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Heft 3.
Schwedens kommen ließ. Die Anpflanzungen waren von dem
besten Erfolge begleitet, so daß jetzt in ihnen der sibirische
Apfelbaum blüht und Johannisbeeren, Erdbeeren und Him-
beeren gedeihen. An Küchengewächsen gewinnt man Spargel,
Blumenkohl, Salat, Schoten, Mohrrüben und rothe Rüben.
Im Herbst desselben Jahres legte man einen zweiten Garten
im englischen Parkstyl von 2500 Quadratmeter Größe an.
Hier ist sogar die Aufzucht zahlreicher Blumen gelungen, Li-
lien, Schachblumen, Georginen, Dornrosen und selbst Thee-
rofen blühen hier. Auch spanischer Flieder gedeiht. Von den
Blattpflanzen find Rieinus, Tabak und Mais vertreten Unter
den Bäumen besitzt man viele edlere Nadelbaumarten und
Birken. Selbst mit dem Weinstock hat man es versucht, aller-
dings nur in einem Gewächshause, wo er üppig grünt. Alle
Küchengewächse besitzen den ihnen eigenen Wohlgeschmack und
ein vorzügliches Aroma. Diese schwedischen Gärten dürften
übrigens nicht blos als die nördlichsten Anpflanzungen in
Das Vu ch f ü r A l l e.
Europa, sondern auch auf der ganzen Erde anzusehen sein,
da abgesehen von den sibirischen Tundren unter jenem Breiten-
grade anderwärts entwickelterer Pflanzenwuchs nicht anzu-
treffen ist. Th. S.
Sonderbare Adee. - - Ein alter Malermeister, der durch
Goldgräberei ein hübsches Vermögen erworben hatte, kaufte
sich in der Gegend von San Bernardino, einem schön ge-
legenen südkalifornischen Gartenplatze, eine niedliche Villa,
um nunmehr in Ruhe sein Leben zu beschließen. Das Nichts-
thun wurde dem an rege Thätigkeit gewöhnten Manne jedoch
bald sehr unbequem, und er sann lange nach, wie er sich hier
in seiner ziemlichen Abgeschlossenheit eine Beschäftigung ver-
schaffen könne. Als Freund ganz absonderlicher Ideen verfiel
er schließlich auf einen eigenthümlichen Zeitvertreib, der ihn
genügend in Anspruch zu nehmen versprach. Er liebte un-
gemein die Vögel und freute sich, daß es deren rings herum
eine Unzahl gab, doch was er an der befiederten Welt aus-
zusetzen hatte, waren die meist einfachen, dunklen Farben, in
denen sich dieselbe präsentirte; er wollte ein recht buntes und
schillerndes Kolorit. Da der Schöpfer auf derlei. Wünsche
keine Rücksicht genommen hatte, so wollte er also der Natur,
so weit es in seinen Kräften stand, nachzuhelfen versuchen. Er
schaffte sich Vogelleim an und legte Ruthen aus, vermittelst
deren er bald eine Menge aller möglichen Bewohner der Lüfte
einfing, die in ein eigens dazu eingerichtetes Atelier verbracht
und dort in Käfige gesperrt wurden. Atelier nannte der Be-
sitzer das geräumige Gemach wohl mit Recht, denn in ihm
standen auf einem Regal ganze Reihen von Töpfen, in welchen
waschechte Farben angerieben waren.
Hatte er seine lebende Beute heimgebracht, so begann das
Anpinseln der einzelnen Exemplare in einer Farbenzusammen-
stellung, wie er sie sich erdacht, durchweg aber mußte das
neue Gefieder recht grell und schreiend sein. Waren die be-
malten Thiere fertig und in besonderen Käsigen getrocknet,
Wadfahrende Damen im Wois de Wonkogne zu Maris. (S. 75)
so öffnete der Künstler die Fenster und gab den nun nach seinem
Geschmack verbesserten Vögeln die Freiheit wieder.
Infolge der Massenfabrikation der farbenreichsten, bisher
noch nie gesehenen Vögel, die baldigst in der ganzen Um-
gegend bemerkt wurden, begann dieser Erdenfleck in Kürze eine
bedeutende Anziehungskraft, namentlich auf Touristen, aus-
zuüben, und selbst die Gelehrten fingen bereits an, Notiz von
einer neuentdeckten Vogelwelt zu nehmen, als das Geheimniß,
leider zu früh, verrathen wurde. Der Malermeister ging da-
durch eines Theiles seiner Freude, die darin bestand, andere
Menschen zu foppen, freilich verlustig, das hinderte ihn jedoch
nicht, Gott nach wie vor in's Handwerk zu pfuschen und sich
mit Vögeln zu umgeben, wie er sie liebte. O. v. B.
Was wird durch das Keirathen verdient? — Die Sta-
tistiker kommen manchmal auf wunderliche Einfälle. So hat
kürzlich ein Engländer es unternommen, den Einfluß des
Heirathens auf Handel und Industrie mathematisch zu be-
rechnen. Natürlich konnte er nur Durchschnittsziffern dabei
figuriren lassen, aber er vergaß dabei nichts, was zwar eigent-
lich nicht nöthig wäre, aber doch fast schon dazu gehört, wie
z. B. eine Hochzeitsreise. — Trauringe, Vermählungsanzeigen,
der neue Anzug des Bräutigams und das Hochzeitskleid der
Braut, die Bouquets und das Briefpapier, die Thätigkeit des
Friseurs und der Konsum an Hochzeitsessen und -trinken —
Alles wird in Rechnung gestellt und nichts ist vergessen. So
kommt denn der Statistiker zu dem Resultat, daß das Heirathen
— ganz abgesehen von den Kosten der häuslichen Einrichtung
— dem Handel und der Industrie Englands durchschnittlich
eine Summe von 7 Millionen Pfund Sterling (140 Millionen
Mark) im Jahre zu verdienen gibt. -dn-
Iol). Sebastian Mach's Hrauung. — Im Kirchenbuch
des nordöstlich von Arnstadt in Thüringen gelegenen Dorfes
Dornheim findet sich folgende interessante Notiz:
„Den 17. Oktober 1707 ist der Ehrenveste Herr Johann
Sebastian Bach, ein lediger Gesell und Organist zu St. Blast
in Mühlhausen, des weyl. Wohl Ehrenvesten Herrn Ambrosii
Bach, berühmten Stadtorganisten und Musici in Eisenach seel.
nachgelassener eheleibl. Sohn, mit der tugendsamen Jungfrau
Maria Barbara Bachin, des weyl. Wohl Ehrenvesten und
Kunstberühmten Herrn Johann Michael Buchens, Organisten
im Amt Gehren seel. nachgelassene jüngste Jgfr. Tochter,
allster in unserm Gotteshause, auf gnädiger Herrschaft Ver-
günstigung, nachdem sie zu Arnstadt aufgebothen worden,
copuliret worden."
Johann Sebastian Bach war, ehe er im Jahre 1707 nach
Mühlhausen kam, seit 1704 Organist in Arnstadt. Der da-
malige Pfarrer zu Dornheim hieß Gollardt, und es ist viel-
leicht anzunehmen, daß er mit Joh. Seb. Bach besonders be-
freundet war, und daß deshalb die Trauung „auf gnädiger
Herrschaft Vergünstigung" in Dornheim und nicht in Arnstadt
stattfand. E. K.
Hine Stelle aus Wapoteon's I. Hestament. — Im
fünfte:: Kodizill jenes merkwürdigen Schriftstückes befindet
sich folgende, in nicht sehr orthographischem Französisch ab-
gefaßte Stelle: „Dem Unteroffizier Cantillou, der wegen eines
Attentats auf Lord Wellington vor Gericht stand, hinterlasse
ich die Summe von zehntausend Franken. Er hatte ebensoviel
Recht, jenen Tyrannen umzubringen, wie jener Lord hatte,
mich auf den Felsen von St. Helena zu senden, damit ich hier
vergehe."
Die Worte sind in Napoleon's Handschrift, und das ganze
Testament ist vierzehn Tage vor seinen: Tode verfaßt. C. T.
Heft 3.
Schwedens kommen ließ. Die Anpflanzungen waren von dem
besten Erfolge begleitet, so daß jetzt in ihnen der sibirische
Apfelbaum blüht und Johannisbeeren, Erdbeeren und Him-
beeren gedeihen. An Küchengewächsen gewinnt man Spargel,
Blumenkohl, Salat, Schoten, Mohrrüben und rothe Rüben.
Im Herbst desselben Jahres legte man einen zweiten Garten
im englischen Parkstyl von 2500 Quadratmeter Größe an.
Hier ist sogar die Aufzucht zahlreicher Blumen gelungen, Li-
lien, Schachblumen, Georginen, Dornrosen und selbst Thee-
rofen blühen hier. Auch spanischer Flieder gedeiht. Von den
Blattpflanzen find Rieinus, Tabak und Mais vertreten Unter
den Bäumen besitzt man viele edlere Nadelbaumarten und
Birken. Selbst mit dem Weinstock hat man es versucht, aller-
dings nur in einem Gewächshause, wo er üppig grünt. Alle
Küchengewächse besitzen den ihnen eigenen Wohlgeschmack und
ein vorzügliches Aroma. Diese schwedischen Gärten dürften
übrigens nicht blos als die nördlichsten Anpflanzungen in
Das Vu ch f ü r A l l e.
Europa, sondern auch auf der ganzen Erde anzusehen sein,
da abgesehen von den sibirischen Tundren unter jenem Breiten-
grade anderwärts entwickelterer Pflanzenwuchs nicht anzu-
treffen ist. Th. S.
Sonderbare Adee. - - Ein alter Malermeister, der durch
Goldgräberei ein hübsches Vermögen erworben hatte, kaufte
sich in der Gegend von San Bernardino, einem schön ge-
legenen südkalifornischen Gartenplatze, eine niedliche Villa,
um nunmehr in Ruhe sein Leben zu beschließen. Das Nichts-
thun wurde dem an rege Thätigkeit gewöhnten Manne jedoch
bald sehr unbequem, und er sann lange nach, wie er sich hier
in seiner ziemlichen Abgeschlossenheit eine Beschäftigung ver-
schaffen könne. Als Freund ganz absonderlicher Ideen verfiel
er schließlich auf einen eigenthümlichen Zeitvertreib, der ihn
genügend in Anspruch zu nehmen versprach. Er liebte un-
gemein die Vögel und freute sich, daß es deren rings herum
eine Unzahl gab, doch was er an der befiederten Welt aus-
zusetzen hatte, waren die meist einfachen, dunklen Farben, in
denen sich dieselbe präsentirte; er wollte ein recht buntes und
schillerndes Kolorit. Da der Schöpfer auf derlei. Wünsche
keine Rücksicht genommen hatte, so wollte er also der Natur,
so weit es in seinen Kräften stand, nachzuhelfen versuchen. Er
schaffte sich Vogelleim an und legte Ruthen aus, vermittelst
deren er bald eine Menge aller möglichen Bewohner der Lüfte
einfing, die in ein eigens dazu eingerichtetes Atelier verbracht
und dort in Käfige gesperrt wurden. Atelier nannte der Be-
sitzer das geräumige Gemach wohl mit Recht, denn in ihm
standen auf einem Regal ganze Reihen von Töpfen, in welchen
waschechte Farben angerieben waren.
Hatte er seine lebende Beute heimgebracht, so begann das
Anpinseln der einzelnen Exemplare in einer Farbenzusammen-
stellung, wie er sie sich erdacht, durchweg aber mußte das
neue Gefieder recht grell und schreiend sein. Waren die be-
malten Thiere fertig und in besonderen Käsigen getrocknet,
Wadfahrende Damen im Wois de Wonkogne zu Maris. (S. 75)
so öffnete der Künstler die Fenster und gab den nun nach seinem
Geschmack verbesserten Vögeln die Freiheit wieder.
Infolge der Massenfabrikation der farbenreichsten, bisher
noch nie gesehenen Vögel, die baldigst in der ganzen Um-
gegend bemerkt wurden, begann dieser Erdenfleck in Kürze eine
bedeutende Anziehungskraft, namentlich auf Touristen, aus-
zuüben, und selbst die Gelehrten fingen bereits an, Notiz von
einer neuentdeckten Vogelwelt zu nehmen, als das Geheimniß,
leider zu früh, verrathen wurde. Der Malermeister ging da-
durch eines Theiles seiner Freude, die darin bestand, andere
Menschen zu foppen, freilich verlustig, das hinderte ihn jedoch
nicht, Gott nach wie vor in's Handwerk zu pfuschen und sich
mit Vögeln zu umgeben, wie er sie liebte. O. v. B.
Was wird durch das Keirathen verdient? — Die Sta-
tistiker kommen manchmal auf wunderliche Einfälle. So hat
kürzlich ein Engländer es unternommen, den Einfluß des
Heirathens auf Handel und Industrie mathematisch zu be-
rechnen. Natürlich konnte er nur Durchschnittsziffern dabei
figuriren lassen, aber er vergaß dabei nichts, was zwar eigent-
lich nicht nöthig wäre, aber doch fast schon dazu gehört, wie
z. B. eine Hochzeitsreise. — Trauringe, Vermählungsanzeigen,
der neue Anzug des Bräutigams und das Hochzeitskleid der
Braut, die Bouquets und das Briefpapier, die Thätigkeit des
Friseurs und der Konsum an Hochzeitsessen und -trinken —
Alles wird in Rechnung gestellt und nichts ist vergessen. So
kommt denn der Statistiker zu dem Resultat, daß das Heirathen
— ganz abgesehen von den Kosten der häuslichen Einrichtung
— dem Handel und der Industrie Englands durchschnittlich
eine Summe von 7 Millionen Pfund Sterling (140 Millionen
Mark) im Jahre zu verdienen gibt. -dn-
Iol). Sebastian Mach's Hrauung. — Im Kirchenbuch
des nordöstlich von Arnstadt in Thüringen gelegenen Dorfes
Dornheim findet sich folgende interessante Notiz:
„Den 17. Oktober 1707 ist der Ehrenveste Herr Johann
Sebastian Bach, ein lediger Gesell und Organist zu St. Blast
in Mühlhausen, des weyl. Wohl Ehrenvesten Herrn Ambrosii
Bach, berühmten Stadtorganisten und Musici in Eisenach seel.
nachgelassener eheleibl. Sohn, mit der tugendsamen Jungfrau
Maria Barbara Bachin, des weyl. Wohl Ehrenvesten und
Kunstberühmten Herrn Johann Michael Buchens, Organisten
im Amt Gehren seel. nachgelassene jüngste Jgfr. Tochter,
allster in unserm Gotteshause, auf gnädiger Herrschaft Ver-
günstigung, nachdem sie zu Arnstadt aufgebothen worden,
copuliret worden."
Johann Sebastian Bach war, ehe er im Jahre 1707 nach
Mühlhausen kam, seit 1704 Organist in Arnstadt. Der da-
malige Pfarrer zu Dornheim hieß Gollardt, und es ist viel-
leicht anzunehmen, daß er mit Joh. Seb. Bach besonders be-
freundet war, und daß deshalb die Trauung „auf gnädiger
Herrschaft Vergünstigung" in Dornheim und nicht in Arnstadt
stattfand. E. K.
Hine Stelle aus Wapoteon's I. Hestament. — Im
fünfte:: Kodizill jenes merkwürdigen Schriftstückes befindet
sich folgende, in nicht sehr orthographischem Französisch ab-
gefaßte Stelle: „Dem Unteroffizier Cantillou, der wegen eines
Attentats auf Lord Wellington vor Gericht stand, hinterlasse
ich die Summe von zehntausend Franken. Er hatte ebensoviel
Recht, jenen Tyrannen umzubringen, wie jener Lord hatte,
mich auf den Felsen von St. Helena zu senden, damit ich hier
vergehe."
Die Worte sind in Napoleon's Handschrift, und das ganze
Testament ist vierzehn Tage vor seinen: Tode verfaßt. C. T.