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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0274
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'lorentiner Pompa.

261

und die Kinder dem entsprechend als Claudius, Germanicus und Livilla;
die zwischen dem jugendlichen Ehepaar hervorblickende ältliche Frau
endlich als Octavia. Als Zeitpunkt der dargestellten Handlung wird
wegen des höchstens dreijährigen Claudius das Jahr 8 oder 7 v. Chr.
angenommen, in welchem Drusus allerdings nicht mehr lebte (f 9
v. Chr.). Doch kann seine Anwesenheit unter den noch Lebenden, wie
Dütschke meint, dadurch erklärt werden, dass die plastische Ausführung
des Reliefs schon vor dem Jahre 9 v. Chr. entworfen oder begonnen war.
Nun ist aber die Basis dieser ganzen Hypothese, die angebliche
Bildnisähnlichkeit der Hauptperson, eine durchaus fragliche Sache;
die des Drusus muss vom Standpunkt der Münzen gradezu in Ab-
rede gestellt werden. Und doch gieng die Absicht des Künstlers
offenbar dahin, möglichst zu individualisieren. Man begreift da-
her nicht, warum, wenn wirklich die Darstellung jener Personen
beabsichtigt war, ihre Typen nicht mit vollkommener Deutlich-
keit gegeben wurden. Das Vermögen dazu wird niemand dem
Künstler absprechen wollen, um so weniger, da es sich um einen fast
lebensgrossen Massstab handelt. Dazu kommt, dass bei der Dütschke-
schen Erklärung doch manches Auffällige sowohl in den gegenseitigen
Beziehungen der Personen als in den Altersverhältnissen mit unter-
läuft. Der angebliche Augustus, obwohl rechts in den Vordergrund
gestellt, ist doch in keiner Weise als Hauptperson behandelt. Aller
Blicke sind vorwärts gerichtet, während er zu denen zu gehören
scheint, die den Zug beschliessen. Lässt sich dies mit der Stellung
des Staats- oder auch nur des Familienoberhaupts vereinigen? So
fragt man sich ferner, wodurch denn die Frau in der Mitte und die
links mit dem Kinde als Gattinnen der ihnen zugeteilten Männer
charakterisiert seien. Der Composition nach möchte man dem sog.
Drusus eher die unmittelbar hinter ihm stehende Frau als Gattin
zugesellen. Die angebliche Antonia erscheint für den jungen Mann
zu matronal. Endlich will es entschieden nicht passen, in dem ca.
zwölfjährigen Mädchen die Schwester des Claudius und des Germanicus
zu erkennen. Schon aus der Reihenfolge, wie Sueton die drei Ge-
schwister aufzählt1, muss man entnehmen, dass Livilla jünger war
als Germanicus. Sodann war sie später an Drusus, den Sohn des
Tiberius, verheiratet, der seinerseits mindestens ein Jahr jünger als
Germanicus war. Sie müsste also, wenn im Zeitpunkt der dar-
gestellten Handlung zwölfjährig, sechs oder doch fünf Jahre älter als
ihr Gemahl gewesen sein.

1 Suet. Claud. 1: Kr Antonia tres liberos reliquit: Germanicum, Liriüam,
Clauüium.
 
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