I. Einführung in das Verständnis der Urkunden.
1. Qorra h. Sank als Statthalter von Ägypten.
Qorra b. Sank, in dessen Namen sämtliche hier behandelten Urkunden verfaßt sind,
ist eine historisch wohl bekannte Persönlichkeit.1) Sein voller Name war Qorra b. Sank b.
Murtid b. Häzim el-'Abs!2) el-QaisI3); er gehörte demnach zu den Qais b. Gailän, des
näheren zu den 'Abs, war also Nordaraber; seine Heimat war Qinnesrln in Syrien.4) Nachrichten
über seine Schicksale vor seiner Ernennung zum Statthalter von Ägypten fehlen völlig. Er
muß sich jedenfalls schon vorher in verantwortungsreicher Stellung bewährt haben, sonst
hätte ihn nicht der Chalife el-Walid unter so schwierigen Verhältnissen nach Ägypten gesetzt.
Ägypten hatte die letzten Jahrzehnte vor seiner Ernennung immer unter der Verwaltung von
Mitgliedern des Chalifenhauses gestanden. Bekannt ist die Statthalterschaft des 'Abd el-'aziz
b. Merwän, der von a. H. 65 bis zu seinem Tode, d. h. bis a. H. 85 Ägypten fast als selb-
ständiges Reich betrachtet hatte. 'Abd el-'aziz scheint nach allem, was wir über ihn wissen,
das gleiche Organisationstalent besessen zu haben wie sein Bruder, der Chalife 'Abd el-malik.
Unter ihm scheint das Land in bester Ordnung gewesen zu sein. Aber bald nach ihm, als
sein Neffe 'Abdallah b. 'Abd el-malik Statthalter geworden war, ging alles drunter und drüber.
'Abdallah war offenbar der sprichwörtliche orientalische Prinz, der sich um nichts kümmerte,
hingegen gern bereit war, sich für seine Mühewaltung Ehrengeschenke geben zu lassen, dem
Staatskasse und Privatschatulle ineinander übergingen5), wozu er als Sohn und dann als
Bruder des regierenden Chalifen sich berechtigt glauben mochte. Die Schwierigkeiten, die
Qorra bei seinem Amtsantritt vorfand, waren aber nicht nur die Folge der Unfähigkeit dieses
seines Vorgängers; die Wurzel des Übels saß tiefer: nicht die Fehler eines Einzelnen, son-
dern die unvermeidlichen Dissonanzen einer Übergangszeit, der Vermischung griechischer und
orientalischer Kulturelemente brachten es mit sich, daß Schwierigkeiten entstanden. Die
Hauptschwierigkeit lag im Steuerwesen, da der Steuerverteilung die Anschauung von einer
Minderzahl herrschender Araber und einer Mehrzahl steuerpflichtiger Untertanen zugrunde
lag. Die ganz natürliche Entwicklung führte aber zu einer starken Arabisierung und Islami-
sierung auch der Kopten und dadurch kam das ganze Steuersystem ins Schwanken und
forderte Neuordnung. In der Zeit Qorras waren schon recht schwierige Verhältnisse ein-
getreten, die durch die Unfähigkeit seines Vorgängers noch an Schärfe gewonnen hatten.
Um das Unglück voll zu machen, fand unter 'Abdallah noch die erste große Teuerung statt,
die Ägypten seit der muslimischen Eroberung erlebt hatte.6) Es war dies die Teuerung des
Jahres 87 H.7) Sie dauerte auch noch das folgende Jahr an, als 'Abdallah im Safar 88 Ägypten
für einige Zeit verließ und als Stellvertreter 'Abd el-rahmän b. 'Amr el-Hauläni zurückließ.8)
Sehr charakteristisch pflegt solche Zeit der Teuerung in der Liste der Daten über den höchsten
und niedrigsten Stand des Nils zum Ausdruck zu kommen. Nach B. Tagrlbirdl war der Stand
des Nils in diesen Jahren folgender9):
b Wüstbnfeld, Statthalter I, 39; C. H. Becker,
Beiträge zur Geschichte Ägyptens 100 f.
a) B. Tagrlbirdl I, 241; hitat I, 302, 14.
3) B. el-Atir. V, 13, 10.
‘) B. Tagrlbirdl I, 242, 3.
5) B. Tagrlbirdl I, 233, 14.
») Hitat I, 203, 12.
’) B. Tagrlbirdl I, 233, 11.
«) Ib. Z. 16 ff.
9) Unsre Liste stimmt bis auf eine Kleinigkeit
mit der großen Liste dieser Daten bei 'All Mubarak
el-hitat el-gadlda XVIII, 36—109.
1. Qorra h. Sank als Statthalter von Ägypten.
Qorra b. Sank, in dessen Namen sämtliche hier behandelten Urkunden verfaßt sind,
ist eine historisch wohl bekannte Persönlichkeit.1) Sein voller Name war Qorra b. Sank b.
Murtid b. Häzim el-'Abs!2) el-QaisI3); er gehörte demnach zu den Qais b. Gailän, des
näheren zu den 'Abs, war also Nordaraber; seine Heimat war Qinnesrln in Syrien.4) Nachrichten
über seine Schicksale vor seiner Ernennung zum Statthalter von Ägypten fehlen völlig. Er
muß sich jedenfalls schon vorher in verantwortungsreicher Stellung bewährt haben, sonst
hätte ihn nicht der Chalife el-Walid unter so schwierigen Verhältnissen nach Ägypten gesetzt.
Ägypten hatte die letzten Jahrzehnte vor seiner Ernennung immer unter der Verwaltung von
Mitgliedern des Chalifenhauses gestanden. Bekannt ist die Statthalterschaft des 'Abd el-'aziz
b. Merwän, der von a. H. 65 bis zu seinem Tode, d. h. bis a. H. 85 Ägypten fast als selb-
ständiges Reich betrachtet hatte. 'Abd el-'aziz scheint nach allem, was wir über ihn wissen,
das gleiche Organisationstalent besessen zu haben wie sein Bruder, der Chalife 'Abd el-malik.
Unter ihm scheint das Land in bester Ordnung gewesen zu sein. Aber bald nach ihm, als
sein Neffe 'Abdallah b. 'Abd el-malik Statthalter geworden war, ging alles drunter und drüber.
'Abdallah war offenbar der sprichwörtliche orientalische Prinz, der sich um nichts kümmerte,
hingegen gern bereit war, sich für seine Mühewaltung Ehrengeschenke geben zu lassen, dem
Staatskasse und Privatschatulle ineinander übergingen5), wozu er als Sohn und dann als
Bruder des regierenden Chalifen sich berechtigt glauben mochte. Die Schwierigkeiten, die
Qorra bei seinem Amtsantritt vorfand, waren aber nicht nur die Folge der Unfähigkeit dieses
seines Vorgängers; die Wurzel des Übels saß tiefer: nicht die Fehler eines Einzelnen, son-
dern die unvermeidlichen Dissonanzen einer Übergangszeit, der Vermischung griechischer und
orientalischer Kulturelemente brachten es mit sich, daß Schwierigkeiten entstanden. Die
Hauptschwierigkeit lag im Steuerwesen, da der Steuerverteilung die Anschauung von einer
Minderzahl herrschender Araber und einer Mehrzahl steuerpflichtiger Untertanen zugrunde
lag. Die ganz natürliche Entwicklung führte aber zu einer starken Arabisierung und Islami-
sierung auch der Kopten und dadurch kam das ganze Steuersystem ins Schwanken und
forderte Neuordnung. In der Zeit Qorras waren schon recht schwierige Verhältnisse ein-
getreten, die durch die Unfähigkeit seines Vorgängers noch an Schärfe gewonnen hatten.
Um das Unglück voll zu machen, fand unter 'Abdallah noch die erste große Teuerung statt,
die Ägypten seit der muslimischen Eroberung erlebt hatte.6) Es war dies die Teuerung des
Jahres 87 H.7) Sie dauerte auch noch das folgende Jahr an, als 'Abdallah im Safar 88 Ägypten
für einige Zeit verließ und als Stellvertreter 'Abd el-rahmän b. 'Amr el-Hauläni zurückließ.8)
Sehr charakteristisch pflegt solche Zeit der Teuerung in der Liste der Daten über den höchsten
und niedrigsten Stand des Nils zum Ausdruck zu kommen. Nach B. Tagrlbirdl war der Stand
des Nils in diesen Jahren folgender9):
b Wüstbnfeld, Statthalter I, 39; C. H. Becker,
Beiträge zur Geschichte Ägyptens 100 f.
a) B. Tagrlbirdl I, 241; hitat I, 302, 14.
3) B. el-Atir. V, 13, 10.
‘) B. Tagrlbirdl I, 242, 3.
5) B. Tagrlbirdl I, 233, 14.
») Hitat I, 203, 12.
’) B. Tagrlbirdl I, 233, 11.
«) Ib. Z. 16 ff.
9) Unsre Liste stimmt bis auf eine Kleinigkeit
mit der großen Liste dieser Daten bei 'All Mubarak
el-hitat el-gadlda XVIII, 36—109.