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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0095
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82 Augustus.

dem Diadem, dem Symbol der Königsherrschaft, dargestellt wor-
den sei.

Ein vollkommen deutlich charakterisiertes Diadem trägt näm-
lich der schon mehr erwähnte schöne Jünglingskopf auf dem Strozzi-
Blacas'schen Agatonyx (s), der bei Lenormant und Cades jetzt eben-
falls für Augustus gilt, indem der ungewöhnliche Kopfschmuck als
eine Zugabe des voraussetzlich dem Orient entstammenden Künst-
lers erklärt wird. Die frühere Beziehung auf Constantin II. (Gori)
muss allerdings wohl, so verlockend sie des Diadems wegen ist —
denn auch die glatte Binde kommt in jener Zeit vor — aus Stil-
grimden aufgegeben werden. Denn für das 4. Jahrhundert n. Chr.
erscheint die Arbeit zu fein empfunden und zu frei. Umgekehrt finden
sich im julisch-claudischen Zeitalter in technischer und stilistischer
Beziehung überraschend zutreffende Analogieen, wie namentlich der
grosse Cameo mit der ägisbekleideten Büste in Windsor Castle (s. unten
Claudius, Gemme f). Allein mit diesen Analogieen und mit der obigen
Erklärung des Diadems ist natürlich nichts weiter als die blosse Mög-
lichkeit gewonnen. Sehen wir uns nach dem um, was positiv für Au-
gustus spricht, so reduciert sich die Sache auf eine ziemlich allge-
meine und keineswegs überzeugende Aehnlichkeit mit den jugend-
lichen, zum Teil selber sehr zweifelhaften Marmorköpfen des Kaisers,
eine Aehnlichkeit, der ein ungefähr gleiches Mass abweichender Züge
gegenübersteht. Das Gewicht des Jupitercostüms wird durch die mehr
auf einen König deutende Stirnbinde, die Analogie des Windsor
Cameo's durch die der Ptolemäergemmen in Wien und Petersburg
(Müller-Wieseler, Denkm. I. Taf. 51) paralysiert. Und so heben sich
schliesslich die Faktoren der Rechnung gegenseitig auf. Erwägt man
ausserdem, dass das Jupitercostüm dem Augustus wohl von seinem
32. Lebensjahr (Schlacht bei Actium), nicht aber schon dem 18- bis
20jährigen Jüngling gegeben werden konnte, so neigt sich das Züng-
lein der Wage vollends zu Ungunsten dieser Deutung. Wenn wir
trotzdem noch zögern, ein absolutes Verdikt auszusprechen, so liegt
der Grund darin, dass wir leider keine andere Deutung an ihre
Stelle setzen können. Aber für die Annahme, dass Augustus gegen
alle sonstige Uebung auch mit dem Diadem dargestellt worden sei,
ist der Stein jedenfalls eine precäre Grundlage (s. Nachtr. zu p. 49. s).

Noch möchte hervorzuheben sein, dass im Vergleich zu den Dar-
stellungen anderer Kaiser und in scheinbarem Widerspruch zu den
Stilgesetzen der Steinschneidekunst auffallend viele Bildnisse in Vor-
deransicht oder in sk Profil gegeben sind. So nicht nur die olym-
pische Halbfigur auf dem Pariser Cameo (Taf. 30), wo es mehr oder
weniger durch die Composition begründet ist, sondern auch verschie-
 
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