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Qorra b. Sank als Statthalter von Ägypten.
Charakteristik des Mannes. Die Tradition wollte die durchgängige Verderbtheit der Omajjaden-
verwaltung darstellen; so war Qorra zum Spießgenossen des Haggäg geworden; aus dieser
Tatsache ist dann wohl auch die Charakteristik geflossen, die uns die Quellen überliefern und
die im eklatanten Widerspruch mit dem ‘Bilde steht, das wir aus unsren Urkunden von
der Verwaltung oder doch wenigstens von den Absichten Qorras gewinnen. Nach dieser
Charakteristik (B. Tagribirdi I, 242, 2) müßte er ein wahres Scheusal, ein gewalttätiger Bedrücker
gewesen sein1), während ihn die Urkunden streng nur gegen die Beamten, aber wohlwollend
gegenüber dem Volke erscheinen lassen. Deshalb dürfen wir diese Charakteristik getrost bei-
seite lassen und können annehmen, daß sie aus der Gleichsetzung mit Haggäg geflossen ist.
Freilich war Qorra kein Frommer wie seine späteren Biographen. Weintrinken und ähnliches
dem Lebensgenuß dienendes hat er ebenso für unbedenklich gehalten, wie es die Omajjaden
taten.2) Das schien dann den Späteren trefflich zum Bilde des gottlosen Scheusals im Stile
des Haggäg zu passen. Immerhin mag auch manche seiner Maßnahmen in dieser schwierigen
Übergangszeit speziell den neubekehrten Kopten als Härte erschienen sein; war es doch
wahrscheinlich gerade Qorra, der die Neubekehrten wieder zur Zahlung des Tributes (gizja)
heranzog, das heißt sie an der Kumulativquote ihrer Gemeinden teilzunehmen zwang. Diese
Maßregel bestand anfänglich nicht, noch unter 'Abd el-'aziz scheinen die Neubekehrten keine
gizja gezahlt zu haben; Omar II. muß sie aber bereits wieder abschaffen, also muß sie
unter Qorra oder seinem Vorgänger eingeführt worden sein.3)
Diese Tatsache hatte ich im Zusammenhang der ganzen Steuerentwicklung Ägyptens
im 1. Jahrhundert zu erschließen versucht, aus den literarischen oder urkundlichen Quellen
war sie direkt nicht zu entnehmen gewesen. Es ist überhaupt sehr bedauerlich, daß uns die
Quellen über die Wirtschaftspolitik Qorras fast gar keine Daten überliefern; außer der eben
entwickelten Annahme, daß er die gizja den Neubekehrten abverlangte — ob als erster, bleibe
dahingestellt — gelang es mir nur noch eine zweite wirtschaftsgeschichtlich wichtige Maß-
nahme Qorras festzustellen4): seine Wiederkultivierung verlassener Landstriche (ihjä
die uns in besonderem Lichte erscheinen muß, wenn wir uns der schweren Teuerung der
letzten Jahre erinnern, durch die gewiß weite Strecken ihre Bebauer verloren. Der Name
Qorras verbindet sich besonders mit der Wiederkultivierung und verständnisvollen Bepflanzung
von Birket el-Habas6), das man nach Qorra auch öJ J'y'-'ü nannte. Er soll Zuckerrohr-
kulturen angelegt haben. —
Die Züge, die wir aus unsren Papyri von Qorras wirtschaftlicher Tätigkeit gewinnen,
sollen unten an der Hand der Urkunden entwickelt werden. Hier mögen nur noch einige
Bemerkungen über seine uns sonst überlieferten, nicht wirtschaftlichen Maßnahmen Platz haben.
Als wichtigstes Faktum, mit dem sich der Name Qorras verbindet, erscheint überall
der Neubau der 'Amrmoschee in Fustät.7) Die primitive Gründung 'Amrs konnte natürlich
späteren Bedürfnissen nicht genügen, und so fand die erste Ausgestaltung unter Maslama b.
Muhallad a. H. 638), die zweite unter 'Abd el-'aziz a. H. 79 statt.9) Als der baulustige Walid
den Thron bestieg, wollte er seinen Namen auch mit der schon damals berühmten ‘Amr-
moschee verknüpfen, um damit zugleich das Andenken an seinen Onkel 'Abd el-'aziz zu ver-
wischen. Man denke an die durch Ramses II. ausgemeißelten Skulpturen Setis I. im Tempel
von Abydos! Der Bau des 'Abd el'aziz wurde also durch Qorra niedergerissen, und unter der
J) GuV LJih Im». L-—
2) B. Tagribirdi I, 242, 9.
3) Beiträge 100. — 4) Ib. 101.
5) Über ihjä el-mawät speziell in Ägypten vgl.
meinen Aufsatz: Die Entstehung von cUsr- und
Haräglcmd in Ägypten, Z. f. Ass. XVIII, 301 ff.
«) IJitat I, 302, 17; II, 152, 7; B. Tagribirdi I,
244, 2.
7) F. Schwally, Zur ältesten Baugeschichte der
'Amrmoschee (Straßb., Festschr. z. XLVI. Vers. d.
Phil. 1901) und die dort verzeichnete Literatur.
β) B. Tagribirdi I, 77, 3.
°) Ib. Z. 14.
Qorra b. Sank als Statthalter von Ägypten.
Charakteristik des Mannes. Die Tradition wollte die durchgängige Verderbtheit der Omajjaden-
verwaltung darstellen; so war Qorra zum Spießgenossen des Haggäg geworden; aus dieser
Tatsache ist dann wohl auch die Charakteristik geflossen, die uns die Quellen überliefern und
die im eklatanten Widerspruch mit dem ‘Bilde steht, das wir aus unsren Urkunden von
der Verwaltung oder doch wenigstens von den Absichten Qorras gewinnen. Nach dieser
Charakteristik (B. Tagribirdi I, 242, 2) müßte er ein wahres Scheusal, ein gewalttätiger Bedrücker
gewesen sein1), während ihn die Urkunden streng nur gegen die Beamten, aber wohlwollend
gegenüber dem Volke erscheinen lassen. Deshalb dürfen wir diese Charakteristik getrost bei-
seite lassen und können annehmen, daß sie aus der Gleichsetzung mit Haggäg geflossen ist.
Freilich war Qorra kein Frommer wie seine späteren Biographen. Weintrinken und ähnliches
dem Lebensgenuß dienendes hat er ebenso für unbedenklich gehalten, wie es die Omajjaden
taten.2) Das schien dann den Späteren trefflich zum Bilde des gottlosen Scheusals im Stile
des Haggäg zu passen. Immerhin mag auch manche seiner Maßnahmen in dieser schwierigen
Übergangszeit speziell den neubekehrten Kopten als Härte erschienen sein; war es doch
wahrscheinlich gerade Qorra, der die Neubekehrten wieder zur Zahlung des Tributes (gizja)
heranzog, das heißt sie an der Kumulativquote ihrer Gemeinden teilzunehmen zwang. Diese
Maßregel bestand anfänglich nicht, noch unter 'Abd el-'aziz scheinen die Neubekehrten keine
gizja gezahlt zu haben; Omar II. muß sie aber bereits wieder abschaffen, also muß sie
unter Qorra oder seinem Vorgänger eingeführt worden sein.3)
Diese Tatsache hatte ich im Zusammenhang der ganzen Steuerentwicklung Ägyptens
im 1. Jahrhundert zu erschließen versucht, aus den literarischen oder urkundlichen Quellen
war sie direkt nicht zu entnehmen gewesen. Es ist überhaupt sehr bedauerlich, daß uns die
Quellen über die Wirtschaftspolitik Qorras fast gar keine Daten überliefern; außer der eben
entwickelten Annahme, daß er die gizja den Neubekehrten abverlangte — ob als erster, bleibe
dahingestellt — gelang es mir nur noch eine zweite wirtschaftsgeschichtlich wichtige Maß-
nahme Qorras festzustellen4): seine Wiederkultivierung verlassener Landstriche (ihjä
die uns in besonderem Lichte erscheinen muß, wenn wir uns der schweren Teuerung der
letzten Jahre erinnern, durch die gewiß weite Strecken ihre Bebauer verloren. Der Name
Qorras verbindet sich besonders mit der Wiederkultivierung und verständnisvollen Bepflanzung
von Birket el-Habas6), das man nach Qorra auch öJ J'y'-'ü nannte. Er soll Zuckerrohr-
kulturen angelegt haben. —
Die Züge, die wir aus unsren Papyri von Qorras wirtschaftlicher Tätigkeit gewinnen,
sollen unten an der Hand der Urkunden entwickelt werden. Hier mögen nur noch einige
Bemerkungen über seine uns sonst überlieferten, nicht wirtschaftlichen Maßnahmen Platz haben.
Als wichtigstes Faktum, mit dem sich der Name Qorras verbindet, erscheint überall
der Neubau der 'Amrmoschee in Fustät.7) Die primitive Gründung 'Amrs konnte natürlich
späteren Bedürfnissen nicht genügen, und so fand die erste Ausgestaltung unter Maslama b.
Muhallad a. H. 638), die zweite unter 'Abd el-'aziz a. H. 79 statt.9) Als der baulustige Walid
den Thron bestieg, wollte er seinen Namen auch mit der schon damals berühmten ‘Amr-
moschee verknüpfen, um damit zugleich das Andenken an seinen Onkel 'Abd el-'aziz zu ver-
wischen. Man denke an die durch Ramses II. ausgemeißelten Skulpturen Setis I. im Tempel
von Abydos! Der Bau des 'Abd el'aziz wurde also durch Qorra niedergerissen, und unter der
J) GuV LJih Im». L-—
2) B. Tagribirdi I, 242, 9.
3) Beiträge 100. — 4) Ib. 101.
5) Über ihjä el-mawät speziell in Ägypten vgl.
meinen Aufsatz: Die Entstehung von cUsr- und
Haräglcmd in Ägypten, Z. f. Ass. XVIII, 301 ff.
«) IJitat I, 302, 17; II, 152, 7; B. Tagribirdi I,
244, 2.
7) F. Schwally, Zur ältesten Baugeschichte der
'Amrmoschee (Straßb., Festschr. z. XLVI. Vers. d.
Phil. 1901) und die dort verzeichnete Literatur.
β) B. Tagribirdi I, 77, 3.
°) Ib. Z. 14.