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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0150
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Agrippa Postim

oder hinter einander gestellten Köpfe auf Nr. 320 scheinen dem ver-
schiedenen Costiim nach gar nicht Brüder zu sein.

Agrippa Postumus l. — Der dritte Sohn des Agrippa und der Julia,
M. Pup. Agrippa2, wurde einige Monate nach dem Tode seines Vaters
geboren (12 vor Chr.). Augustus stellte ihn nicht auf die gleiche Linie
mit seinen Brüdern, sondern adoptierte ihn erst, als dieselben gestorben
waren (4 n. Chr.), und auch dann nur zusammen mit Tiberius, was nicht
verfehlte, die beiden Prätendenten mit einander zu verfeinden. Der
Grund, warum Augustus sich nicht ausschliesslich seinem Enkel zu-
wandte, lag teils an dem Prinzen selbst, welcher, aller höheren Bil-
dung bar, nur auf seine Körperstärke trotzte3, theils an den In-
trigen der Livia zu Gunsten ihres Sohnes. Wahrscheinlich in Folge
der letzteren wurde Agrippa im Jahre 7 n. Chr. nach Surrentum
und bald darauf nach Planasia verbannt. Hier soll Augustus kurz
vor seinem Tode, ohne Wissen der Livia, ihn noch einmal besucht
und zärtliche Beden mit ihm getauscht haben. Tiberius liess ihn
gleich bei seinem Regierungsantritt ermorden (14 n. Chr.).

Etwanige Statuen sind ihm ohne Zweifel am ehesten in den
drei Jahren zwischen seiner Adoption und seiner Verbannung, dem
16—19ten seines Lebens, errichtet worden. Aus dieser Zeit werden
auch die paar Münzen stammen, die seinen Kopf zeigen, darunter
die von Korinth (abg. Cohen I. p. 187). Sie sind indes von so
rohem Gepräge, dass selbst bei besseren Aussichten als bei den
wirklich vorhandenen mit ihrer Hilfe keine Deutungsversuche ge-
macht werden könnten.

Wenn P. Erc. Visconti in einem flaumbärtigen Porträtkopf des
Museo Chiaramonti (Nr. 424) den Agrippa Postumus vermuten
möchte, so beruht dies ganz nur auf der unerwiesenen Annahme,
dass die mitgefundenen Kinderköpfe (s. oben p. 133) den Cajus und
Lucius darstellen. Es ist aber schon zum voraus unwahrscheinlich,
dass, wo die Büsten der drei Brüder mit einander gruppiert waren,
Agrippa, der jüngste unter ihnen, in höherem Alter als jene dar-
gestellt gewesen sei.

1 Vgl. Hock Rom. Gesch. I. 2. p. 110.

2 Corp. I. L. 2. 1528 u. Inser. R. X. 2293.

3 Tac. Ann. I. 3: vgl. Dio LY. 32.
 
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