Heft 2.
Das Buch für Alle.
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nicht unter ihrer Würde hielt, einem Hausstande nach alt-
hergebrachter Sitte vorzustehen, wozu ich selbstverständlich auch
rechnete, daß sie einen Strumpf zu stopfen verstand. Wie
Ihnen bekannt fein wird, ist es in dieser gesegneten Re-
publik nicht gebräuchlich, daß weibliche Wesen sich mit dem
Stopfen der Strümpfe abgeben, eine solche Reparatur hält
man einfach für überflüssig; der gekaufte Strumpf wird von
Hoch und Niedrig so lange getragen, bis er, strokend von
Löchern, seinen Zweck, dem Fuß eine Hülle zu sein, nicht
mehr zu erfüllen vermag, dann wirft man ihn einfach als un-
brauchbar fort. Diese Art kann als Kennzeichen der ganzen
Hauswirthschaft hier in Amerika gelten. Mich hatte das schon
immer geärgert. Eine Frau, in solchen Grundsätzen aufgezogen
und ihnen huldigend, hätte ich unter keinen Umständen um
mich haben mögen.
Ich beschloß daher, eine etwas sonderbare Brautschau
vorzunehmen. Wenn von anderen Heirathsbeflissenen die Zu-
künftige zuerst besichtigt wird, so wich ich von dieser Methode
entschieden ab, ich wollte mir vor Allem ansehen, was sie
that und leistete, womöglich ehe ich sie persönlich kannte.
Dies zu erreichen, hatte ich mir folgenden Weg vorgezeichnet,
von dem nicht abgewichen wurde. Ich suchte die Häuser zu
ermitteln, in denen mit Töchtern versehene deutsche Familien
wohnten, und war dies geschehen, so ermittelte ich, wann
Wäsche und Trockentag daselbst abgehalten wurde. War mir
dies bekannt geworden, so betrat ich unter irgend einem Vor-
wande das betreffende Haus und den Platz, an welchem die
Wäsche aufgehängt war. Dort sah ich mir nur die Strumpf-
region an; fand ich Alles mit den üblichen Löchern, so zog
ich mich einfach zurück, während ein gestopfter Strumpf den
Beweggrund abgeben sollte, mit der Stopferin, falls sie frei,
heirathsfähig und heirathslustig, in nähere Beziehungen treten
zu wollen.
Die Suche nach dem gestopften Strumpf währte in Los
Angeles allein gegen sechs Wochen, das Resultat war jedoch
ein ungünstiges und brachte mir keine Braut ein. Allerdings
fand ich auf einem Hofe gestopfte Strümpfe, als ich mich
aber nach der fleißigen Hand erkundigte, hörte ich zu meinem
Leidwesen, daß dieselbe einer Matrone von mehr als fiebenzig
Jahren angehörte, die keineswegs gesonnen sei, in den heiligen
Ehestand zu treten.
Die Strumpfsuche fetzte ich nunmehr in anderen größeren
und kleineren Orten fort, von denen ich nur Santa Barbara,
San Bernardino, Colton, San Gabriel und Annaheim nennen
will. In den erstgenannten Plätzen erfolglos, fand sie in
der durchweg von Deutschen bewohnten Kolonie Annaheim
ihren Abschluß. Ich hatte in einem dortigen Gasthofe mein Ab-
steigequartier genommen und hielt am nächsten Morgen Umschau.
Während ich so die Straße hinab schlenderte, bemerkte ich auf
einem geräumigen Grasplatze, der an ein niedliches Häuschen
grenzte, mehrere weibliche Personen, welche schwere Körbe mit
Wäsche trugen und sich daran machten, sie aufzuhängen.
Diese Manipulation mußte mich natürlich interessiren, zumal
eine der geschäftigen Wäscherinnen meine Augen in außer-
gewöhnlicher Weise auf sich zu lenken verstand. Sie war
jung, hübsch und fleißig, drei Eigenschaften, die nicht ver-
fehlten, Eindruck auf mich hervorzubringen. Das junge
Mädchen, dem ich einen freundlich erwiederten Muten Morgen'
geboten hatte, bannte mich an den Fleck jenseits des Zauns,
und ich wartete mit Ungeduld, ob nicht bald aus der Tiefe
des Korbes die von mir ersehnten Strümpfe hervorgelangt
würden, deren Beschaffenheit, dies sagte mir eine innere
Stimme, für mein ferneres Lebensglück entscheidend sein mußte.
Da endlich erschienen Strümpfe, und stärker begann mein
Herz zu pochen, denn bald reihte sich Paar an Paar, allen
aber sah man an, daß sie einer Ausbesserung bis jetzt noch
nicht bedurft hatten; wenn das so weiter ging, war ich un-
möglich im Stande, mir ein richtiges Urtheil über die Leistungs-
fähigkeit der jungen Dame zu bilden, die ich wohl mit Recht
für die Seele des vor mir beschäftigten Personals halten
durfte. Während ich schon mißmuthig zu werden begann, daß
der ganze Haushalt keine reparaturbedürftigen Strümpfe auf-
Gine Haubenbörfe in Wertin. Nach einer Originalskizze von E. Ho sang. (S. 50)
wies, meinte das Fräulein in zwar freundlicher, aber recht
entschiedener Weise, ich hätte ihrer Arbeit nunmehr lange genug
zugeschaut, es wäre besser, wenn ich ginge, denn jetzt kämen
ältere Wäschestücke an die Reihe, welche man fremde Augen
nicht gern sehen lasse.
.Fräulein/ sagte ich, /heilen Sie mir nur mit, ob auch
Strümpfe dabei sind, ist dies der Fall, so muß ich trotz Ihres
Widerspruchs noch bleiben, den Grund werden Sie vielleicht
noch einmal erfahren.'
Statt einer Antwort zeigte sie mir ein Paar an ver-
schiedenen Stellen äußerst sorgsam ausgebesserte lange Strümpfe.
Dies sehen und freudig einen kühnen Sprung über den
uns trennenden Zaun unternehmen, war das Werk eines
Augenblicks.
.Wem gehören diese Strümpfe?' stieß ich hervor, .bitte,
sagen Sie es mir, es hängt viel davon ab.'
.Diese Strümstfe/ rief ganz bestürzt die in Verwirrung
gerathene Schöne,'/«, was ist denn mit ihnen? — sie gehören
meiner Großmutter!'
Bei dem Worte Großmutter mußte ich an die frühere
siebenzigjährige Stopferin in Los Angeles denken und wollte
mich schon zurückziehen, ward jedoch durch die wunderbaren
Augen des jungen Mädchens daran verhindert.
Angstvoll konnte ich nur noch hervorstoßen: .Und Ihre Groß-
mutter hat eigenhändig die Löcher so schön und sauber gestopft?'
Ein Moment der höchsten Spannung trat für mich ein, ich ju-
belte jedoch laut auf, als das Fräulein mir entgegnete, daß sie
als die Jüngste im Hause stets derlei Arbeiten nebenbei besorge.
Was soll ich weiter sagen? In dieser kleinen Person
hatte ich das Ideal meines Lebens gefunden, ich ließ also
als Mann der That keinen Augenblick verstreichen, sondern
hielt um ihre Hand an, die sie mir tief erröthend, aber durch-
aus nicht zimperlich zusagte, wenn die Großmutter nichts da-
gegen habe. Die beiden Waschfrauen waren bei meinem ur-
plötzlichen Eindringen entsetzt davongelaufen, unter den Rufen,
es sei ein Verrückter eingebrochen, der voraussichtlich das arme
Fräulein umzubringen beabsichtige. Im Hause war nur die fast
achtzigjährige Großmutter anwesend, welche in ihrer Angst
nach einem Besen gegriffen hatte, während die beiden flüch-
tigen Weiber sich mit einer Axt und einem alten Spaten be-
waffneten, um nun in Gemeinschaft gegen mich zu Felde
zu ziehen.
Als das feindliche Heer Elisa — dies ist nämlich der
Name der Ueberfallenen^ und meiner jetzigen Frau — und
mich Arm in Arm daherschreiten sah, senkte es die Waffen
und zeigte sich nicht abgeneigt, zu parlamentiren. Dem Parla-
mentären folgte auf dem Fuße der Friedensschluß, und nach-
dem ich ein Stündchen oben in Großmütterchens Stübchen
gewesen war, konnte ich gleich Cäsar ausrufen: .Ich kam, sah
und siegte,' denn schon nach sechs Wochen stopfte ein junges
Weibchen mir die vielen zerrissenen Strümpfe, die sich in
meinem Schranke angesammelt hatten. Der bewußte Strumpf
aber, der seitdem Heimgegangenen Großmama gehörig, wird
von mir als handgreifliches Zeichen meines mir gewordenen
Erden- und Eheglücks wie ein Heiligthum bewahrt."
Mit diesen Worten schloß mein biederer Wirth die ergötz¬
liche Schilderung seiner so glücklich abgelaufenen Jagd nach
dem gestopften Strumpf. O. v. Bnescn.
Aberglauben. — Auch Metternich, der gewiegte Diplo-
mat, hatte seine besondere Art von Aberglauben. Er trat in
keine Unterredung von Wichtigkeit ein, erledigte kein irgend
nennenswerthes Staatsgeschäft, bevor er nicht sein Karten-
orakel befragt hatte. Dieses Orakel war ein Patiencespiel.
Ging die Patience auf, dann begab sich Metternich an die
Geschäfte, mißglückte dagegen das Spiel, so verschob er seine
Arbeit, die betreffende Besprechung oder was es sonst sein
mochte, auf einen anderen Tag. Es soll oft vorgekommen
sein, daß ein Gesandter ungeduldig im Vorzimmer wartete,
während der große Minister des österreichischen Kaiserstaates
in seinem Kabinet das Geduldspiel legte. Und wollte es nun
das Schicksal, daß die Patience nicht aufging, dann ließ sich
Seine Excellenz „dringender Staatsgeschäfte halber" entschul-
digen, und der Gesandte hatte umsonst gewartet. E. K.
Hriftiger Grund. — Der Marquis v. St. Pierre wurde
unter König Ludwig Philipp zum Kapitän ernannt und er-
schien bald darauf, obwohl er sich keinerlei kriegerischer Thaten
oder sonstiger Erfolge rühmen konnte, mit drei Orden dekorirt.
„Wofür hat denn eigentlich der Marquis seine Orden er-
halten?" fragte damals ein Fremder den Journalisten Bergöres.
„Sehr einfach," lautete die Antwort, „den dritten hat er
erhalten, weil er schon zwei besaß, den zweiten, weil er bereits
einen hatte, und den ersten, weil er noch keinen sein eigen
nannte." E. K.
Das Buch für Alle.
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nicht unter ihrer Würde hielt, einem Hausstande nach alt-
hergebrachter Sitte vorzustehen, wozu ich selbstverständlich auch
rechnete, daß sie einen Strumpf zu stopfen verstand. Wie
Ihnen bekannt fein wird, ist es in dieser gesegneten Re-
publik nicht gebräuchlich, daß weibliche Wesen sich mit dem
Stopfen der Strümpfe abgeben, eine solche Reparatur hält
man einfach für überflüssig; der gekaufte Strumpf wird von
Hoch und Niedrig so lange getragen, bis er, strokend von
Löchern, seinen Zweck, dem Fuß eine Hülle zu sein, nicht
mehr zu erfüllen vermag, dann wirft man ihn einfach als un-
brauchbar fort. Diese Art kann als Kennzeichen der ganzen
Hauswirthschaft hier in Amerika gelten. Mich hatte das schon
immer geärgert. Eine Frau, in solchen Grundsätzen aufgezogen
und ihnen huldigend, hätte ich unter keinen Umständen um
mich haben mögen.
Ich beschloß daher, eine etwas sonderbare Brautschau
vorzunehmen. Wenn von anderen Heirathsbeflissenen die Zu-
künftige zuerst besichtigt wird, so wich ich von dieser Methode
entschieden ab, ich wollte mir vor Allem ansehen, was sie
that und leistete, womöglich ehe ich sie persönlich kannte.
Dies zu erreichen, hatte ich mir folgenden Weg vorgezeichnet,
von dem nicht abgewichen wurde. Ich suchte die Häuser zu
ermitteln, in denen mit Töchtern versehene deutsche Familien
wohnten, und war dies geschehen, so ermittelte ich, wann
Wäsche und Trockentag daselbst abgehalten wurde. War mir
dies bekannt geworden, so betrat ich unter irgend einem Vor-
wande das betreffende Haus und den Platz, an welchem die
Wäsche aufgehängt war. Dort sah ich mir nur die Strumpf-
region an; fand ich Alles mit den üblichen Löchern, so zog
ich mich einfach zurück, während ein gestopfter Strumpf den
Beweggrund abgeben sollte, mit der Stopferin, falls sie frei,
heirathsfähig und heirathslustig, in nähere Beziehungen treten
zu wollen.
Die Suche nach dem gestopften Strumpf währte in Los
Angeles allein gegen sechs Wochen, das Resultat war jedoch
ein ungünstiges und brachte mir keine Braut ein. Allerdings
fand ich auf einem Hofe gestopfte Strümpfe, als ich mich
aber nach der fleißigen Hand erkundigte, hörte ich zu meinem
Leidwesen, daß dieselbe einer Matrone von mehr als fiebenzig
Jahren angehörte, die keineswegs gesonnen sei, in den heiligen
Ehestand zu treten.
Die Strumpfsuche fetzte ich nunmehr in anderen größeren
und kleineren Orten fort, von denen ich nur Santa Barbara,
San Bernardino, Colton, San Gabriel und Annaheim nennen
will. In den erstgenannten Plätzen erfolglos, fand sie in
der durchweg von Deutschen bewohnten Kolonie Annaheim
ihren Abschluß. Ich hatte in einem dortigen Gasthofe mein Ab-
steigequartier genommen und hielt am nächsten Morgen Umschau.
Während ich so die Straße hinab schlenderte, bemerkte ich auf
einem geräumigen Grasplatze, der an ein niedliches Häuschen
grenzte, mehrere weibliche Personen, welche schwere Körbe mit
Wäsche trugen und sich daran machten, sie aufzuhängen.
Diese Manipulation mußte mich natürlich interessiren, zumal
eine der geschäftigen Wäscherinnen meine Augen in außer-
gewöhnlicher Weise auf sich zu lenken verstand. Sie war
jung, hübsch und fleißig, drei Eigenschaften, die nicht ver-
fehlten, Eindruck auf mich hervorzubringen. Das junge
Mädchen, dem ich einen freundlich erwiederten Muten Morgen'
geboten hatte, bannte mich an den Fleck jenseits des Zauns,
und ich wartete mit Ungeduld, ob nicht bald aus der Tiefe
des Korbes die von mir ersehnten Strümpfe hervorgelangt
würden, deren Beschaffenheit, dies sagte mir eine innere
Stimme, für mein ferneres Lebensglück entscheidend sein mußte.
Da endlich erschienen Strümpfe, und stärker begann mein
Herz zu pochen, denn bald reihte sich Paar an Paar, allen
aber sah man an, daß sie einer Ausbesserung bis jetzt noch
nicht bedurft hatten; wenn das so weiter ging, war ich un-
möglich im Stande, mir ein richtiges Urtheil über die Leistungs-
fähigkeit der jungen Dame zu bilden, die ich wohl mit Recht
für die Seele des vor mir beschäftigten Personals halten
durfte. Während ich schon mißmuthig zu werden begann, daß
der ganze Haushalt keine reparaturbedürftigen Strümpfe auf-
Gine Haubenbörfe in Wertin. Nach einer Originalskizze von E. Ho sang. (S. 50)
wies, meinte das Fräulein in zwar freundlicher, aber recht
entschiedener Weise, ich hätte ihrer Arbeit nunmehr lange genug
zugeschaut, es wäre besser, wenn ich ginge, denn jetzt kämen
ältere Wäschestücke an die Reihe, welche man fremde Augen
nicht gern sehen lasse.
.Fräulein/ sagte ich, /heilen Sie mir nur mit, ob auch
Strümpfe dabei sind, ist dies der Fall, so muß ich trotz Ihres
Widerspruchs noch bleiben, den Grund werden Sie vielleicht
noch einmal erfahren.'
Statt einer Antwort zeigte sie mir ein Paar an ver-
schiedenen Stellen äußerst sorgsam ausgebesserte lange Strümpfe.
Dies sehen und freudig einen kühnen Sprung über den
uns trennenden Zaun unternehmen, war das Werk eines
Augenblicks.
.Wem gehören diese Strümpfe?' stieß ich hervor, .bitte,
sagen Sie es mir, es hängt viel davon ab.'
.Diese Strümstfe/ rief ganz bestürzt die in Verwirrung
gerathene Schöne,'/«, was ist denn mit ihnen? — sie gehören
meiner Großmutter!'
Bei dem Worte Großmutter mußte ich an die frühere
siebenzigjährige Stopferin in Los Angeles denken und wollte
mich schon zurückziehen, ward jedoch durch die wunderbaren
Augen des jungen Mädchens daran verhindert.
Angstvoll konnte ich nur noch hervorstoßen: .Und Ihre Groß-
mutter hat eigenhändig die Löcher so schön und sauber gestopft?'
Ein Moment der höchsten Spannung trat für mich ein, ich ju-
belte jedoch laut auf, als das Fräulein mir entgegnete, daß sie
als die Jüngste im Hause stets derlei Arbeiten nebenbei besorge.
Was soll ich weiter sagen? In dieser kleinen Person
hatte ich das Ideal meines Lebens gefunden, ich ließ also
als Mann der That keinen Augenblick verstreichen, sondern
hielt um ihre Hand an, die sie mir tief erröthend, aber durch-
aus nicht zimperlich zusagte, wenn die Großmutter nichts da-
gegen habe. Die beiden Waschfrauen waren bei meinem ur-
plötzlichen Eindringen entsetzt davongelaufen, unter den Rufen,
es sei ein Verrückter eingebrochen, der voraussichtlich das arme
Fräulein umzubringen beabsichtige. Im Hause war nur die fast
achtzigjährige Großmutter anwesend, welche in ihrer Angst
nach einem Besen gegriffen hatte, während die beiden flüch-
tigen Weiber sich mit einer Axt und einem alten Spaten be-
waffneten, um nun in Gemeinschaft gegen mich zu Felde
zu ziehen.
Als das feindliche Heer Elisa — dies ist nämlich der
Name der Ueberfallenen^ und meiner jetzigen Frau — und
mich Arm in Arm daherschreiten sah, senkte es die Waffen
und zeigte sich nicht abgeneigt, zu parlamentiren. Dem Parla-
mentären folgte auf dem Fuße der Friedensschluß, und nach-
dem ich ein Stündchen oben in Großmütterchens Stübchen
gewesen war, konnte ich gleich Cäsar ausrufen: .Ich kam, sah
und siegte,' denn schon nach sechs Wochen stopfte ein junges
Weibchen mir die vielen zerrissenen Strümpfe, die sich in
meinem Schranke angesammelt hatten. Der bewußte Strumpf
aber, der seitdem Heimgegangenen Großmama gehörig, wird
von mir als handgreifliches Zeichen meines mir gewordenen
Erden- und Eheglücks wie ein Heiligthum bewahrt."
Mit diesen Worten schloß mein biederer Wirth die ergötz¬
liche Schilderung seiner so glücklich abgelaufenen Jagd nach
dem gestopften Strumpf. O. v. Bnescn.
Aberglauben. — Auch Metternich, der gewiegte Diplo-
mat, hatte seine besondere Art von Aberglauben. Er trat in
keine Unterredung von Wichtigkeit ein, erledigte kein irgend
nennenswerthes Staatsgeschäft, bevor er nicht sein Karten-
orakel befragt hatte. Dieses Orakel war ein Patiencespiel.
Ging die Patience auf, dann begab sich Metternich an die
Geschäfte, mißglückte dagegen das Spiel, so verschob er seine
Arbeit, die betreffende Besprechung oder was es sonst sein
mochte, auf einen anderen Tag. Es soll oft vorgekommen
sein, daß ein Gesandter ungeduldig im Vorzimmer wartete,
während der große Minister des österreichischen Kaiserstaates
in seinem Kabinet das Geduldspiel legte. Und wollte es nun
das Schicksal, daß die Patience nicht aufging, dann ließ sich
Seine Excellenz „dringender Staatsgeschäfte halber" entschul-
digen, und der Gesandte hatte umsonst gewartet. E. K.
Hriftiger Grund. — Der Marquis v. St. Pierre wurde
unter König Ludwig Philipp zum Kapitän ernannt und er-
schien bald darauf, obwohl er sich keinerlei kriegerischer Thaten
oder sonstiger Erfolge rühmen konnte, mit drei Orden dekorirt.
„Wofür hat denn eigentlich der Marquis seine Orden er-
halten?" fragte damals ein Fremder den Journalisten Bergöres.
„Sehr einfach," lautete die Antwort, „den dritten hat er
erhalten, weil er schon zwei besaß, den zweiten, weil er bereits
einen hatte, und den ersten, weil er noch keinen sein eigen
nannte." E. K.