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Sprache, Stil und Geist.

In den allerersten Anfängen hat sich die arabische Behörde bald dieser, bald jener
Sprache bedient, wie es der Moment forderte; so haben .sich rein griechische1) und rein
koptische2) staatliche Erlasse erhalten. Schon sehr früh begegnet aber eine griechisch-arabische
Bilinguis, jener unschätzbare Wiener Papyrus vön a. H. 22 (PERF 558). Hier erscheint der
griechische Text am Anfang, gleichsam als Hauptsache, der arabische Paralleltext wirkt
fast als Glosse. Erst einige Jahrzehnte später a. H. 57 ist uns abermals eine Bilinguis be-
zeugt (PERF 573). Noch a. H. 80 ist aber ein rein griechischer Regierungserlaß nachweisbar
(ib. 587). Das Jahr 87 ist wieder durch zwei Bilinguen vertreten (ib. 591; Ar. Pal. 101).
Man kann dem ,Führer’ nicht entnehmen, ob der arabische Text an erster oder an zweiter
Stelle steht; die Kairoer Urkunde hat ihn an erster Stelle ebenso wie unsre Urkunden
von a. H. 91.
Inzwischen war a. H. 87 durch den eingangs charakterisierten Prinzen 'Abdalläh die
arabische Schrift in die Verwaltung eingeführt worden — so behaupten wenigstens die lite-
rarischen Quellen.3) Da unsre Qorrapapyri a. H. 91 und die Grenfellpapyri sogar noch zu
Beginn des zweiten Jahrhunderts die Bilinguität kennen, so kann sich diese Einführung
nur auf ein beschränktes Gebiet der Verwaltung beziehen. Unsren und sonst erhaltenen
bilinguen Schriftstücken stehen aber die hier vorgelegten rein arabischen Urkunden von
a. H. 91 gegenüber4), wodurch bewiesen wird, daß wenigstens in der Kanzlei von Fustät
das Griechische damals durch das Arabische verdrängt wurde. Wahrscheinlich wird sogar
diese durch die großen Urkunden I—IV sicher belegbare Tatsache gerade durch die Bilinguen
gestützt. Betrachtet man nämlich die älteste erhaltene Bilinguis (PERF 558), so stimmt die
Datierung des arabischen und griechischen Textes genau überein. Nach a. H. 87 — also in
unsren Nr. V und VI — durchaus nicht5), obwohl sonst die minutiöseste Parallelität herrscht.
Dies läßt sich wohl am besten dadurch erklären, daß die Ausfertigung des arabischen
Teiles in Fustät geschah, und der griechische Text mit dem späteren Datum erst in der
Nomenhauptstadt hinzugesetzt wurde. Nehmen wir das an, so erscheint tatsächlich das
Griechische seit a. H. 87 aus dem Diwan der Hauptstadt verbannt. In der Provinz war
es natürlich nicht so rasch zu unterdrücken. Über den Terminus ad quem dieser Bilin-
guität läßt sich einstweilen nichts sagen. Die jüngste bisher publizierte Bilinguis ist Safar
101 datiert.6) Sehr viel länger hat sich dies Produkt der Übergangszeit auch sicher nicht
gehalten, kaum über den Beginn der "Abbäsidenzeit hinaus. Daß sich freilich noch viel
später in der Provinz rein griechische Urkunden, sogar im amtlichen Verkehr, nach weisen
lassen, hat schon Karabacek erwiesen.7) Mit dem Koptischen hat es ein ganz anderes Be-
wenden. Denn koptisch war die Landessprache bei der großen Menge der Landbevölkerung.
In diesen konservativen Kreisen erhielt sich, durch die religiöse Scheidung verstärkt, das
Koptische noch viel länger, sogar die Diokletiansära ist bis in unsre Zeit nachweisbar.8) Die
Hauptzentren koptischen Volkstums sind bekannt, und hier haben sich neben Privatbriefen
und Rechtsurkunden auch koptische Steuerquittungen aus später Zeit erhalten. Da die
untersten Steuerbeamten aus der Gegend selbst waren, blieb in koptischen Gebieten gar
kein andrer Ausweg als koptisch zu schreiben. Die koptischen Urkunden dieser Art verhalten
sich zu den arabischen genau wie vor dem Islam zu den griechischen; es waren Konzessionen

1) PERF 551, 552, 555, 556 usw.
2) PERF 172, 577.
3) Hitat I, 98, 13; B. Tagrlbirdi I, 233.
4) Zu denen nun auch die Kairoer zu vergleichen
sind. Ar. Pal. 102 ff.
5) Auch Grenfell 1. c. nicht; die Kairoer und
Wiener Bilinguis von a. H. 87 kann ich beurteilen.
«) Grenfell I. c. Das spätere Wiener Datum

(PERF 607) von a. H. 117 ist an sich nicht unmög-
lich, aber offenbar gar keine Bilinguis.
’) PERF 91 von a. H. 164. Charakteristisch für
die schwierigen Sprachenverhältniese in der da-
maligen Zeit ist die Notiz in einem Ausgabenbuch:
«an Ibrahim den Dolmetscher» (PSR Inv. 62).
8) Stern, Pie Indilctionenreclmung der Kopten,
ZÄS XXII (1884), 162 ff.; Wessely, Stud. z. Pal.
III, Nr. 448; MPER I, 125 und häufig.
 
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