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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0022
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sonographische (Quellen.

Denn in Wirklichkeit geht der Prozess der Identifizierung jetzt wenig-
stens nicht mehr auf dem umständlichen Wege umfassender Quellen-
vergleichung vor sich. Es hat keinen Zweck, die kümmerlichen
Notizen der Schriftsteller und die Münzen zu Rate zu ziehen, nach-
dem sich vortreffliche Büsten und Statuen gefunden haben, welche
durch Aufschrift oder durch anderweitige Indizien als Augustusbild-
nisse dokumentiert sind. Und selbst auf diese unmittelbar beglaubigten
Denkmäler braucht man nicht notwendig zurückzugehen, da jedes
andere gute und gesicherte Bildnis ebensowohl als Kriterium und
Massstab dienen kann.

Wenn wir gleichwohl das Bezügliche hier zusammenstellen, so
geschieht es nicht etwa aus pedantischer Sucht nach Gründlichkeit,
sondern weil die Kenntnis der Quellen bis zu einem gewissen Grad
Selbstzweck, und weil es von Wert: ist, sie vorkommenden Falls
an den ermittelten Denkmälern auf ihre Glaubwürdigkeit prüfen zu
können.

Um mit dem minder wichtigen litterarischen Teil zu be-
ginnen, so lautet die Hauptstelle über das Aeussere des Augustus bei
Sueton folgendermassen:'

„Er war von hervorragender und durch alle Lebensalter hindurch
überaus reizvoller Schönheit, obgleich er alle kosmetischen Mittel ver-
schmähte und in der Pflege des Haupthaars so gleichgiltig war, dass
er in hastiger Eile sich von Mehreren zugleich behandeln und den Bart
bald schneiden, bald rasieren liess2, auch während dessen entweder etwas
las oder etwas schrieb. Seine Miene, sowohl im Gespräch, als wenn
er schwieg, war so ruhig und heiter, dass einer der vornehmsten
Gallier bei den Seinigen gestand, er sei dadurch erweicht und ab-
gehalten worden, ihn, wie er beabsichtigt hatte, beim Uebergang über
die Alpen, nachdem er sich unter dem Vorwand einer Unterredung
Zutritt verschafft hatte, in den Abgrund zu stürzen. Er hatte helle
und glänzende Augen, in denen man nach seiner Meinung eine gewisse

1 Sueton Aug. 79. Vgl. Drumann Gesch. Roms IV. p. 280 f.

2 Quanquam et omni* lenodnii neyletjens et in capite comendo tarn incurio-
sus, ixt raptim compluribus simtil ionsoribus operam daret ac modo tonderet modo
räderet. "Wie man sich den logischen Zusammenhang zwischen der dem Augustus
zugeschriebenen Verachtung äusserer Reizmittel und der gleichzeitigen Behandlung
durch mehrere Haarkünstler oder Barbiere zurecht zu legen hat, darf hier uner-
örtert bleiben. Dagegen sehe ich nicht, mit •welchem Recht man aus dieser Stelle
das gerade Gegenteil des Obigen herauslesen und den Augustus „nicht wenig auf
sein Aeusseres bedacht* sein lassen kann (wie Hübner im Bert. Winckelmanns-
progr. 1868, p. 10, Anm. 20). — In Beziehung auf den Bart bemerkt Plinius
(EL Ni VIII, 211) abweichend von Sueton: Divus Augustus cultris semper mm est.
 
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