Urkunden von Qorra und Herkunft der Heidelberger Stücke.
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Leitung des Jahjä b. Hanzala vom Sa'ban 92 bis Ramadan 93 der Neubau durchgeführt.1)
Nachts soll Qorra im Neubau Weingelage mit Musikbegleitung abgehalten haben.2) Diefee
Gottlosigkeit soll die Azraqiten veranlaßt haben, sich zu seiner Ermordung zu verschwören.
Er erfuhr von dem Komplott und tötete die Verschworenen. Die Einzelheiten des Aus-
baus brauchen uns hier nicht zu interessieren. Nur auf zwei Tatsachen möchte ich hin-
weisen, die uns Qorra auf einem wichtigen Gebiet als Neuerer zeigen, nämlich im Kultus.
Er gründet ein neues Mimbar und errichtet das erste hohle Mihräb (mihräb mugawwaf).3)
Die Frage des Mimbar habe ich in einer kleinen Schrift: «Die Kanzel im Kultus des alten
Islam»4) erörtert. Wahrscheinlich ist dies Symbol der fürstlichen Gewalt durch 'Abd el-'azlz
in den Kultus eingeführt worden. Während des Umbaus wird es von Qorra nach der
Qaisärijjat el-'asal transportiert, die als interimistische Moschee diente.5) Im Jahre 94, also
ein Jahr nach der Fertigstellung des Neubaus, errichtet er ein neues6) Mimbar. Nach einer
andern Version soll erst Qorra das Mimbar in den Kult eingeführt haben.7) Jedenfalls aber
ist sein Name mit der Einführung des hohlen Mihräb verknüpft. Der spätere Islam ist sich
wohl bewußt, daß das Mihräb eine Neuerung (bicTa) ist, aber das igma hat es aus Utilitäts-
gründen für eine löbliche Neuerung erklärt. Deshalb muß es ein Heiliger eingeführt haben.
In der Omajjadenzeit hatte man hierfür nur Omar II. zur Verfügung.8) Geschichtlich ist
meines Erachtens bloß, daß diese Neuerung am Ende des 1. Jahrhunderts eingeführt wurde.
Qorra bezeichnet den Zeitpunkt der Einführung für Ägypten. Die Frage nach Mimbar und
Mihräb berührt sich aufs engste mit der Frage der Entstehung des islamischen Kultus über-
haupt. In unsrem Zusammenhang mußte sie wenn auch nur im Vorübergehen gestreift
werden, da diese beiden Neuerungen das Wesentlichste sind, was arabische Quellen von
Qorras speziellen Maßnahmen zu erzählen wissen.
Gewissenhaft, wie arabische Historiker sind, führt B. Tagribirdl I, 248, 13, nach
B. Jünus an, daß Qorra auch im isnäd einer Tradition vorkommt. Er soll Sa'ld b. el-Musajjab
gefragt haben, ob es erlaubt sei, ein Sklavenpaar, dem man die Heirat gestattet, wieder zu
trennen. B. el-Musajjab erklärt es für unzulässig. Dies ist das einzige hadit, in dem Qorras
Namen vorkommt.
Dies ist das Bild, das wir von Qorra als Mensch und Beamter gewinnen, wenn wir
die literarischen Quellen vorsichtig interpretieren. Durch die Urkunden erfährt es dann
eine wesentliche Bereicherung und Vertiefung. Jedenfalls ist Qorra eine markante Persönlich-
keit in den Anfängen des ägyptischen Islam.
2. Urkunden von Qorra und Herkunft der Heidelberger Stücke.
Unter den ägyptischen Statthaltern des ersten Jahrhunderts ist Qorra derjenige, von
dem sich die meisten Urkunden erhalten haben. Diese datieren nicht etwa alle von einem
Fund, sondern sie stammen aus den verschiedensten Teilen Ägyptens. Schon die Wiener
Sammlung enthält zwei Protokolle, das Bestallungsdiplom eines Finanzbeamten und eine
Steuerquittung.9 *) ·*)) Die letzte dieser Urkunden ist für uns von besonderer Bedeutung, weil
sie an einen Finanzbeamten von Herakleopolis Magna, d. h. also Ahnäs, gerichtet ist, weil
sie zweisprachig ist, wie einige unsrer Urkunden, und die gleiche auffallende Datierung zeigt.
*) B. Tagribirdl I, 78, 2.
2) Ib. I, 242, 9.
s) Vielleicht auch die maqsüra B. Duqmäq IV, 68.
·*) Im Druck; erscheint im Verlage von Töpel-
mann, Gießen 1906 (Sep. der Nöldeke-Festschrift
Orientalische Studien, p. 331 ff.).
6) Eutychius ed. Pocockiüs II, 374 f.; B. Tagrlbir-
dl I, 242, 7.
6) B. Tagribirdl I, 78, 8; natürlich ist JjjXI
nicht JjjAl zu lesen, wie auch B. Duqmäq IV, 63,17
richtig hat.
’) B. Tagribirdl I, 78, 18.
8) B. Tagribirdl I, 76, 9; B. Duqmäq IV, 62, 12.
») PERF 82, 83, 592, 593.
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Leitung des Jahjä b. Hanzala vom Sa'ban 92 bis Ramadan 93 der Neubau durchgeführt.1)
Nachts soll Qorra im Neubau Weingelage mit Musikbegleitung abgehalten haben.2) Diefee
Gottlosigkeit soll die Azraqiten veranlaßt haben, sich zu seiner Ermordung zu verschwören.
Er erfuhr von dem Komplott und tötete die Verschworenen. Die Einzelheiten des Aus-
baus brauchen uns hier nicht zu interessieren. Nur auf zwei Tatsachen möchte ich hin-
weisen, die uns Qorra auf einem wichtigen Gebiet als Neuerer zeigen, nämlich im Kultus.
Er gründet ein neues Mimbar und errichtet das erste hohle Mihräb (mihräb mugawwaf).3)
Die Frage des Mimbar habe ich in einer kleinen Schrift: «Die Kanzel im Kultus des alten
Islam»4) erörtert. Wahrscheinlich ist dies Symbol der fürstlichen Gewalt durch 'Abd el-'azlz
in den Kultus eingeführt worden. Während des Umbaus wird es von Qorra nach der
Qaisärijjat el-'asal transportiert, die als interimistische Moschee diente.5) Im Jahre 94, also
ein Jahr nach der Fertigstellung des Neubaus, errichtet er ein neues6) Mimbar. Nach einer
andern Version soll erst Qorra das Mimbar in den Kult eingeführt haben.7) Jedenfalls aber
ist sein Name mit der Einführung des hohlen Mihräb verknüpft. Der spätere Islam ist sich
wohl bewußt, daß das Mihräb eine Neuerung (bicTa) ist, aber das igma hat es aus Utilitäts-
gründen für eine löbliche Neuerung erklärt. Deshalb muß es ein Heiliger eingeführt haben.
In der Omajjadenzeit hatte man hierfür nur Omar II. zur Verfügung.8) Geschichtlich ist
meines Erachtens bloß, daß diese Neuerung am Ende des 1. Jahrhunderts eingeführt wurde.
Qorra bezeichnet den Zeitpunkt der Einführung für Ägypten. Die Frage nach Mimbar und
Mihräb berührt sich aufs engste mit der Frage der Entstehung des islamischen Kultus über-
haupt. In unsrem Zusammenhang mußte sie wenn auch nur im Vorübergehen gestreift
werden, da diese beiden Neuerungen das Wesentlichste sind, was arabische Quellen von
Qorras speziellen Maßnahmen zu erzählen wissen.
Gewissenhaft, wie arabische Historiker sind, führt B. Tagribirdl I, 248, 13, nach
B. Jünus an, daß Qorra auch im isnäd einer Tradition vorkommt. Er soll Sa'ld b. el-Musajjab
gefragt haben, ob es erlaubt sei, ein Sklavenpaar, dem man die Heirat gestattet, wieder zu
trennen. B. el-Musajjab erklärt es für unzulässig. Dies ist das einzige hadit, in dem Qorras
Namen vorkommt.
Dies ist das Bild, das wir von Qorra als Mensch und Beamter gewinnen, wenn wir
die literarischen Quellen vorsichtig interpretieren. Durch die Urkunden erfährt es dann
eine wesentliche Bereicherung und Vertiefung. Jedenfalls ist Qorra eine markante Persönlich-
keit in den Anfängen des ägyptischen Islam.
2. Urkunden von Qorra und Herkunft der Heidelberger Stücke.
Unter den ägyptischen Statthaltern des ersten Jahrhunderts ist Qorra derjenige, von
dem sich die meisten Urkunden erhalten haben. Diese datieren nicht etwa alle von einem
Fund, sondern sie stammen aus den verschiedensten Teilen Ägyptens. Schon die Wiener
Sammlung enthält zwei Protokolle, das Bestallungsdiplom eines Finanzbeamten und eine
Steuerquittung.9 *) ·*)) Die letzte dieser Urkunden ist für uns von besonderer Bedeutung, weil
sie an einen Finanzbeamten von Herakleopolis Magna, d. h. also Ahnäs, gerichtet ist, weil
sie zweisprachig ist, wie einige unsrer Urkunden, und die gleiche auffallende Datierung zeigt.
*) B. Tagribirdl I, 78, 2.
2) Ib. I, 242, 9.
s) Vielleicht auch die maqsüra B. Duqmäq IV, 68.
·*) Im Druck; erscheint im Verlage von Töpel-
mann, Gießen 1906 (Sep. der Nöldeke-Festschrift
Orientalische Studien, p. 331 ff.).
6) Eutychius ed. Pocockiüs II, 374 f.; B. Tagrlbir-
dl I, 242, 7.
6) B. Tagribirdl I, 78, 8; natürlich ist JjjXI
nicht JjjAl zu lesen, wie auch B. Duqmäq IV, 63,17
richtig hat.
’) B. Tagribirdl I, 78, 18.
8) B. Tagribirdl I, 76, 9; B. Duqmäq IV, 62, 12.
») PERF 82, 83, 592, 593.
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