihren Aufschwung*’), nicht nur die arabische, welch letztere wir ausschließlich
verfolgen. Einige vereinzelte Stücke, ein Muzäraa-Vertrag und ein Frauenbrief, wurden schon
1880 von O. Loth publiziert.7) Aber schon vorher hatte J. Karabacek begonnen, durch Ver-
mittlung von Theodor Graf den Strom nach Wien zu lenken, wo nun in den folgenden Jahren
0 Mem. Acad. Roy. IX, 66 ff. (1831).
2) Diese Urkunde, von der· de Sacy nur einiges
mitteilt und die in extenso erst, von Reinaud publi-
ziert, im Textband von Silvestres Palaeography
S. 84 f. erschien, hatte merkwürdige Schicksale. In
nicht mehr aufzuklärender Weise kam sie aus der
Bibliothek Karls X. in die Sammlung Raife (vgl.
Lenormant, Description des antiquites comp. la Col-
lection du feu Μ. A. Ralfe, Paris 1867, p. 53, 438 bis)
und aus ihr ins British Museum (Catal. Cod. Mss.
Orient. Mus. Britt, ass. II, 760, Nr. MDCL).
3) Das arabische Protokoll der lateinischen Bulle
de Tournus kann hierbei nicht zählen; vgl. Charte
Latine sur Papyrus d'Egypte de Vannie 876 (Paris
1835), dd. Chamrollion-Figrac ; Amari, Storia dei
Musulmani di Sicilia II, 299, Anm. 2; Karabacek
MPER II/III, S. 104 f.
4) Wilcken, Papyrusurlcunden, S. 13 ff.; Kara-
bacek, Der Papyrusfund von El-Faijüm, Wien 1884
(Sep. DWAW phil. hist. CI. XXIII), S. 1 f.
5) Karabacek, Ergebnisse aus den Papyrus Erz-
herzog Rainer (Wien 1889), S. 9, Anm. 4.
6) Wilcken 1. c.
’) Zwei arabische Papyrus ZDMG 34, S. 685 ff.;
über die anderen ersten Berichte vgl. die Literatur
bei Karabacek, Papyrusfund, S. 2.
Die Entwicklung der arabischen Papyruskunde und die Bedeutung der Papyri Schott-Reinhardt.
Im Juni 1825 legte er seine Resultate der Academie Royale vor, und sein Bericht erschien als
«Memoire sur quelques Papyrus ecrits en arabe et recemment decouverts en Egypte» im
Journal des Savans 1825 (aoüt), p. 462—73. Dies war die erste arabische Papyruspublikation,
in der das paläographische Interesse noch weit das inhaltliche überwiegt. Erst sechs Jahre
danach erschien die Arbeit auch in der Academie.1)
Zwei Jahre später, am 30. März 1827, las dann de Sacy ein zweites «Memoire sur
deux papyrus, ecrits en langue arabe, appartenant ä la collection du roi», das zunächst unter
dem Titel: «Nouveaux apertpis sur l’histoire de lAcriture chez les Arabes du Hedjaz» im
Journal Asiatique X (1827), p. 209 ff., und erst 1833 im Bd. X (p. 65—88) der Academie
erschien. Diese zwei Papyri stammten aus der von Drovetti 1825 an den König verkauften
Sammlung ägyptischer Altertümer. Es waren ein Paß2), nach Art und Zeit den obigen ver-
wandt, und ein Brief an Usäma b. Zaid, letzterer angeblich von a. H. 40. De Sacy möchte
in diesem Usäma den bekannten Genossen Ibn Härita sehen; es handelt sich aber wahrschein-
lich um den ägyptischen Statthalter el-Tanülji. Dann müßte natürlich das Datum anders
gelesen werden, aber dessen Unsicherheit konstatiert ja de Sacy selbst ausdrücklich.
Auf diese wenigen Dokumente3) war man noch 1850 angewiesen, als Μ. J. B. Silvestres
«Universal Palaeography» erschien. Auf Tafel XXIX dieses Werkes erscheinen zwei der
oben genannten Pässe von a. H. 133.
Auch W. Wrights großangelegte «The Palaeographical Society, Oriental Series»
(London 1875—83) PI. V hat wenigstens an Papyri nichts Neues zu bieten. So stehen die
ganzen Anfänge der arabischen Papyruskunde unter dem Namen de Sacy, wenn wir in dieser
Zeit überhaupt schon von arabischer Papyruskunde reden wollen. Ihre eigentliche Geburts-
stunde erlebte diese Disziplin aber erst mit dem Beginn des letzten Viertels des verflossenen
Jahrhunderts, als großartige und massenhafte neue Funde nach Europa kamen und der Mann
sich der Sache annahm, dem wir auf diesem Gebiet unzweifelhaft das meiste verdanken —
Josep Karabacek. Nun erst erwachte das Interesse für den geschichtlichen und kulturgeschicht-
lichen Wert dieser Funde, der jetzt auch zum erstenmal überwältigend in Erscheinung trat.
Mit dem Winter 1877/78 begannen diese Funde, die zuerst im Fajjüm stattfanden,
dann aber auch bald in anderen Teilen Oberägyptens nachweisbar wurden. Durch den
ägyptischen Antiquitätenhandel kamen sie in die verschiedensten Hände.4) Es waren Papyri
aus allen Kulturepochen des historischen Ägyptens, bedeckt mit den verschiedenartigen Schrift-
charakteren, die im Laufe der Jahrhunderte dort zur schriftlichen Festlegung gedient hatten, hie-
roglyphische, hieratische, demotische, griechische, koptische, mittelpersische (pehlewi), syrische,
hebräische und arabische Papyri.5) Von diesem Zeitpunkte an datiert auch die griechische
Papyruskunde ihren Aufschwung*’), nicht nur die arabische, welch letztere wir ausschließlich
verfolgen. Einige vereinzelte Stücke, ein Muzäraa-Vertrag und ein Frauenbrief, wurden schon
1880 von O. Loth publiziert.7) Aber schon vorher hatte J. Karabacek begonnen, durch Ver-
mittlung von Theodor Graf den Strom nach Wien zu lenken, wo nun in den folgenden Jahren
0 Mem. Acad. Roy. IX, 66 ff. (1831).
2) Diese Urkunde, von der· de Sacy nur einiges
mitteilt und die in extenso erst, von Reinaud publi-
ziert, im Textband von Silvestres Palaeography
S. 84 f. erschien, hatte merkwürdige Schicksale. In
nicht mehr aufzuklärender Weise kam sie aus der
Bibliothek Karls X. in die Sammlung Raife (vgl.
Lenormant, Description des antiquites comp. la Col-
lection du feu Μ. A. Ralfe, Paris 1867, p. 53, 438 bis)
und aus ihr ins British Museum (Catal. Cod. Mss.
Orient. Mus. Britt, ass. II, 760, Nr. MDCL).
3) Das arabische Protokoll der lateinischen Bulle
de Tournus kann hierbei nicht zählen; vgl. Charte
Latine sur Papyrus d'Egypte de Vannie 876 (Paris
1835), dd. Chamrollion-Figrac ; Amari, Storia dei
Musulmani di Sicilia II, 299, Anm. 2; Karabacek
MPER II/III, S. 104 f.
4) Wilcken, Papyrusurlcunden, S. 13 ff.; Kara-
bacek, Der Papyrusfund von El-Faijüm, Wien 1884
(Sep. DWAW phil. hist. CI. XXIII), S. 1 f.
5) Karabacek, Ergebnisse aus den Papyrus Erz-
herzog Rainer (Wien 1889), S. 9, Anm. 4.
6) Wilcken 1. c.
’) Zwei arabische Papyrus ZDMG 34, S. 685 ff.;
über die anderen ersten Berichte vgl. die Literatur
bei Karabacek, Papyrusfund, S. 2.