Sekte 2
D!e Sewegung
Aummer 4k
"hie a^e^os^/tzc^s Ve»usK«««K.
ttans Ikeeäing
^vvei Iie«Ien
2m alten englischen Oberhaus hat, von
feierlichom Zeremoniell umrahmt, der junge
König des britischen Weltreiches die mit
Spannung erwartete Thronrede gehalten.
Diese Spannung beschränkte sich allerdings
eigentlich auf das englische Volk unb noch
mehr auf die Vevölkerung Londons, für di-e
der königliche Zug zum Oberhaus und von
dort wieder zurück zum Vuckingham-Palast
das große Schauspiel darstellt, in dem sich die
Macht und der Reichtum des Jnselreiches,
und die Würde und Tradition d-es weltbe-
herrschenden Britanniens verkörpert. Es
liegt ohne Frage eine tiefe Symbolik in
dem steifen, vielfach noch mittelalterlichen
Zeremoniell, das derartige Staatsereignisse
in England begleitet. Das wohlbegründete
Reich hält bewußt an den Einrichtungen fest,
die zu jener Zeit normal waren, als Eng-
land seine Macht begründete. England ist in
Wahrheit ein konfervatives Land, das am
guten Alten festhält, womit es täglich aufs
neue beweist, daß der Begriff „gut" durchaus
keine absolute Eröße ist, sondern nur abso-
lute Eültigkeit durch den erhält, dem es
niiht, in diesem Falle das englisch-e Volk.
Traditionell war auch die Rede selbst. Sie
hat keine Sensation gebracht, nicht einmal
eine richtige Neuigkeit. Sie berührte von den
außenpolitischen Fragen nur die allgemein
interessierenden, und diese auch nur in der
zurückhaltenden, konservativen Art, die für
Lritische Neden genau so bezeichnend ist, wie
die Perllcke fllr die staatlichen Wllrdenträger.
England beabsichtigt danach, den Völkerbund
auch weiterhin zu stützen, die Vefriedung
Europas zu fördern, den Locarno-Vertrag
wieder aufleben zu lassen, und die Flotten-
abmachungen auf weitere Staaten auszu-
dehnen. Ein paar Worte über den Fernen
Osten, einige Sätze über Spanien, Ägypten,
Indien und Palästina — und alle getragen
von den Versicherungen, daß England alles
tun werde, um den Frieden. in der Welt zu
fördern. Nichts wurde vom Mittelmeer ge-
sagt, nichts von Abessinien. Das sind heikle
aktuelle Dinge, gewissermaßen geschäftliche
Angelegenheiten, die der geschüftsführende
Minister zu erledigen hat. Sie dürfen den
wohl abgewogenen Rhythmus des Staats-
zeremoniells nicht stören.
Anders tönte es zwci Tage früher aus
Mailand herüber, wo einer der großen
Wortführer des anderen Europas, jenes
Europas sprach, das den Abgrund kennt, und
sich mit unerhörter Anstrengung und eiser-
ner Disziplin mit eigener Kraft vor dem
Absturz in das Chaos zurückgerissen hat. An
Stelle der Perücken und prächtigen Träger
der 2nsignien der Macht stand hier das
junge, neugeborene Volk eines Staatswesens,
das vor kurzen 2ahren nur noch wenig zu
verlieren hatte, vor wenigen Monaten aber
ein Reich gewann, und bereit ist, für eine
Eröße und Macht zu kämpfen, die vor 2000
Iahren seine Ahnen besaßen. 2n der leiden-
schaftlichen Nede Mussolinis spielte die erste
Rolle ein Vegriff, für den die Engländer
anscheinend nicht sehr viel Sympathie übrig
haben: das Mittelmeer.
Die 2taliener haben ihren Anspruch auf
die Beherrschung dieses Meeres, das sie
mars nostrum, unser Meer, nennen, schon
sehr deutlich anqemeldet, als aus Anlaß des
beginnenden Abessinienkonfliktes sich die
-ersten Zwistigkeiten mit Großbritannien ein-
stellt-en. Die Antwort Englands war damals,
im Stadium einer akuten Eefahr, nicht so
zurückhaltend, wie es die englischen Neden
im allgemeinen sind. Die englischen Kriegs-
schiffe stellten damals eine nicht mißzuver-
stehende Mahnung dar, daß das weltbeherr-
schende Albion nicht gewillt sei, auch nur auf
ein Titelchen seiner Macht zu verzichten. Und
um die Macht erhalten zu können, müssen
die Wege zu den Machtpositionen frei und
unbehindert sein, und der wichtigste Weg ist
uatiirlich der zur wichtigsten englischen Ko-
lonie — 2ndien. Und dieser Weg fllhrt durchs
Mittelmeer.
Trotz allen Tempsraments und aller Ent-
schiedenheit, die Mussolinis Fovderung aus-
Michnete, ist der italienijche Anspruch selbst
jedoch etwas anders formuliert, als. es noch
vor einem 2ahre der Fall war. Mussolint
räumt England die Durchfahrt durch das
Mittelmeer als ein selbstverständliches Recht
ein, verlangt für 2talien aber die Hoheits-
rechte üb-er diesen Weg. llnd hier diirfte er
trotz aller Wandlung in der Formulierung
doch wieder auf den unverriickbaren Konser-
vativismus der englischen Auffassung stoßen
der kaum gesonnen sein wird, auf die alte,
britische Tradition zu verzichten, gerade die
Verbindungswege zu den einzelnen Teilen
des Weltreiches selbst zu beschützen, und die
angrenzenden Machtsphären anderer Länder
zu immunisieren, oder sie überhaupt in Ab-
hängigkeit zu halten.
Die Rede Mussolinis kann vielleicht ein-
mal als ein Markstein der weltgeschichtlichen
Entwicklung angesehen werden. Die an Eng-
land gerichtete Wendung fordert nicht mehr
und nicht weniger als eine Änderung des
bestehenden Zustandes. Seit Cromwell und
noch vorher ist es trotz heftiger Angriffe
keinem Lande der Welt gelungen, den Vor-
marsch Englands zur Weltherrschaft aufzu-
halten, wenn man oom Abfall der nord-
amerikanischen Staaten absieht, die aber
schließlich auch wiedcr eine weitgehende An-
näherung an das 2nselreich vollzogen haben.
Mussolini rollt ein Problem auf, das IV2
2ahrtausend geruht hat, und das eine Tat-
sächlichkeit im 2nnersten berührt, die sich in-
nerhalb der letzten drei 2ahrhunderte bei-
nahe zum Wesen der ab-endlündischen Völ-
kergemeinschaft entwickelte. England wird
hierzu noch viel zu sagen haben, und wahr-
scheinlich aus seiner traditionellen Zurückhal-
tung stark hervortreten miissen. Die beiden
soeben gehaltenen Reden haben uns das
Wesen der Völker gezeigt, die an dieser
Frage unmittelbar beteiligt sind. Die unaus-
bleibliche Fortsetzung der Diskussion wird
uns, auch wenn sie sich, was wahrscheinlich
ist, über einen langen Zeitraum erstrecken
sollte, ein Schauspiel von weltgeschichtlicher
Vedeutung zeigen.
Der November ist ein Monat des deutschen
Schicksals. Der Name läßt Erinnerungen
auftauchen, die in der deutschen Eeschichte
bleiben werden, in gutem wie in schlechtem
Sinne. Wir Nationalsozialisten verbinden
mit diesem Monat immer den 9. November
1923, wo an der Feldherrnhalle bestes deut-
sches Blut den Verrüterkugeln der Reaktion
zum Opfer fiel. Dahinter stand jener graue
Novembertag 1918, der den Schlußstrich
unter ein stolzes, aber innerlich schon so bald
zerrüttetes Kaiserreich zog.
Es wird aber oft ein November vergessen,
der für die Bewegung nicht minder schicksals-
voll und schwer war. Wir meinen jenen
Novemberbeginn 1932. Er wird so oft über-
sehen, daß ein Erinnern an ihn sehr wichtig
erscheint. D-as 2ahr 1932 brachte der Bewe-
gun-g große Erfolge un'd ein unerhört hohes
Maß von Arbeit. Wahlkampf folgte auf
Wahlkampf, zwei Reichspräsidentenwahlen
stell.ten allein eine ungeheure Leistun-g dar.
Preußenwahlen! 2nzwischen h-atte sich Herr
Brüning heimlich empfohlen. Der Weg schien
frei. Da stellte sich die Reaktion dazwischen.
Die Augustwahlen brachten der Partei neue
Stimmen. Die Mandate erreichten eine
überwältigend hohe Ztffer. 2ubel ohne
Ende! Die guten Bürger, die in Verken-
nung des Geschehens noch einmal Deutscb-
nationale „Volks"-Partei oder „Deutsche
Volkspartei" gewählt hatten, m-achten mür-
rische Eesichter. Man sah es ihnen an, wie
sie sich är-gerten, aufs falsche Pferd gesetzt zu
haben. Die „Strohfeuer vaterländischer Be-
geisterung" waren angezündet. Es war für
die Massen der grünen Neulinge von Sym-
pathisierenden wie ein Rausch. Das Wählen
erschien ihnen schon eine Tat. Manche moch-
ten es so-gar „Opfer" nennen, denn sie hat-
ten bisl-ang immer ihr Kreuz in das falsche
Feld gemacht. So viele Leute, die Konjuk-
tur witterten, hatten diesmal „richtig" ge-
kreuzt. Die NSDAP. war eine Chance. Das
Kreuz war eine Art von Einsatz. Man wollte
eilends den Eewinn ausgezahlt haben. Die
Herrsch-aften murrten vor der Kasse, weil es
ihnen zu lange dauerte. Der Führer ging
seinen We-g. Der war den „besser-en Leu-
ten" zu eng und zu steinig. Da waren sie
schon gut drei Monate NSDAP.-Wähler,
und ihre ganz einseiti-gen Hoffnungen waren
nicht erfüllt. Nicht etw-a, daß sie im dichten
Kampf gestanden hätten. Bew-ahre. Sie leb-
ten ihr gutbiirgerlich-es Dasein mit allem
Komfort. Aber es tat ihnen schon leid, das
Kreuz im Feld des Wahlvorschlags der
NSDAP. Sie murrten, machten nries, und
schworen grimmige Nache. Die Eelegenheit
war günstig. Die Republik, die der Herren-
klub dirigierte, schrieb neue Reichstags-
wahlen aus. 2ustament! Ieden Tag schoß
die Kommune ein, zwei Nationalsozialisten
nieder. Chaotische Zustände kllndigten sich
an. Ein Herr v. Eayl saß auf dem Platz
des Reichsinnenministers, und wußte sich
nicht zu helfen. Vor Verlegenheit klemmten
sich gewisse „Regierungskreise" ihr Monokel
ins Auge und spielten „va baugus". Wir
setzten die letzten Kräfte in der Propaganda
ein. llnd wir w-aren doch so ausgepumpt
von all den W-ahlkämpfen des 2ahres. 2eder
gab sein Letztes her.
Am Abend des Wahltages saßen wir um
den Radioapparat. Schon kamen die ersten
Meldun-gen. Schlechte Ergebnisse folgten
guten Teilerfolgen. Bald wurde das Vild
klar. Wir hatten Stimmen eingebüßt. Es
wllrde viele Mandate kosten. Eine ganze
Portion Mandate. Das war ein Schlag!
Vietrick Cckart, der deutscke Vickter und Venker
Sin Hame, dellcn wir .1111 g. Hovember in SIirlurcPt und l.icbe scdcnken
Luknslime Lrcliiv Lsivexuiixi
Doppelt schwer, so kurz vor dem Endziel. Der
Rundfunksprecher schien Hohn in der Stimme
zu haben, so breit und hämisch kamen uns
seine Worte vor:
„Damit verloren die Nationalsozialisten
620 Stimmen ..."
Die Eegner jubelten und die 2udasse, die
Feiglinge, die im August so kühn sich zu uns
b-ekannten, sie kamen sich mordsklug vor. Sie
fühlten sich als entscheidendes Zünglein an
der Wa-age. Sie bezeichneten ihren jämmer-
lichen Umfall als „Rllckkehr zur Vernunft".
Am Tage darauf überschlug sich die „große"
Presse. „K-atastrophaler Verlust der Nazisü"
Der Höhepunkt der Vewegung schien über-
schritten. Abwärts sollte es gehen!
Nein, sagten wir! Nein! Und nochmals
nein! Wkr fandetr uns in die Lage, sahrn
auf den Führer. llnser Elaube war eben
ein El-aube und kein W-ahl-Tip, wie es
bei einem gewissen üürgerlichen Eeschmeiß
der Fall gewesen war. Sie fielen aü wis
satte Vlutegel. llnd wir kennen eine Reihe
von Honoratioren, die sich eine Zeitlang
zuvor der Partei verschrieben, die mit viel
Pathos und einer gewichtigen Korrespon-
denz uns die Treue aufsagten und ihren
„damaligen" Schritt bedauerten. Wir auch!
Daß sie jemals unser Kampfabzeichen auf
ihre breiten Rockaufschläge gesteckt hatten,
war geradezu eine Schmach. Es g-ab bald
immer mehr Leute, die uns belächelten und
gerade in bürgerlichen Kreisen mehrten sich
die „wohlmeinenden Stimmen", die uns für
harmlos irre erklärten, und uns beschworen,
die „2rrlehre" abzuschütteln. Wir p-ackten
die letzte Energie zusammen, und ließen die
„Weisen" tauben Ohren predigen. Es kam
demnach auf alles an. Mitte November
wählten damals die Münchener Studenten
ihre Kammern nach streng demokratischem
Prinzip. Das war 14 Tage nach der „Wahl-
niederlage". llnd Studenten, das war-en
eigentlich ihrer wirtsch-aftlichen Existenz nach
in der Mehrzahl „junge Bür-ger". Alles
wurde mobilisert. llnd wir hielten die Man-
date. Damals sahen viele, viele National-
sozialisten auf den Studentenbund. Werden
die 2ungens es schafsen? Sie haben es ge-
schafft!
Es war wie eine Krise. Sie wurde über-
wunden. Am Ende kam der 30.2anuar 1933.
Das klingt jetzt so selbstverständlich. Es war
in Wirklichkeit eine unerhörte Belastungs-
probe für die Parteigenossen. Die Kraft des
Führers ließ sie uns alle bestehen. Die Macht
wurde erkämpft und gerade deshalb wollen
wir nie die schicksalsschweren Novembertag«
des 2ahres 1932 vergessen.
Hnilptschrift-l-cilcri HanS Hitdebrandtt Stellvcrtr.: Friedrich
Wilhelm Kl-einleini Kiil-lurpolitil: Hannes Krcmcr (sämt-
lichc zur Jeit in Urlaub)i vcrantwortlich für dcn Ge»
samtinhalt dieser Niimin-eri Dr. W. Kaffl, M-llnchen.
Nnschrist der Hauptschriflleitung! Mllnchen, Schcllingstr. SS,
Fernruf 20 8 01. — Berliner Vcrtrctung: Horst Beuster,
Berlin IV M, Luitpoldstraße 10. Fllr den AnzeigentetU
Georg Kienls. — Verlag: Franz Ehcr Nachf., GmSH. —
Druck: Miinchner BuchgewcrbehauS M. Mllller L Eoyn KN.
Snnttliche in Mnnchen. Durchschniitsauflage Z. Vierteljah»
1030: llbcr 23 000 Sliick, davon Mllnchener Hochschnlnach,
richten llbsc 3000 Slllck. Anzeigenpreise laut aiMegendc«
Preisl-iste Nr. S.
D!e Sewegung
Aummer 4k
"hie a^e^os^/tzc^s Ve»usK«««K.
ttans Ikeeäing
^vvei Iie«Ien
2m alten englischen Oberhaus hat, von
feierlichom Zeremoniell umrahmt, der junge
König des britischen Weltreiches die mit
Spannung erwartete Thronrede gehalten.
Diese Spannung beschränkte sich allerdings
eigentlich auf das englische Volk unb noch
mehr auf die Vevölkerung Londons, für di-e
der königliche Zug zum Oberhaus und von
dort wieder zurück zum Vuckingham-Palast
das große Schauspiel darstellt, in dem sich die
Macht und der Reichtum des Jnselreiches,
und die Würde und Tradition d-es weltbe-
herrschenden Britanniens verkörpert. Es
liegt ohne Frage eine tiefe Symbolik in
dem steifen, vielfach noch mittelalterlichen
Zeremoniell, das derartige Staatsereignisse
in England begleitet. Das wohlbegründete
Reich hält bewußt an den Einrichtungen fest,
die zu jener Zeit normal waren, als Eng-
land seine Macht begründete. England ist in
Wahrheit ein konfervatives Land, das am
guten Alten festhält, womit es täglich aufs
neue beweist, daß der Begriff „gut" durchaus
keine absolute Eröße ist, sondern nur abso-
lute Eültigkeit durch den erhält, dem es
niiht, in diesem Falle das englisch-e Volk.
Traditionell war auch die Rede selbst. Sie
hat keine Sensation gebracht, nicht einmal
eine richtige Neuigkeit. Sie berührte von den
außenpolitischen Fragen nur die allgemein
interessierenden, und diese auch nur in der
zurückhaltenden, konservativen Art, die für
Lritische Neden genau so bezeichnend ist, wie
die Perllcke fllr die staatlichen Wllrdenträger.
England beabsichtigt danach, den Völkerbund
auch weiterhin zu stützen, die Vefriedung
Europas zu fördern, den Locarno-Vertrag
wieder aufleben zu lassen, und die Flotten-
abmachungen auf weitere Staaten auszu-
dehnen. Ein paar Worte über den Fernen
Osten, einige Sätze über Spanien, Ägypten,
Indien und Palästina — und alle getragen
von den Versicherungen, daß England alles
tun werde, um den Frieden. in der Welt zu
fördern. Nichts wurde vom Mittelmeer ge-
sagt, nichts von Abessinien. Das sind heikle
aktuelle Dinge, gewissermaßen geschäftliche
Angelegenheiten, die der geschüftsführende
Minister zu erledigen hat. Sie dürfen den
wohl abgewogenen Rhythmus des Staats-
zeremoniells nicht stören.
Anders tönte es zwci Tage früher aus
Mailand herüber, wo einer der großen
Wortführer des anderen Europas, jenes
Europas sprach, das den Abgrund kennt, und
sich mit unerhörter Anstrengung und eiser-
ner Disziplin mit eigener Kraft vor dem
Absturz in das Chaos zurückgerissen hat. An
Stelle der Perücken und prächtigen Träger
der 2nsignien der Macht stand hier das
junge, neugeborene Volk eines Staatswesens,
das vor kurzen 2ahren nur noch wenig zu
verlieren hatte, vor wenigen Monaten aber
ein Reich gewann, und bereit ist, für eine
Eröße und Macht zu kämpfen, die vor 2000
Iahren seine Ahnen besaßen. 2n der leiden-
schaftlichen Nede Mussolinis spielte die erste
Rolle ein Vegriff, für den die Engländer
anscheinend nicht sehr viel Sympathie übrig
haben: das Mittelmeer.
Die 2taliener haben ihren Anspruch auf
die Beherrschung dieses Meeres, das sie
mars nostrum, unser Meer, nennen, schon
sehr deutlich anqemeldet, als aus Anlaß des
beginnenden Abessinienkonfliktes sich die
-ersten Zwistigkeiten mit Großbritannien ein-
stellt-en. Die Antwort Englands war damals,
im Stadium einer akuten Eefahr, nicht so
zurückhaltend, wie es die englischen Neden
im allgemeinen sind. Die englischen Kriegs-
schiffe stellten damals eine nicht mißzuver-
stehende Mahnung dar, daß das weltbeherr-
schende Albion nicht gewillt sei, auch nur auf
ein Titelchen seiner Macht zu verzichten. Und
um die Macht erhalten zu können, müssen
die Wege zu den Machtpositionen frei und
unbehindert sein, und der wichtigste Weg ist
uatiirlich der zur wichtigsten englischen Ko-
lonie — 2ndien. Und dieser Weg fllhrt durchs
Mittelmeer.
Trotz allen Tempsraments und aller Ent-
schiedenheit, die Mussolinis Fovderung aus-
Michnete, ist der italienijche Anspruch selbst
jedoch etwas anders formuliert, als. es noch
vor einem 2ahre der Fall war. Mussolint
räumt England die Durchfahrt durch das
Mittelmeer als ein selbstverständliches Recht
ein, verlangt für 2talien aber die Hoheits-
rechte üb-er diesen Weg. llnd hier diirfte er
trotz aller Wandlung in der Formulierung
doch wieder auf den unverriickbaren Konser-
vativismus der englischen Auffassung stoßen
der kaum gesonnen sein wird, auf die alte,
britische Tradition zu verzichten, gerade die
Verbindungswege zu den einzelnen Teilen
des Weltreiches selbst zu beschützen, und die
angrenzenden Machtsphären anderer Länder
zu immunisieren, oder sie überhaupt in Ab-
hängigkeit zu halten.
Die Rede Mussolinis kann vielleicht ein-
mal als ein Markstein der weltgeschichtlichen
Entwicklung angesehen werden. Die an Eng-
land gerichtete Wendung fordert nicht mehr
und nicht weniger als eine Änderung des
bestehenden Zustandes. Seit Cromwell und
noch vorher ist es trotz heftiger Angriffe
keinem Lande der Welt gelungen, den Vor-
marsch Englands zur Weltherrschaft aufzu-
halten, wenn man oom Abfall der nord-
amerikanischen Staaten absieht, die aber
schließlich auch wiedcr eine weitgehende An-
näherung an das 2nselreich vollzogen haben.
Mussolini rollt ein Problem auf, das IV2
2ahrtausend geruht hat, und das eine Tat-
sächlichkeit im 2nnersten berührt, die sich in-
nerhalb der letzten drei 2ahrhunderte bei-
nahe zum Wesen der ab-endlündischen Völ-
kergemeinschaft entwickelte. England wird
hierzu noch viel zu sagen haben, und wahr-
scheinlich aus seiner traditionellen Zurückhal-
tung stark hervortreten miissen. Die beiden
soeben gehaltenen Reden haben uns das
Wesen der Völker gezeigt, die an dieser
Frage unmittelbar beteiligt sind. Die unaus-
bleibliche Fortsetzung der Diskussion wird
uns, auch wenn sie sich, was wahrscheinlich
ist, über einen langen Zeitraum erstrecken
sollte, ein Schauspiel von weltgeschichtlicher
Vedeutung zeigen.
Der November ist ein Monat des deutschen
Schicksals. Der Name läßt Erinnerungen
auftauchen, die in der deutschen Eeschichte
bleiben werden, in gutem wie in schlechtem
Sinne. Wir Nationalsozialisten verbinden
mit diesem Monat immer den 9. November
1923, wo an der Feldherrnhalle bestes deut-
sches Blut den Verrüterkugeln der Reaktion
zum Opfer fiel. Dahinter stand jener graue
Novembertag 1918, der den Schlußstrich
unter ein stolzes, aber innerlich schon so bald
zerrüttetes Kaiserreich zog.
Es wird aber oft ein November vergessen,
der für die Bewegung nicht minder schicksals-
voll und schwer war. Wir meinen jenen
Novemberbeginn 1932. Er wird so oft über-
sehen, daß ein Erinnern an ihn sehr wichtig
erscheint. D-as 2ahr 1932 brachte der Bewe-
gun-g große Erfolge un'd ein unerhört hohes
Maß von Arbeit. Wahlkampf folgte auf
Wahlkampf, zwei Reichspräsidentenwahlen
stell.ten allein eine ungeheure Leistun-g dar.
Preußenwahlen! 2nzwischen h-atte sich Herr
Brüning heimlich empfohlen. Der Weg schien
frei. Da stellte sich die Reaktion dazwischen.
Die Augustwahlen brachten der Partei neue
Stimmen. Die Mandate erreichten eine
überwältigend hohe Ztffer. 2ubel ohne
Ende! Die guten Bürger, die in Verken-
nung des Geschehens noch einmal Deutscb-
nationale „Volks"-Partei oder „Deutsche
Volkspartei" gewählt hatten, m-achten mür-
rische Eesichter. Man sah es ihnen an, wie
sie sich är-gerten, aufs falsche Pferd gesetzt zu
haben. Die „Strohfeuer vaterländischer Be-
geisterung" waren angezündet. Es war für
die Massen der grünen Neulinge von Sym-
pathisierenden wie ein Rausch. Das Wählen
erschien ihnen schon eine Tat. Manche moch-
ten es so-gar „Opfer" nennen, denn sie hat-
ten bisl-ang immer ihr Kreuz in das falsche
Feld gemacht. So viele Leute, die Konjuk-
tur witterten, hatten diesmal „richtig" ge-
kreuzt. Die NSDAP. war eine Chance. Das
Kreuz war eine Art von Einsatz. Man wollte
eilends den Eewinn ausgezahlt haben. Die
Herrsch-aften murrten vor der Kasse, weil es
ihnen zu lange dauerte. Der Führer ging
seinen We-g. Der war den „besser-en Leu-
ten" zu eng und zu steinig. Da waren sie
schon gut drei Monate NSDAP.-Wähler,
und ihre ganz einseiti-gen Hoffnungen waren
nicht erfüllt. Nicht etw-a, daß sie im dichten
Kampf gestanden hätten. Bew-ahre. Sie leb-
ten ihr gutbiirgerlich-es Dasein mit allem
Komfort. Aber es tat ihnen schon leid, das
Kreuz im Feld des Wahlvorschlags der
NSDAP. Sie murrten, machten nries, und
schworen grimmige Nache. Die Eelegenheit
war günstig. Die Republik, die der Herren-
klub dirigierte, schrieb neue Reichstags-
wahlen aus. 2ustament! Ieden Tag schoß
die Kommune ein, zwei Nationalsozialisten
nieder. Chaotische Zustände kllndigten sich
an. Ein Herr v. Eayl saß auf dem Platz
des Reichsinnenministers, und wußte sich
nicht zu helfen. Vor Verlegenheit klemmten
sich gewisse „Regierungskreise" ihr Monokel
ins Auge und spielten „va baugus". Wir
setzten die letzten Kräfte in der Propaganda
ein. llnd wir w-aren doch so ausgepumpt
von all den W-ahlkämpfen des 2ahres. 2eder
gab sein Letztes her.
Am Abend des Wahltages saßen wir um
den Radioapparat. Schon kamen die ersten
Meldun-gen. Schlechte Ergebnisse folgten
guten Teilerfolgen. Bald wurde das Vild
klar. Wir hatten Stimmen eingebüßt. Es
wllrde viele Mandate kosten. Eine ganze
Portion Mandate. Das war ein Schlag!
Vietrick Cckart, der deutscke Vickter und Venker
Sin Hame, dellcn wir .1111 g. Hovember in SIirlurcPt und l.icbe scdcnken
Luknslime Lrcliiv Lsivexuiixi
Doppelt schwer, so kurz vor dem Endziel. Der
Rundfunksprecher schien Hohn in der Stimme
zu haben, so breit und hämisch kamen uns
seine Worte vor:
„Damit verloren die Nationalsozialisten
620 Stimmen ..."
Die Eegner jubelten und die 2udasse, die
Feiglinge, die im August so kühn sich zu uns
b-ekannten, sie kamen sich mordsklug vor. Sie
fühlten sich als entscheidendes Zünglein an
der Wa-age. Sie bezeichneten ihren jämmer-
lichen Umfall als „Rllckkehr zur Vernunft".
Am Tage darauf überschlug sich die „große"
Presse. „K-atastrophaler Verlust der Nazisü"
Der Höhepunkt der Vewegung schien über-
schritten. Abwärts sollte es gehen!
Nein, sagten wir! Nein! Und nochmals
nein! Wkr fandetr uns in die Lage, sahrn
auf den Führer. llnser Elaube war eben
ein El-aube und kein W-ahl-Tip, wie es
bei einem gewissen üürgerlichen Eeschmeiß
der Fall gewesen war. Sie fielen aü wis
satte Vlutegel. llnd wir kennen eine Reihe
von Honoratioren, die sich eine Zeitlang
zuvor der Partei verschrieben, die mit viel
Pathos und einer gewichtigen Korrespon-
denz uns die Treue aufsagten und ihren
„damaligen" Schritt bedauerten. Wir auch!
Daß sie jemals unser Kampfabzeichen auf
ihre breiten Rockaufschläge gesteckt hatten,
war geradezu eine Schmach. Es g-ab bald
immer mehr Leute, die uns belächelten und
gerade in bürgerlichen Kreisen mehrten sich
die „wohlmeinenden Stimmen", die uns für
harmlos irre erklärten, und uns beschworen,
die „2rrlehre" abzuschütteln. Wir p-ackten
die letzte Energie zusammen, und ließen die
„Weisen" tauben Ohren predigen. Es kam
demnach auf alles an. Mitte November
wählten damals die Münchener Studenten
ihre Kammern nach streng demokratischem
Prinzip. Das war 14 Tage nach der „Wahl-
niederlage". llnd Studenten, das war-en
eigentlich ihrer wirtsch-aftlichen Existenz nach
in der Mehrzahl „junge Bür-ger". Alles
wurde mobilisert. llnd wir hielten die Man-
date. Damals sahen viele, viele National-
sozialisten auf den Studentenbund. Werden
die 2ungens es schafsen? Sie haben es ge-
schafft!
Es war wie eine Krise. Sie wurde über-
wunden. Am Ende kam der 30.2anuar 1933.
Das klingt jetzt so selbstverständlich. Es war
in Wirklichkeit eine unerhörte Belastungs-
probe für die Parteigenossen. Die Kraft des
Führers ließ sie uns alle bestehen. Die Macht
wurde erkämpft und gerade deshalb wollen
wir nie die schicksalsschweren Novembertag«
des 2ahres 1932 vergessen.
Hnilptschrift-l-cilcri HanS Hitdebrandtt Stellvcrtr.: Friedrich
Wilhelm Kl-einleini Kiil-lurpolitil: Hannes Krcmcr (sämt-
lichc zur Jeit in Urlaub)i vcrantwortlich für dcn Ge»
samtinhalt dieser Niimin-eri Dr. W. Kaffl, M-llnchen.
Nnschrist der Hauptschriflleitung! Mllnchen, Schcllingstr. SS,
Fernruf 20 8 01. — Berliner Vcrtrctung: Horst Beuster,
Berlin IV M, Luitpoldstraße 10. Fllr den AnzeigentetU
Georg Kienls. — Verlag: Franz Ehcr Nachf., GmSH. —
Druck: Miinchner BuchgewcrbehauS M. Mllller L Eoyn KN.
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1030: llbcr 23 000 Sliick, davon Mllnchener Hochschnlnach,
richten llbsc 3000 Slllck. Anzeigenpreise laut aiMegendc«
Preisl-iste Nr. S.