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Benndorf, Otto
Die Metopen von Selinunt: mit Untersuchungen über die Geschichte, die Topographie und die Tempel von Selinunt — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.1109#0014
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III

stattgefunden haben, durch eines jener Erdbeben,1) von denen jene Gegenden bis in neuere Zeit
vielfach heimgesucht worden sind. Ihre Ruinen, nach denen sich ein Dorf, das im '12. Jahr-
hundert hier erwähnt wird, Rahl-es Asnäm, borgo degli idoli benannte, blieben das einzige Zeugniss
von Selinunt, und in den langenAJahrhunderten geschichtlicher Vergessenheit schwand sogar die
Spur des alten Namens.

III

Die frühzeitige Zerstörung erklärt hinlänglich, wie die Stadt, von den Tempeln abgesehen,
im Laufe der Zeit vom Boden verschwinden konnte. Die topographische Untersuchung hat daher
nur wenig sichere Anhaltspunkte und muss sich meistens mit dem unbefriedigenden Geschäft der
blossen Feststellung des Thatsächlichen begnügen. Um so mehr blieb dabei zu beklagen, dass ein
zuverlässiger Specialplan noch nicht vorhanden war; denn die vor Kurzem mit Sorgfalt aufgenommene
Karte des italiänischen Generalstabes (Tafel XII 6) gibt im Wesentlichen nur die Bodengestaltung
w ieder.1) Erst jetzt ist diesem Bedürfniss abgeholfen durch eine neue genaue Vermessung, welche
Cavallari veranstaltet und in grossem Maasstab im o. Heft des sicilianischen Bullettino veröffent-
licht hat. Da mir dasselbe erst während des Druckes zugegangen ist, so war es nur möglich in
Zusätzen, welche durch Klammern [] bezeichnet sind, die sichern Ergebnisse dieser Aufnahme mit-
zutheilen.

Die beiden Hügelrucken, welche die Ueberreste der selinuntischen Tempel tragen, streichen
ziemlich genau von Nord nach Süd. Sie sind durch ein ungefähr tausend Schritt breites und nicht
viel längeres Thal, la Vallara2), geschieden und laufen an dessen innerem Ende in einander über.
Die westliche, um ein Geringes niedrigere Anhöhe erhebt sich dreissig Meter über den Meeresspiegel
und stösst mit einem steilen Abhang dicht an den Strand, während sie östlich nach dem mittleren

*) Forbin Souvenirs de la Sicile p. 74 berichtet
von dem Volksglauben, welcher dieses zerstörende Erd-
beben in den Augenblick verlege, als Christus seinen letz-
ten Seufzer ausgestossen habe. Vgl. 0. Gaetani isagoge
ad feist. Siculam cap. XIII (Graevius thesaurus antiqu.
Sic. II p. 58) : Prodigia , quae Idololatriae Interitum in
Sicilia proxime- antecessere: sub Jesu Christi exortum ex
Maria Virgine, templum Vellens in monte Eryce proStratum :
terrae motu, qui in Christi morte extitit. interscissus mons
Xeptunius,' Messanam inter, et Tauromenium : et media
Tyndaris fortassis abrupta est. Göttlinga. a. 0. p. 86
erinnert an die Madonna del terramuoto oberhalb Partanna
und erzählt von einem heftigen Erdbeben in Jlarsala im
Jahr 1 828. Dennis in Murray's handbook for (ravellers
in Sicily p. I 7"2 schliesst aus der Lage der Tempelt rümmer,
dass die Wirkung des Erdbebens von Süd nach Nord
stattgefunden habe. Der Annahme eines solchen wider-
streitet auch nicht die Beobachtung Cavallari's bulett. IV
p. 16. dass die Tempelstereobate »a perfetto livello e senza
alcuna fenditura o lesione« seien ; trotz der Pulverexplosion
im Jahre 1687 sind noch jetzt viele Fugen am Parthenon
kaum wahrnehmbar. Dass die Zerstörung der Tempel
erst im Mittelalter stattgefunden haben kann, geht unter

anderm auch daraus hervor, dass man das fertige Bau-
material, welches ihre Trümmer boten, im spätem Alterthum
nicht unbenutzt gelassen haben würde.

2) Die erste mir bekannte Skizze hat Jean Houel
voyage pittoresque des isles de Sicile, de Malte et de
Lipari, (Paris 1782) I pl. XVI offenbar nach dem blossen
Aiigenmaass gegeben. Dieselbe wiederholt Reingan um
a. a. 0. Taf. I. Nach genaueren Messungen ist der Plan
von Harris ausgeführt (W. Harris and S. Angell sculptured
metopes of Selinus, London 1826 p. 2 7), welcher keines-
wegs, wie Göttling a. a. 0. p. 91 vermuthete, dem
Plan von Hittortf zu Grunde liegt, architecture antique
de la Sicile, Paris 1827 pl. 10, recueil des monuments
de Segeste et de Seiincrate, Paris 1 870, p. 63, I pl. H.
Eine in Nebenpunkten berichtigte Wiederholung dieses letz-
teren ist der Plan Cavallari's bei Serradifalco a. a. 0.
tav. II, welchen Schubring a. a. 0. mit Veränderungen
reproducirt hat. Eine eigenhändig und ohne Hilfsmittel ent-
worfene flüchtige Zeichnung theilt Göttling a. a. 0. Taf. I
mit. Den betreffenden Theil der italiänischen Generalstabs-
karte hat A. Holm Geschichte Siciliens I Tafel IV ver-
öffentlicht,(wonaoh Tafel XII 6 gezeichnet ist.

3) Diesen Namen gibt d'Orville Sicula p. 65 an.
 
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