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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0192
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Kriterien für ihre Deutung. 1/9

erhalten haben, so wird das Zahlenverhältnis zwischen Personen und
Denkmälern noch ungleicher und wir müssen fürchten, dass sich
unter den letztern wohl auch einige Nicht-Claudier eingeschlichen
haben. Das vorliegende Verzeichnis wird daher mit grosser Vor-
sicht zu benützen und die betreffenden Statuen und Büsten nur dann
als sichere Claudier anzusehen sein, wenn neben dem Typus noch
andere Gründe dafür sprechen.

Für so hochstehende Persönlichkeiten wie die beiden Drusus und
Germanicus möchten vor Allem die heroischen Darstellungen
in Anspruch zu nehmen sein. Ja es ist kaum abzusehen, welchen
Gliedern der Familie die Auszeichnung einer solchen Darstellungs-
weise sonst noch sollte zu Teil geworden sein. Jedenfalls höchstens
noch den beiden älteren Söhnen des Germanicus. Nun befinden sich in
unserm Verzeichnis grade drei derartige Statuen, die gabinische im
Louvre (abg. Taf. X.), die vejentische im Lateran (Taf. IX.) und
die pompejanische in Neapel (Taf. VIII.), alle drei vortrefflich er-
halten, mit ungebrochenem Kopf, so dass an der Ursprünglichkeit
des Motivs (ein um die Schenkel geschlagener Mantel bei nacktem
Oberkörper) nicht gezweifelt werden kann, und alle, wie es scheint,
in der Person von einander verschieden. Es würde den Gang der
Untersuchung ausserordentlich erleichtern, wenn man diese Statuen
einfach auf die drei claudischen Prinzen verteilen dürfte, die gabi-
nische, wie es schon längst üblich ist, auf Germanicus, die latera-
nische auf den jüngeren, die Neapler auf den älteren Drusus oder
umgekehrt. — Aber sicher ist es allerdings nicht, dass die gabinische
und die vejentische Satue verschiedene Personen darstellen. Sie
könnten auch identisch sein, und wer ist dann gemeint? Germanicus
oder der jüngere Drusus? Ja, wenn man einmal von Germanicus
abgeht, warum am Ende nicht auch der ältere Drusus? Je nach-
dem diese beiden Fragen beantwortet werden, ist die Untersuchung
über die claudischen Bildnisse schon ausserordentlich verschieden
präjudiciert. Jede der drei Statuen kann jeden der drei Prinzen
darstellen und die pompejanische sogar noch einen vierten oder
fünften.

Daneben wird man natürlich auch einen vergleichenden Blick
auf die Münzen werfen müssen. Wenn nun dieselben nicht oder
nicht vollständig mit einer der genannten Combinationen stimmen,
wie es unter allen Umständen bei denen des älteren Drusus der Fall
^t, so steht man vor der neuen Frage, ob den Münzen oder den in
den Statuen liegenden Gründen das grössere Gewicht beizulegen sei.
Und was soll mit gewissen anderen Typen geschehen, die den Münzen
nach ein gleiches und besseres Recht auf einen jener drei Namen
 
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