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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0124
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tatuansche Darstellungen.

Antonius mit dem Kopf der Octavia1 aus den Jahren 39—37 v. Chr.;
obwohl dies noch kein strikter Beweis für den terminus a quo, weil
vorher überhaupt keine weiblichen Bildnisse auf Münzen gesetzt
wurden. Aber da eine derartige Mode selten länger als höchstens
ein paar Jahrzehnte dauert und wir sie noch bei der alternden Livia
finden (Pariser Bronzebüstchen), so wird sie nicht weit über die Zeit
des Triumvirats hinaufzudatieren sein.

Sichere Beispiele aus der Zeit nach Augustus sind mir keine
bekannt; doch mag sie unter Tiherius, zumal so lange Livia lebte,
neben der neu aufkommenden claudischen (alt. Agrippina) noch einige
Zeit fortgedauert haben. Immerhin ist es ungenau, sie als Frisur
des ersten Jahrhunderts zu bezeichnen 2. Es ist vielmehr die Mode
der Uebergangszeit aus dem letzten Jahrhundert der Republik ins
erste der Monarchie.

Darnach dürfen von statuarischen Darstellungen ausser den
schon bei Anlass der Livia erwähnten 3 besonders noch folgende für
augusteisch erklärt werden, von denen freilich die wenigsten einen
ausgesprochen historischen Charakter haben:

Nr. 1. Jugendlicher Frauenkopf im capitol. Museum, Zimmer
der unbekannten Büsten, im Erdgeschoss Nr. 3, mit über der Stirn
vorspringenden, dann bandartig zurückgelegten Scheitelhaaren (der
Vorsprung ergänzt); hinten ein kleines Zöpfchen.

Nr. 2. Jugendlicher Kopf im Museo Chiaramonti Nr. 224,
von anmutigen Formen, im Contour dem Saluskopf der Tiberius-
münze entsprechend. Die Scheitelhaare wie beim vorigen.

Nr. 3. Kopf ebenda Nr. 276, mit knapp anliegendem Haar,
um welches eine Flechte gewunden, über der Stirn ein vortretender
Wulst. Der Ausdruck hat etwas Männliches, was durch den Mangel
eines Zopfes oder Nestes noch erhöht wird.

Nr. 4. Jugendlicher Frauenkopf ebenda Nr. 424 A, mit einer
um das Haar gewundenen Flechte und knotenartigem Stirnwulst, die
Ohren frei; hinten ein auf den Nacken fallender Haarsack.

Nr. 5. Matronenkopf im Büstenzimmer des Vaticans Nr. 377.
Vom Stirnwulst geht eine breite Flechte rückwärts über den Scheitel
und je eine schmale seitwärts (gleichsam als Haarbinde) zu dem
zopfartigen Knauf, von welchem wieder zwei Schulterlocken herab-
fallen. Das Gesicht von ältlichen Zügen, ungemein realistisch gebildet,

1 A. a. 0. Münztaf. IV. 86. 88.

2 Wie es von Benndorf und Schöne zu Nr. 411 des lat. Museums geschieht.

3 Adorantin im Vatican, oben p. 91; Kopf im Lateran, p. 104; sog.
Sibylla in Neapel, p. 103; Abundantiaim Louvre, p. 101; Bronzebüstchen ebenda,
P- 90; Älarmorbüste in Berlin, p. 104.
 
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