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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0396
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Jeber die sitzenden sugg. Agnppnmstatuen.

den Kaiserinnen der Fall gewesen sein, und zumal bei der Mutter
des Nero, die auf ihre Reize so eifersüchtig war, wird man sich ge-
hütet haben, unnötig von dieser Regel abzugehen. Schon eine rück-
sichtslose Treue in der Angabe des Alters würde in ihren späteren
Jahren ohne Zweifel verletzt haben. Aber hier wäre mehr als das,
nicht eine allzugrosse Treue, sondern eine offenbare Uebertreibung.
Die jüngere Agrippina wurde höchstens 44 Jahre alt. In der Neapler
Statue haben wir es, wenn nicht Alles trügt, mit einer Fünfzigerin
zu thun. Dieser Widerspruch zwischen Bild und Geschichte spricht
dem Namen in unsern Augen allein schon das Urteil.

Dasselbe Bildnis, nur jugendlicher, soll nach Visconti und Mongezx
in einer Büste des Pal. Chigi zu Rom (oben p. 185; Fig. 28) dar-
gestellt sein. Mit der Neapler Statue müsste natürlich auch dieses
gestrichen werden, und. in der That dürfte bei ihm wenig für die
jüngere Agrippina sprechen. Allein der wahre Grund, warum es zu
streichen, liegt nicht in der Identität mit der Neapler, welche in
Wirklichkeit gar nicht existiert, sondern in der Unvereinbarkeit mit
der lateranischen Statue und mit den Münzen. Von der Neapler ist
sie, um nur das Augenfälligste hervorzuheben, durch die Schmalheit
der Stirn und durch die Höhe des Untergesichts — Dinge, welche
sich mit dem Alter nicht ins Gegenteil verkehren —, des Bestimm-
testen unterschieden; von der lateran. Statue hauptsächlich durch
die Divergenz der Stirn- und der Nasenlinie und durch das Vor-
treten des Profils nach unten. Wäre sie in besserer Abbildung bekannt
gewesen, so hätte man ihre Bezeichnung wohl schon längst auf-
gegeben.

Ausser der sitzenden Statue im Capitol (oben p. 246, Fig. 44) und
der eben besprochenen in Neapel pflegte man früher, teils wegen der
Gleichheit des Motivs, teils wegen verwandter Haartracht, auch
die so dargestellten Statuen in der Villa Albani und in den Uffizien
zu Florenz auf eine der Agrippinen zu beziehen. Genau genommen
stimmte das Motiv (die Haltung der Arme mit eingerechnet) frei-
lich" nur mit der capitolinischen, und so hätte man sich bei ihnen
auf die ältere Agrippina beschränken sollen. Allein die Köpfe wenig-
stens der albanischen und der einen Florentiner deuteten auf eine
verschiedene Person. Nachdem sich nun die Namengebung bei jenen
beiden (Capitol und Neapel) als unrichtig erwiesen, und ausserdem
zwei ähnliche Bildnisse, die sog. Olympias und die sog. Livia (in
der Sammlung Torlonia), bekannt geworden sind, von denen wenig-
stens das eine nachweislich in ein früheres Zeitalter fällt, ist absolut

Visconti Op. var. I. 127: Mongez Ieon. rom. II. p. 213.
 
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