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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0387
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Die Kaiserin Agrippina.

Vermählung desselben mit der Kaisertochter Octavia durch. Sie selbst
erhielt den Titel Augusta (50). Als Claudius anneng, sein Missfallen
an ihren Verbrechen und ihrem Blutdurst zu bezeigen, tötete sie ihn
durch Gift (54). Eiue Zeit lang genoss sie ihre Machtstellung unter
ihrem Sohne Nero weiter. Auch damals noch, obgleich sie die vierzig
überschritten hatte, müssen ihre Reize von seltener Anziehungskraft
gewesen sein; sonst hätte sie es nicht unternehmen können, die Sinn-
lichkeit des wollüstigen Fürsten auf ihre eigene Person zu richten'.
Da sie aber ihren herrschsüchtigen Geist nicht bezähmen konnte, kam
es trotzdem bald zu Conflicten, welche im Jahre 59 mit dem
berüchtigten Muttermord endeten. — Agrippina war bei ihrem Tode
c. 44 Jahre alt. Sie hatte fast zehn Jahre die Allmacht des Kaiser-
throns geübt und genossen, fünf Jahre als Gemahlin des Claudius
und fünf Jahre als Mutter des Nero. Die Zahl ihrer Denkmäler kann
damals nicht gering gewesen sein. Nach ihrer Ermordung stürzte
man dieselben, Nero zu Gefallen, teilweise um2. Doch trafen diese
Massregeln natürlich nur die öffentlichen Standbilder in Rom und
auch diese nicht alle. Von einer methodischen Ausrottung derselben
wird nichts berichtet.

Münzen. — Das Porträt der jüngeren Agrippina findet sich auf
römischen Goldstücken und Denaren und auf in Asien geschlagenen
Silbermedaillons mit dem Kopf des Claudius (v. Jahre 50) oder des
jungen Nero; bald auf der gleichen Münzseite mit letzteren, bald auf
dem Revers. Die Goldstücke und Denare (Taf. XXXV. 5) stehen in
Bezug auf Deutlichkeit und Bestimmtheit schon ihrer Kleinheit wegen,
und weil auf ihnen meistens ein Aehren- oder Lorbeerkranz die Frisur
verdeckt, hinter den Silbermedaillons (Taf. XXXV 1—4. 6) etwas
zurück. Die letzteren sind fleissiger und sorgfältiger ausgeführt. Doch
würde ohne äusseres Zeugnis Niemand glauben, dass auf ihnen die
gleiche Person dargestellt sei, wie auf jenen. Noch grössere und
wieder andere Abweichungen zeigen die Bildnisse anf den Münzen der
Colonien (z. B. Korinth), und der griechischen Städte (eine von An-
tiochia in Syrien abg. Taf. XXXV. 7), so dass von gemeinsamen
Zügen zu sprechen eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

Will man gleichwohl bei der ikonographischen Untersuchung auf
die Mithilfe der Münzen nicht verzichten, so bleibt fast nur übrig,
die einzelnen Typen gegeneinander abzuwägen, und denjenigen, der
das meiste Zutrauen verdient, allein oder vorzugsweise zu berück-

• Tae. XIV„ 2; Dio LXI. 11.

2 Dio LXI. 16; vgl. den Autor der Octavia v. 610.
 
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