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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0370
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Münzen und andere Hilfsmittel. 357

bildnisse der Messalina nach ihrem Sturze beseitigt1. Da es sich
jedoch hiebei der Natur der Sache nach nicht um eine sofortige
Vernichtung handeln konnte, so dürften gleichwohl eine Anzahl der-
selben auf die Nachwelt gekommen sein.

Römische MÜNZEN mit ihrem Bildnis giebt es nicht. Wir müssen
uns hier mit griechischen behelfen. Von diesen ist die grösste und
schönste eine Bronzemünze von Nikaea (abg. Taf. XXXIV. 15), auf
welcher Messalina ähnlich dargestellt ist wie die ältere Agrippina auf
den römischen Grossbronzen; nur die Kopfform mehr gerundet und
die Nase etwas spitzer, der Nasenrücken eher aus- als einwärts ge-
bogen, ohne Einschnitt an der Wurzel. Lenormant hält dieses Stück,
eben seiner grossen Aehnlichkeit mit Agrippina wegen, für verdächtig 2,
worin ihm indes die Mehrzahl der Numismatiker nicht folgt. Hätte
er Recht, so wäre man gar nur auf ein paar kleine und schlechte
Bronzemünzen angewiesen, auf denen Messalina zum Teil nach Art
der Livia statt des Zopfes einen kleinen Nackenknauf trägt. (Vgl.
die von'Kreta und Ephesos Taf. XXXIV. 13, 14)3. Aber auch wenn
der Zweifel Lenormants unbegründet, ist wenig Verlass auf die Bild-
nistreue des nikäischen Münztypus, weil derselbe zu sehr für sich
allein steht.

Mit den numismatischen Hilfsmitteln steht es daher bei Messa-
lina offenbar schlimm. Man gelangt mit ihnen ungefähr grade so
weit, wie ohne sie. Denn was sie in Beziehung auf die Haartracht
lehren, konnte man ebensogut aus den zeitgenössischen Bildnissen
abnehmen. Der Scharfsinn der Ikonographen, oder besser der ihres
Altmeisters Visconti, hat sich indes dabei nicht beruhigt. Er hat
die Frage noch von einer andern, nämlich von der sachlich-historischen
Seite angegriffen, indem er den Umstand geltend machte, dass Messa-
lina die einzige Kaiserin der julisch-claudischen Dynastie *, welche im
Purpur Kinder gebar, womit er dann einige Darstellungen von Müttern
oder von Kinder hegenden Frauen combinierte. Auf diesem Wege
glaubte er wirklich zu dem gewünschten Ziel gekommen zu seiD. Ein .
mehrfach vorhandener Gemmentypus und eine Pariser Marmorstatue
sollen uns für das precäre Ergebnis der Münzen entschädigen.

i Tae. Anna}. XI. 38: Jumtqe obUvionem ejus senatus eemmdo nomen et
efßgies pricatis et publicis locis demovekdas.

2 Lenormant Ieonogr. des emp. pag. 27. 5.

• Zwei weitere bei Lenormant Ieonogr. pl. XIV. 2. 4.

4 Poppaea wurde dabei nickt berücksichtigt.
 
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